natürliche Zahlen keine Menge! < axiomatisch < Mengenlehre < Logik+Mengenlehre < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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(Umfrage) Beendete Umfrage | Datum: | 17:50 Mi 02.01.2013 | Autor: | tobit09 |
Hallo zusammen,
mit großer Überraschung musste ich Folgendes feststellen:
In ZFC lassen sich offensichtlich noch nicht einmal unsere "gewöhnlich angeordneten natürlichen Zahlen" als Menge betrachten!
Die kleinste Limes-Ordinalzahl [mm] $\omega$ [/mm] in einem ZFC-Modell, die für gewöhnlich als Menge der natürlichen Zahlen aufgefasst wird, muss gar nicht aussehen wie die "gewöhnlich angeordneten natürlichen Zahlen". Vielmehr können möglicherweise durch fortlaufendes Nachfolger-Bilden (mit 0 startend) gewisse Elemente von [mm] $\omega$ [/mm] nie erreicht werden!
Bei dieser Erkenntnis bin ich aus allen Wolken gefallen! Einer verbreiteten Meinung nach kann ja die gesamte Mathematik auf ZFC aufgebaut werden. Und nun lässt sich noch nicht einmal die Gesamtheit der natürlichen Zahlen, wie wir sie in der Grundschule kennengelernt haben, in ZFC-Modellen wiederfinden!
Ich würde mich über Einschätzungen/Meinungen zu Teilaspekten dieser Problematik freuen!
Z.B. fallen mir folgende Fragen ein:
Benötigen wir nicht eine stärkere Grundlage für die Mathematik als ZFC? Oder anders gefragt: Sind nicht die Peano-Axiome zu schwach, da sie nicht sicherzustellen vermögen, dass sie "unsere gewöhnlichen natürlichen Zahlen" beschreiben?
Da die Menge der wahren arithmetischen Formeln nicht rekursiv aufzählbar ist, erscheint es mir fraglich, ob sich die natürlichen Zahlen überhaupt irgendwie auf eine "axiomatische Grundlage" (was auch immer man genau darunter verstehen will...) stellen zu können. Müssen wir also damit Vorlieb nehmen, schon so "einfache" Dinge wie die natürlichen Zahlen nur intuitiv und nicht formal beschreiben zu können?
Warum beschäftigt sich anscheinend niemand mit dieser Problematik? Sie erscheint mir sehr grundlegend für die Mathematik... Stattdessen wird die Problematik sogar in Vorlesungen über Mengenlehre verschwiegen und so getan, als hätte man unsere natürlichen Zahlen in ZFC-Modellen wiedergefunden. Ist das nicht ein skandalöser Betrug?
Müsste nicht gerade die Zahlentheorie daran interessiert sein, die Grenzen der Peano-Axiome zu sprengen, um Aussagen zu "zeigen", die nicht aus diesen Axiomen folgen, aber dennoch für unsere "gewöhnlichen natürlichen Zahlen" gelten? Aber wie kann ein solches "Zeigen" überhaupt aussehen?
Ist unser Modellbegriff der mathematischen Logik ("Modelle sind spezielle Mengen") nicht überarbeitungsbedürftig, wenn wir so nicht mal "das Standard-Modell der natürlichen Zahlen" als Modell haben? Gibt es im Sinne eines geeignet überarbeiteten Modell-Begriffes im Falle der Konsistenz von ZFC wenigstens ein Modell von ZFC, dessen natürliche Zahlen wie unsere "gewöhnlichen natürlichen Zahlen" aussehen?
Viele Grüße
Tobias
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> Hallo zusammen,
>
>
> mit großer Überraschung musste ich Folgendes
> feststellen:
>
>
> In ZFC lassen sich offensichtlich noch nicht einmal unsere
> "gewöhnlich angeordneten natürlichen Zahlen" als Menge
> betrachten!
Hallo,
Ich habe wirklich keine große Ahnung von dieser Thematik, meinst Du, es ist möglich, einem totalen Laien (mein Mengenlehre Wissen: Analysis 1, Landau:Grundlagen der ANalysis) etwas zu erläutern, was du meinst? Alles, was ich bisher dachte:
In ZFC gibt es ein Axiom, das induktive Mengen sichert (von mir frei formuliert:)
[mm] $\exists A:\emptyset\in A\wedge\forall B\in A:B\cup\{B\}\in [/mm] A$. (Es gibt ja glaube ich auch ein lerre Menge Axiom, [mm] \{B\} [/mm] müsste durch Paarmengen gesichert [mm] sein,\cup [/mm] und [mm] \cap [/mm] gibt es doch meine ich auch)
Dann (so hab ich es gelesen)
[mm] \bigcap\{A:A\, induktiv\}=\IN [/mm] erfüllt die Peano-Axiome.
Ich bin echt total interessiert an diesem Beitrag, also Erläuterungen fände ich echt cool!
Liebe Grüße
> Die kleinste Limes-Ordinalzahl [mm]\omega[/mm] in einem ZFC-Modell,
> die für gewöhnlich als Menge der natürlichen Zahlen
> aufgefasst wird, muss gar nicht aussehen wie die
> "gewöhnlich angeordneten natürlichen Zahlen". Vielmehr
> können möglicherweise durch fortlaufendes
> Nachfolger-Bilden (mit 0 startend) gewisse Elemente von
> [mm]\omega[/mm] nie erreicht werden!
>
>
> Bei dieser Erkenntnis bin ich aus allen Wolken gefallen!
> Einer verbreiteten Meinung nach kann ja die gesamte
> Mathematik auf ZFC aufgebaut werden. Und nun lässt sich
> noch nicht einmal die Gesamtheit der natürlichen Zahlen,
> wie wir sie in der Grundschule kennengelernt haben, in
> ZFC-Modellen wiederfinden!
>
>
> Ich würde mich über Einschätzungen/Meinungen zu
> Teilaspekten dieser Problematik freuen!
>
> Z.B. fallen mir folgende Fragen ein:
>
>
> Benötigen wir nicht eine stärkere Grundlage für die
> Mathematik als ZFC? Oder anders gefragt: Sind nicht die
> Peano-Axiome zu schwach, da sie nicht sicherzustellen
> vermögen, dass sie "unsere gewöhnlichen natürlichen
> Zahlen" beschreiben?
>
> Da die Menge der wahren arithmetischen Formeln nicht
> rekursiv aufzählbar ist, erscheint es mir fraglich, ob
> sich die natürlichen Zahlen überhaupt irgendwie auf eine
> "axiomatische Grundlage" (was auch immer man genau darunter
> verstehen will...) stellen zu können. Müssen wir also
> damit Vorlieb nehmen, schon so "einfache" Dinge wie die
> natürlichen Zahlen nur intuitiv und nicht formal
> beschreiben zu können?
>
> Warum beschäftigt sich anscheinend niemand mit dieser
> Problematik? Sie erscheint mir sehr grundlegend für die
> Mathematik... Stattdessen wird die Problematik sogar in
> Vorlesungen über Mengenlehre verschwiegen und so getan,
> als hätte man unsere natürlichen Zahlen in ZFC-Modellen
> wiedergefunden. Ist das nicht ein skandalöser Betrug?
>
> Müsste nicht gerade die Zahlentheorie daran interessiert
> sein, die Grenzen der Peano-Axiome zu sprengen, um Aussagen
> zu "zeigen", die nicht aus diesen Axiomen folgen, aber
> dennoch für unsere "gewöhnlichen natürlichen Zahlen"
> gelten? Aber wie kann ein solches "Zeigen" überhaupt
> aussehen?
>
> Ist unser Modellbegriff der mathematischen Logik ("Modelle
> sind spezielle Mengen") nicht überarbeitungsbedürftig,
> wenn wir so nicht mal "das Standard-Modell der natürlichen
> Zahlen" als Modell haben? Gibt es im Sinne eines geeignet
> überarbeiteten Modell-Begriffes im Falle der Konsistenz
> von ZFC wenigstens ein Modell von ZFC, dessen natürliche
> Zahlen wie unsere "gewöhnlichen natürlichen Zahlen"
> aussehen?
>
>
> Viele Grüße
> Tobias
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 11:51 Do 03.01.2013 | Autor: | tobit09 |
Hallo Mathematik-Liebhaber,
> Ich habe wirklich keine große Ahnung von dieser Thematik,
> meinst Du, es ist möglich, einem totalen Laien (mein
> Mengenlehre Wissen: Analysis 1, Landau:Grundlagen der
> ANalysis) etwas zu erläutern, was du meinst?
Gute Frage. Gedacht war mein Beitrag eigentlich nicht gerade für Studienanfänger. Ich versuche es trotzdem mal.
> In ZFC gibt es ein Axiom, das induktive Mengen sichert (von
> mir frei formuliert:)
> [mm]\exists A:\emptyset\in A\wedge\forall B\in A:B\cup\{B\}\in A[/mm].
> (Es gibt ja glaube ich auch ein lerre Menge Axiom, [mm]\{B\}[/mm]
> müsste durch Paarmengen gesichert [mm]sein,\cup[/mm] und [mm]\cap[/mm] gibt
> es doch meine ich auch)
> Dann (so hab ich es gelesen)
> [mm]\bigcap\{A:A\, induktiv\}=\IN[/mm] erfüllt die Peano-Axiome.
Alles korrekt.
Die Frage ist nun: Sieht das so definierte [mm] $\IN$ [/mm] auch aus wie die Gesamtheit der natürlichen Zahlen, wie wir sie aus der Grundschule kennen?
Man setzt:
[mm] $\tilde{0}:=\emptyset\in\IN$
[/mm]
[mm] $\tilde{1}:=\{\tilde{0}\}\in\IN$
[/mm]
[mm] $\tilde{2}:=\{\tilde{0},\tilde{1}\}\in\IN$
[/mm]
[mm] $\tilde{3}:=\{\tilde{0},\tilde{1},\tilde{2}\}\in\IN$
[/mm]
...
So haben wir für jede natürliche Zahl $n$, wie wir sie aus der Grundschule kennen, ein entsprechendes Element [mm] $\tilde{n}\in\IN$.
[/mm]
Die für mich überraschende Erkenntnis ist nun: Wir wissen nicht, ob jedes [mm] $x\in\IN$ [/mm] auch die Form [mm] $x=\tilde{n}$ [/mm] für eine aus der Grundschule bekannte Zahl $n$ hat. Es könnte Elemente [mm] $x\in\IN$ [/mm] geben, die größer als alle Elemente der Form [mm] $\tilde{n}$ [/mm] sind.
Warnung: In dieser Mitteilung verwende ich [mm] $\IN:=\bigcap\{A:A\, induktiv\}$. [/mm] Wenn du mathematische Literatur liest, ist aber davon auszugehen, dass mit [mm] $\IN$ [/mm] die Gesamtheit der natürlichen Zahlen aus der Grundschule gemeint ist.
Viele Grüße
Tobias
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Hallo Tobias,
Vielen vielen Dank für den Versuch der Erklärung.
> Hallo Mathematik-Liebhaber,
>
>
> > Ich habe wirklich keine große Ahnung von dieser Thematik,
> > meinst Du, es ist möglich, einem totalen Laien (mein
> > Mengenlehre Wissen: Analysis 1, Landau:Grundlagen der
> > ANalysis) etwas zu erläutern, was du meinst?
> Gute Frage. Gedacht war mein Beitrag eigentlich nicht
> gerade für Studienanfänger. Ich versuche es trotzdem
> mal.
>
>
> > In ZFC gibt es ein Axiom, das induktive Mengen sichert (von
> > mir frei formuliert:)
> > [mm]\exists A:\emptyset\in A\wedge\forall B\in A:B\cup\{B\}\in A[/mm].
> > (Es gibt ja glaube ich auch ein lerre Menge Axiom, [mm]\{B\}[/mm]
> > müsste durch Paarmengen gesichert [mm]sein,\cup[/mm] und [mm]\cap[/mm] gibt
> > es doch meine ich auch)
> > Dann (so hab ich es gelesen)
> > [mm]\bigcap\{A:A\, induktiv\}=\IN[/mm] erfüllt die
> Peano-Axiome.
> Alles korrekt.
>
> Die Frage ist nun: Sieht das so definierte [mm]\IN[/mm] auch aus wie
> die Gesamtheit der natürlichen Zahlen, wie wir sie aus der
> Grundschule kennen?
>
> Man setzt:
>
> [mm]\tilde{0}:=\emptyset\in\IN[/mm]
> [mm]\tilde{1}:=\{\tilde{0}\}\in\IN[/mm]
> [mm]\tilde{2}:=\{\tilde{0},\tilde{1}\}\in\IN[/mm]
> [mm]\tilde{3}:=\{\tilde{0},\tilde{1},\tilde{2}\}\in\IN[/mm]
> ...
>
> So haben wir für jede natürliche Zahl [mm]n[/mm], wie wir sie aus
> der Grundschule kennen, ein entsprechendes Element
> [mm]\tilde{n}\in\IN[/mm].
Ok, bis hier entspricht das alles meinem eher intuitiv begründeten Wissen über die Mengelehre. Ganz verstanden habe ich nicht, was für ein [mm] $x\in\IN$ [/mm] jetzt ausmacht, dass es eine "Grundschul-Zahl" ist, was also die charakteristische Eigenschaft der "Grundschulzahlen" ist.
> Die für mich überraschende Erkenntnis ist nun: Wir wissen
> nicht, ob jedes [mm]x\in\IN[/mm] auch die Form [mm]x=\tilde{n}[/mm] für eine
> aus der Grundschule bekannte Zahl [mm]n[/mm] hat. Es könnte
> Elemente [mm]x\in\IN[/mm] geben, die größer als alle Elemente der
> Form [mm]\tilde{n}[/mm] sind.
Ich versuche zu verstehen was du mir sagen willst: Ich nenne die Nachfolgerfunktion von Peano jetzt einmal [mm] \nu:\IN\to\IN\setminus{0}, n\mapsto n\cup\{n\}. [/mm] Angenommen, deine "Befürchtung" träfe zu.
Dann hieße das, dass es ein [mm] $x\in\IN" [/mm] gäbe, sodass man x nicht durch "endlich oft wiederholtes" (umgangssprachlich) Anwenden von [mm] \nu [/mm] auf [mm] \emptyset [/mm] erhält? Das wäre jetzt was ich darunter verstehen würde. Oder ist das jetzt total falsch?
Falls ja, musst du dir auch keine Riesen-Umstände machen, um mir das verständlich zu machen, das scheint mir ja doch etwas höhrere Mathematik zu sein.
Liebe Grüße
> Warnung: In dieser Mitteilung verwende ich
> [mm]\IN:=\bigcap\{A:A\, induktiv\}[/mm]. Wenn du mathematische
> Literatur liest, ist aber davon auszugehen, dass mit [mm]\IN[/mm]
> die Gesamtheit der natürlichen Zahlen aus der Grundschule
> gemeint ist.
>
>
> Viele Grüße
> Tobias
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 16:19 Do 03.01.2013 | Autor: | tobit09 |
> > Die Frage ist nun: Sieht das so definierte [mm]\IN[/mm] auch aus wie
> > die Gesamtheit der natürlichen Zahlen, wie wir sie aus der
> > Grundschule kennen?
> >
> > Man setzt:
> >
> > [mm]\tilde{0}:=\emptyset\in\IN[/mm]
> > [mm]\tilde{1}:=\{\tilde{0}\}\in\IN[/mm]
> > [mm]\tilde{2}:=\{\tilde{0},\tilde{1}\}\in\IN[/mm]
> > [mm]\tilde{3}:=\{\tilde{0},\tilde{1},\tilde{2}\}\in\IN[/mm]
> > ...
> >
> > So haben wir für jede natürliche Zahl [mm]n[/mm], wie wir sie aus
> > der Grundschule kennen, ein entsprechendes Element
> > [mm]\tilde{n}\in\IN[/mm].
> Ok, bis hier entspricht das alles meinem eher intuitiv
> begründeten Wissen über die Mengelehre. Ganz verstanden
> habe ich nicht, was für ein [mm]x\in\IN[/mm] jetzt ausmacht, dass
> es eine "Grundschul-Zahl" ist, was also die
> charakteristische Eigenschaft der "Grundschulzahlen" ist.
Unter den "Grundschul-Zahlen" verstehe ich die Zahlen 0,1,2,3,4,5,...,836453832934,... .
> > Die für mich überraschende Erkenntnis ist nun: Wir
> wissen
> > nicht, ob jedes [mm]x\in\IN[/mm] auch die Form [mm]x=\tilde{n}[/mm] für eine
> > aus der Grundschule bekannte Zahl [mm]n[/mm] hat. Es könnte
> > Elemente [mm]x\in\IN[/mm] geben, die größer als alle Elemente der
> > Form [mm]\tilde{n}[/mm] sind.
>
> Ich versuche zu verstehen was du mir sagen willst: Ich
> nenne die Nachfolgerfunktion von Peano jetzt einmal
> [mm]\nu:\IN\to\IN\setminus{0}, n\mapsto n\cup\{n\}.[/mm] Angenommen,
> deine "Befürchtung" träfe zu.
>
> Dann hieße das, dass es ein [mm]$x\in\IN"[/mm] gäbe, sodass man x
> nicht durch "endlich oft wiederholtes" (umgangssprachlich)
> Anwenden von [mm]\nu[/mm] auf [mm]\emptyset[/mm] erhält? Das wäre jetzt was
> ich darunter verstehen würde. Oder ist das jetzt total
> falsch?
Nein, haargenau richtig!
> Falls ja, musst du dir auch keine Riesen-Umstände machen,
> um mir das verständlich zu machen, das scheint mir ja doch
> etwas höhrere Mathematik zu sein.
In der Tat.
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Halllo nochmal, großes Danke für den Versuch der Erklärung!> > > Die Frage ist nun: Sieht das so definierte [mm]\IN[/mm] auch aus wie
> > > die Gesamtheit der natürlichen Zahlen, wie wir sie aus der
> > > Grundschule kennen?
> > >
> > > Man setzt:
> > >
> > > [mm]\tilde{0}:=\emptyset\in\IN[/mm]
> > > [mm]\tilde{1}:=\{\tilde{0}\}\in\IN[/mm]
> > > [mm]\tilde{2}:=\{\tilde{0},\tilde{1}\}\in\IN[/mm]
> > > [mm]\tilde{3}:=\{\tilde{0},\tilde{1},\tilde{2}\}\in\IN[/mm]
> > > ...
> > >
> > > So haben wir für jede natürliche Zahl [mm]n[/mm], wie wir sie aus
> > > der Grundschule kennen, ein entsprechendes Element
> > > [mm]\tilde{n}\in\IN[/mm].
> > Ok, bis hier entspricht das alles meinem eher intuitiv
> > begründeten Wissen über die Mengelehre. Ganz verstanden
> > habe ich nicht, was für ein [mm]x\in\IN[/mm] jetzt ausmacht, dass
> > es eine "Grundschul-Zahl" ist, was also die
> > charakteristische Eigenschaft der "Grundschulzahlen" ist.
> Unter den "Grundschul-Zahlen" verstehe ich die Zahlen
> 0,1,2,3,4,5,...,836453832934,... .
>
>
> > > Die für mich überraschende Erkenntnis ist nun: Wir
> > wissen
> > > nicht, ob jedes [mm]x\in\IN[/mm] auch die Form [mm]x=\tilde{n}[/mm] für eine
> > > aus der Grundschule bekannte Zahl [mm]n[/mm] hat. Es könnte
> > > Elemente [mm]x\in\IN[/mm] geben, die größer als alle Elemente der
> > > Form [mm]\tilde{n}[/mm] sind.
> >
> > Ich versuche zu verstehen was du mir sagen willst: Ich
> > nenne die Nachfolgerfunktion von Peano jetzt einmal
> > [mm]\nu:\IN\to\IN\setminus{0}, n\mapsto n\cup\{n\}.[/mm] Angenommen,
> > deine "Befürchtung" träfe zu.
> >
> > Dann hieße das, dass es ein [mm]$x\in\IN"[/mm] gäbe, sodass man x
> > nicht durch "endlich oft wiederholtes" (umgangssprachlich)
> > Anwenden von [mm]\nu[/mm] auf [mm]\emptyset[/mm] erhält? Das wäre jetzt was
> > ich darunter verstehen würde. Oder ist das jetzt total
> > falsch?
> Nein, haargenau richtig!
Das ist ja schön, dass ich das verstanden habe. Aber gibt es eigentlich eine möglichkeit, dieses "endlich" mathematisch auszudrücken? Denn alle meine Endlichkeitsbegriffe verwenden bereits die natürlichen Zahlen.
Nur Interessenhalber.
Liebe Grüße
>
> > Falls ja, musst du dir auch keine Riesen-Umstände machen,
> > um mir das verständlich zu machen, das scheint mir ja doch
> > etwas höhrere Mathematik zu sein.
> In der Tat.
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 13:29 Fr 04.01.2013 | Autor: | tobit09 |
> Aber gibt
> es eigentlich eine möglichkeit, dieses "endlich"
> mathematisch auszudrücken? Denn alle meine
> Endlichkeitsbegriffe verwenden bereits die natürlichen
> Zahlen.
Du sprichst ein aus meiner Sicht großes Problem an, wenn man nicht die "richtigen" natürlichen Zahlen zur Verfügung hat: Dann entspricht auch der übliche Endlichkeitsbegriff nicht mehr dem intuitiven.
Es gibt noch den Begriff der Dedekind-Endlichkeit. In ihm tauchen die natürlichen Zahlen nicht explizit auf. Dedekind-Endlichkeit ist aber äquivalent zum üblichen Endlichkeitsbegriff. Damit löst sie das Problem leider nicht, wenn der übliche Endlichkeitsbegriff nicht dem intuitiven entspricht.
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 12:00 Fr 04.01.2013 | Autor: | hippias |
> Die Frage ist nun: Sieht das so definierte [mm]\IN[/mm] auch aus wie
> die Gesamtheit der natürlichen Zahlen, wie wir sie aus der
> Grundschule kennen?
>
> Man setzt:
>
> [mm]\tilde{0}:=\emptyset\in\IN[/mm]
> [mm]\tilde{1}:=\{\tilde{0}\}\in\IN[/mm]
> [mm]\tilde{2}:=\{\tilde{0},\tilde{1}\}\in\IN[/mm]
> [mm]\tilde{3}:=\{\tilde{0},\tilde{1},\tilde{2}\}\in\IN[/mm]
> ...
>
> So haben wir für jede natürliche Zahl [mm]n[/mm], wie wir sie aus
> der Grundschule kennen, ein entsprechendes Element
> [mm]\tilde{n}\in\IN[/mm].
>
> Die für mich überraschende Erkenntnis ist nun: Wir wissen
> nicht, ob jedes [mm]x\in\IN[/mm] auch die Form [mm]x=\tilde{n}[/mm] für eine
> aus der Grundschule bekannte Zahl [mm]n[/mm] hat. Es könnte
> Elemente [mm]x\in\IN[/mm] geben, die größer als alle Elemente der
> Form [mm]\tilde{n}[/mm] sind.
Naja, bin mir nicht sicher ob ich die Problematik richtig erfasst habe: Definiere doch einfach die Menge aller [mm] $\tilde{n}$ [/mm] und zeige, dass sie induktiv ist. Oder alternativ: Nimm das kleinste Element aus [mm] $\IN$ [/mm] (wie oben) und zeige, dass die Menge, die durch Nachfolgerbildung aus dem kleinsten Element entsteht induktiv ist. Dann sind die jeweiligen Mengen wegen der Minimalitaet [mm] $=\IN$.
[/mm]
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 12:47 Fr 04.01.2013 | Autor: | tobit09 |
Hallo hippias,
> Naja, bin mir nicht sicher ob ich die Problematik richtig
> erfasst habe: Definiere doch einfach die Menge aller
> [mm]\tilde{n}[/mm] und zeige, dass sie induktiv ist.
Das Problem: Es muss keine solche Menge geben.
> Oder
> alternativ: Nimm das kleinste Element aus [mm]\IN[/mm] (wie oben)
> und zeige, dass die Menge, die durch Nachfolgerbildung aus
> dem kleinsten Element entsteht induktiv ist.
Auch eine wie von dir hier beabsichtigte Menge muss nicht existieren.
Viele Grüße
Tobias
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Hallo Tobias,
1) Du hast Recht.
2) Das ist doch nicht der Stand der Dinge.
> mit großer Überraschung musste ich Folgendes
> feststellen:
>
> In ZFC lassen sich offensichtlich noch nicht einmal unsere
> "gewöhnlich angeordneten natürlichen Zahlen" als Menge
> betrachten!
So offensichtlich ist das nicht... - aber wahr.
> Die kleinste Limes-Ordinalzahl [mm]\omega[/mm] in einem ZFC-Modell,
> die für gewöhnlich als Menge der natürlichen Zahlen
> aufgefasst wird, muss gar nicht aussehen wie die
> "gewöhnlich angeordneten natürlichen Zahlen". Vielmehr
> können möglicherweise durch fortlaufendes
> Nachfolger-Bilden (mit 0 startend) gewisse Elemente von
> [mm]\omega[/mm] nie erreicht werden!
>
> Bei dieser Erkenntnis bin ich aus allen Wolken gefallen!
> Einer verbreiteten Meinung nach kann ja die gesamte
> Mathematik auf ZFC aufgebaut werden.
Das kann man nicht mehr vollen Ernstes behaupten.
Russell/Whitehead, Principles of Mathematics, das auf ZF (mit verschiedenen möglichen Erweiterungen) aufbaute, wurde doch von Kurt Gödel widerlegt. Ein Rettungsversuch, an dem Gödel später beteiligt war (NBG genannt, Neumann-Bernays-Gödel), konnte Gödels Unvollständigkeitssätze nicht überwinden. Man fragt sich im Nachhinein sogar, worauf Gödel da eigentlich gehofft hat.
Du kennst sicher den deutschen ZF-Wikipedia-Artikel, vielleicht aber noch nicht den m.E. besseren englischen. Da findest Du auch den Verweis auf die (englische) Liste der in ZFC unentscheidbaren Aussagen. Die Kontinuumshypothese dürfte darunter die prominenteste sein. Da dürfte die allgemeine Überzeugung sein, dass die Hypothese zugleich wahr und nicht beweisbar ist.
> Und nun lässt sich
> noch nicht einmal die Gesamtheit der natürlichen Zahlen,
> wie wir sie in der Grundschule kennengelernt haben, in
> ZFC-Modellen wiederfinden!
>
> Ich würde mich über Einschätzungen/Meinungen zu
> Teilaspekten dieser Problematik freuen!
>
> Z.B. fallen mir folgende Fragen ein:
>
> Benötigen wir nicht eine stärkere Grundlage für die
> Mathematik als ZFC? Oder anders gefragt: Sind nicht die
> Peano-Axiome zu schwach, da sie nicht sicherzustellen
> vermögen, dass sie "unsere gewöhnlichen natürlichen
> Zahlen" beschreiben?
Die axiomatische Grundlegung der Mathematik ist praktisch, aber eben nie vollständig. Wir brauchen voraussichtlich eine ganz andere Grundlegung, nur hat bisher niemand eine Idee, wie die aussehen könnte (soweit ich das überhaupt überblicke). Die einzige Alternative ist die, dass wir keine "Weltformel" der Mathematik haben können und trotzdem Mathematik treiben müssen. Das entspricht dem aktuellen Stand.
> Da die Menge der wahren arithmetischen Formeln nicht
> rekursiv aufzählbar ist, erscheint es mir fraglich, ob
> sich die natürlichen Zahlen überhaupt irgendwie auf eine
> "axiomatische Grundlage" (was auch immer man genau darunter
> verstehen will...) stellen zu können. Müssen wir also
> damit Vorlieb nehmen, schon so "einfache" Dinge wie die
> natürlichen Zahlen nur intuitiv und nicht formal
> beschreiben zu können?
Womöglich; siehe oben.
> Warum beschäftigt sich anscheinend niemand mit dieser
> Problematik? Sie erscheint mir sehr grundlegend für die
> Mathematik... Stattdessen wird die Problematik sogar in
> Vorlesungen über Mengenlehre verschwiegen und so getan,
> als hätte man unsere natürlichen Zahlen in ZFC-Modellen
> wiedergefunden. Ist das nicht ein skandalöser Betrug?
Nein, es ist ein Zeichen von Hilflosigkeit.
> Müsste nicht gerade die Zahlentheorie daran interessiert
> sein, die Grenzen der Peano-Axiome zu sprengen, um Aussagen
> zu "zeigen", die nicht aus diesen Axiomen folgen, aber
> dennoch für unsere "gewöhnlichen natürlichen Zahlen"
> gelten? Aber wie kann ein solches "Zeigen" überhaupt
> aussehen?
Das wüssten wir gerne. Dann könnten wir auch große Zahlen faktorisieren und den diskreten Logarithmus ad hoc erledigen. Da passiert aber viel an Forschung. Es steht durchaus zu hoffen, dass irgendjemand eine neue große "Gesamtvision" hat. Irgendwann.
> Ist unser Modellbegriff der mathematischen Logik ("Modelle
> sind spezielle Mengen") nicht überarbeitungsbedürftig,
> wenn wir so nicht mal "das Standard-Modell der natürlichen
> Zahlen" als Modell haben? Gibt es im Sinne eines geeignet
> überarbeiteten Modell-Begriffes im Falle der Konsistenz
> von ZFC wenigstens ein Modell von ZFC, dessen natürliche
> Zahlen wie unsere "gewöhnlichen natürlichen Zahlen"
> aussehen?
Das ist denkbar, aber vielleicht gar nicht hilfreich. Wir würden damit das Standard-Modell zu einer wenig haltbaren Wahrheit machen und dabei etwaige "Non-Standard-Modelle" von vornherein ausschließen. Wie gesagt, mag das in der Praxis hilfreich sein, aber damit zugleich ein Hindernis für alternative Modelle darstellen. Das haben wir in der Geschichte der Mathematik (und ihrer Philosophie) doch schon öfter gehabt, ich erinnere an nicht-euklidische Geometrie, fraktale Dimensionen oder auch die Non-Standard-Analysis (Robinson, Minkowski und andere). Gerade im letzteren Fall gibt es ja auch interessante Überlegungen zu den natürlichen Zahlen.
Herzliche Grüße
reverend
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(Frage) beantwortet | Datum: | 22:29 Mi 02.01.2013 | Autor: | tobit09 |
Hallo reverend,
wow, danke für deine ausführliche Antwort!
> 1) Du hast Recht.
> 2) Das ist doch nicht der Stand der Dinge.
Inwiefern letzteres?
> > Die kleinste Limes-Ordinalzahl [mm]\omega[/mm] in einem ZFC-Modell,
> > die für gewöhnlich als Menge der natürlichen Zahlen
> > aufgefasst wird, muss gar nicht aussehen wie die
> > "gewöhnlich angeordneten natürlichen Zahlen". Vielmehr
> > können möglicherweise durch fortlaufendes
> > Nachfolger-Bilden (mit 0 startend) gewisse Elemente von
> > [mm]\omega[/mm] nie erreicht werden!
> >
> > Bei dieser Erkenntnis bin ich aus allen Wolken gefallen!
> > Einer verbreiteten Meinung nach kann ja die gesamte
> > Mathematik auf ZFC aufgebaut werden.
>
> Das kann man nicht mehr vollen Ernstes behaupten.
> Russell/Whitehead, Principles of Mathematics, das auf ZF
> (mit verschiedenen möglichen Erweiterungen) aufbaute,
> wurde doch von Kurt Gödel widerlegt.
Könntest du das ein wenig erläutern? In welchem Sinne wurde dieses Werk widerlegt?
> Ein Rettungsversuch,
> an dem Gödel später beteiligt war (NBG genannt,
> Neumann-Bernays-Gödel), konnte Gödels
> Unvollständigkeitssätze nicht überwinden.
So wie ich diese Mengenlehre kenne, erweitert sie quasi die ZFC-Mengenlehre um Klassen. Inwiefern liegt darin ein Versuch, die Gödelschen Unvollständigkeitssätze zu überwinden?
> Da findest Du auch den Verweis auf die (englische)
> Liste der in ZFC unentscheidbaren Aussagen.
> Die Kontinuumshypothese dürfte darunter die prominenteste
> sein. Da dürfte die allgemeine Überzeugung sein, dass die
> Hypothese zugleich wahr und nicht beweisbar ist.
Ich dachte immer, die ("intuitive") Wahrheit der Kontinuumshypothese sei nicht klar. Daher werde sie auch nicht als Axiom zu ZFC dazugenommen. Aber das ist ein anderes Thema...
> > Müsste nicht gerade die Zahlentheorie daran interessiert
> > sein, die Grenzen der Peano-Axiome zu sprengen, um Aussagen
> > zu "zeigen", die nicht aus diesen Axiomen folgen, aber
> > dennoch für unsere "gewöhnlichen natürlichen Zahlen"
> > gelten? Aber wie kann ein solches "Zeigen" überhaupt
> > aussehen?
>
> Das wüssten wir gerne. Dann könnten wir auch große
> Zahlen faktorisieren und den diskreten Logarithmus ad hoc
> erledigen.
Was hat der Nachweis von Aussagen über "gewöhnliche natürliche Zahlen", die nicht aus den Peano-Axiomen folgen, mit dem Faktorisieren großer Zahlen zu tun?
> > Ist unser Modellbegriff der mathematischen Logik ("Modelle
> > sind spezielle Mengen") nicht überarbeitungsbedürftig,
> > wenn wir so nicht mal "das Standard-Modell der natürlichen
> > Zahlen" als Modell haben? Gibt es im Sinne eines geeignet
> > überarbeiteten Modell-Begriffes im Falle der Konsistenz
> > von ZFC wenigstens ein Modell von ZFC, dessen natürliche
> > Zahlen wie unsere "gewöhnlichen natürlichen Zahlen"
> > aussehen?
>
> Das ist denkbar, aber vielleicht gar nicht hilfreich. Wir
> würden damit das Standard-Modell zu einer wenig haltbaren
> Wahrheit machen und dabei etwaige "Non-Standard-Modelle"
> von vornherein ausschließen. Wie gesagt, mag das in der
> Praxis hilfreich sein, aber damit zugleich ein Hindernis
> für alternative Modelle darstellen. Das haben wir in der
> Geschichte der Mathematik (und ihrer Philosophie) doch
> schon öfter gehabt, ich erinnere an nicht-euklidische
> Geometrie, fraktale Dimensionen oder auch die
> Non-Standard-Analysis (Robinson, Minkowski und andere).
> Gerade im letzteren Fall gibt es ja auch interessante
> Überlegungen zu den natürlichen Zahlen.
Diese Überlegung finde ich besonders interessant!
Viele Grüße
Tobias
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Hallo Tobias,
es ist lange her, dass ich mich mit den Versuchen der Axiomatisierung der Mathematik beschäftigt habe. So ganz präsent ist mir das alles nicht mehr, aber ich versuche mal, in meiner Erinnerung zu graben.
Die Axiomatisierung der Mathematik hat ja eine lange Geschichte. Bis zum 19. Jahrhundert sind die beiden großen Meilensteine eindeutig Euklid und Peano, auch wenn es eine Reihe anderer Versuche gegeben hat. Diese haben sich aber nicht gehalten bzw. zuwenig Neues und zumal Unnötiges hinzugefügt. Wesentlich und interessant wird die ganze Fragestellung eigentlich erst mit den Fortschritten in der philosophiegeschichtlich alten und hochproduktiven Fragestellung des Unendlichen. Bolzano und Cantor sind hier die Namen, die man wissen muss.
Der nächste große Name dürfte Frege sein, ohne den das Projekt der Axiomatisierung nicht an Fahrt gewonnen hätte. Dass wenig später Zermelo die große Aufgabe anging, die ganze Mathematik zu axiomatisieren, dürfte letztlich auf Hilbert zurückzuführen sein, dessen Interesse an der Materie in seinem historisch bedeutsamen und vielbeachteten Pariser Vortrag deutlich wurde.
Wie prekär der Ansatz aber war (und ist), wird wohl am ehesten in einer Begebenheit deutlich, die literarisch und wissenschaftsgeschichtlich eine Besonderheit darstellt. Frege hatte nach vielen Jahren 1893 seine "Grundgesetze der Arithmetik" veröffentlicht und arbeitete kurz nach 1900 an einer überarbeiteten Neuauflage, deren Druckfahnen er schon korrekturgelesen hatte, als ihn ein Brief von Russell erreichte, in dem dieser die von ihm (und Zermelo!) entdeckten Antinomie mitteilte. Das war der vielleicht größte Rückschlag, den das Projekt je erlitten hat. Sowohl Zermelo als auch Russell haben selbst versucht, den Ansatz zu retten, aber nach Gödels beiden Unvollständigkeitssätzen waren auch diese Rettungsversuche gescheitert.
Nun aber zu einer direkteren Reaktion auf Deine Rückfragen
> > 1) Du hast Recht.
> > 2) Das ist doch nicht der Stand der Dinge.
> Inwiefern letzteres?
Siehe oben. Auch die Hinzufügung des Auswahlaxioms hat den axiomatischen Ansatz nicht retten können.
> > > Bei dieser Erkenntnis bin ich aus allen Wolken gefallen!
> > > Einer verbreiteten Meinung nach kann ja die gesamte
> > > Mathematik auf ZFC aufgebaut werden.
> >
> > Das kann man nicht mehr vollen Ernstes behaupten.
> > Russell/Whitehead, Principles of Mathematics, das auf
> ZF
> > (mit verschiedenen möglichen Erweiterungen) aufbaute,
> > wurde doch von Kurt Gödel widerlegt.
>
> Könntest du das ein wenig erläutern? In welchem Sinne
> wurde dieses Werk widerlegt?
Russell-Antinomie, siehe oben.
> > Ein Rettungsversuch,
> > an dem Gödel später beteiligt war (NBG genannt,
> > Neumann-Bernays-Gödel), konnte Gödels
> > Unvollständigkeitssätze nicht überwinden.
> So wie ich diese Mengenlehre kenne, erweitert sie quasi
> die ZFC-Mengenlehre um Klassen. Inwiefern liegt darin ein
> Versuch, die Gödelschen Unvollständigkeitssätze zu
> überwinden?
Nicht nur Gödel hoffte, durch die Einführung von Klassen (Hierarchien, Abstraktionsebenen), ggf. sogar ad infinitum, Widerspruchsfreiheit zu erlangen.
> > Da findest Du auch den Verweis auf die (englische)
> >
> Liste der in ZFC unentscheidbaren Aussagen.
> > Die Kontinuumshypothese dürfte darunter die prominenteste
> > sein. Da dürfte die allgemeine Überzeugung sein, dass die
> > Hypothese zugleich wahr und nicht beweisbar ist.
>
> Ich dachte immer, die ("intuitive") Wahrheit der
> Kontinuumshypothese sei nicht klar.
Stimmt. Gerade darum geht sie als Axiom auch nicht durch. Also müsste sie aus anderen Axiomen herleitbar sein. Allem Anschein nach ist die Hypothese aber wahr, nur kann bisher niemand zeigen, warum.
> Daher werde sie auch
> nicht als Axiom zu ZFC dazugenommen. Aber das ist ein
> anderes Thema...
Eben. Sogar eines, das Philosophen wie Mathematiker in jahrelangen Streit oder tiefste Verwirrung stürzt - was eigentlich kaum ein Unterschied ist.
> > > Müsste nicht gerade die Zahlentheorie daran interessiert
> > > sein, die Grenzen der Peano-Axiome zu sprengen, um Aussagen
> > > zu "zeigen", die nicht aus diesen Axiomen folgen, aber
> > > dennoch für unsere "gewöhnlichen natürlichen Zahlen"
> > > gelten? Aber wie kann ein solches "Zeigen" überhaupt
> > > aussehen?
> >
> > Das wüssten wir gerne. Dann könnten wir auch große
> > Zahlen faktorisieren und den diskreten Logarithmus ad hoc
> > erledigen.
>
> Was hat der Nachweis von Aussagen über "gewöhnliche
> natürliche Zahlen", die nicht aus den Peano-Axiomen
> folgen, mit dem Faktorisieren großer Zahlen zu tun?
Wer weiß? Vielleicht fänden wir andere Axiome, die die natürlichen Zahlen auf andere Weise vollständig konstruieren. Wir bräuchten nicht nur die Addition, auf der Peano letztlich fußt, sondern mindestens die Körperaxiome. Dann wären Primzahlen immer noch definierbar, vielleicht aber auch unterschiedliche Faktorisierungen von Zahlen - womit ich natürlich nicht den Fundamentalsatz außer Kraft setzen will, sondern z.B. die Frage quadratfreier Zahlen, reiner Potenzen etc. im Hinterkopf habe.
> > > Ist unser Modellbegriff der mathematischen Logik ("Modelle
> > > sind spezielle Mengen") nicht überarbeitungsbedürftig,
> > > wenn wir so nicht mal "das Standard-Modell der natürlichen
> > > Zahlen" als Modell haben? Gibt es im Sinne eines geeignet
> > > überarbeiteten Modell-Begriffes im Falle der Konsistenz
> > > von ZFC wenigstens ein Modell von ZFC, dessen natürliche
> > > Zahlen wie unsere "gewöhnlichen natürlichen Zahlen"
> > > aussehen?
> >
> > Das ist denkbar, aber vielleicht gar nicht hilfreich. Wir
> > würden damit das Standard-Modell zu einer wenig haltbaren
> > Wahrheit machen und dabei etwaige "Non-Standard-Modelle"
> > von vornherein ausschließen. Wie gesagt, mag das in der
> > Praxis hilfreich sein, aber damit zugleich ein Hindernis
> > für alternative Modelle darstellen. Das haben wir in der
> > Geschichte der Mathematik (und ihrer Philosophie) doch
> > schon öfter gehabt, ich erinnere an nicht-euklidische
> > Geometrie, fraktale Dimensionen oder auch die
> > Non-Standard-Analysis (Robinson, Minkowski und andere).
> > Gerade im letzteren Fall gibt es ja auch interessante
> > Überlegungen zu den natürlichen Zahlen.
>
> Diese Überlegung finde ich besonders interessant!
Das ist ein weites Feld, das ich nicht annähernd überblicke. Da kann ich mich also nur anschließen: das finde ich auch besonders interessant.
Mir war im (sonst unmathematischen) Studium die philosophische Betrachtung der Mathematik hilfreich, um einen Überblick zu gewinnen. Wenn Dich das Thema auf Dauer und mehr interessiert, könnte ich Dir wahrscheinlich einen Kontakt zu einem Prof vermitteln, der mit solchen Fragestellungen (also Geschichte und Philosophie der Mathematik, Erkenntnistheorie etc.) selbst befasst ist.
Herzliche Grüße
reverend
PS, kleiner Nachtrag: ich fand noch diese Kolloquiums-Präsentation gut strukturiert und auch ohne den dazugehörigen Vortrag gut lesbar. Man muss nur ziemlich oft klicken...
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 17:30 Do 03.01.2013 | Autor: | tobit09 |
Erneut ein großes Dankeschön!
> Wie prekär der Ansatz aber war (und ist), wird wohl am
> ehesten in einer Begebenheit deutlich, die literarisch und
> wissenschaftsgeschichtlich eine Besonderheit darstellt.
> Frege hatte nach vielen Jahren 1893 seine "Grundgesetze der
> Arithmetik" veröffentlicht und arbeitete kurz nach 1900 an
> einer überarbeiteten Neuauflage, deren Druckfahnen er
> schon korrekturgelesen hatte, als ihn ein Brief von
> Russell
> erreichte, in dem dieser die von ihm (und Zermelo!)
> entdeckten
> Antinomie
> mitteilte. Das war der vielleicht größte Rückschlag, den
> das Projekt je erlitten hat. Sowohl Zermelo als auch
> Russell haben selbst versucht, den Ansatz zu retten, aber
> nach
> Gödels
> beiden
> Unvollständigkeitssätzen
> waren auch diese Rettungsversuche gescheitert.
>
> Nun aber zu einer direkteren Reaktion auf Deine
> Rückfragen
>
> > > 1) Du hast Recht.
> > > 2) Das ist doch nicht der Stand der Dinge.
> > Inwiefern letzteres?
>
> Siehe oben. Auch die Hinzufügung des Auswahlaxioms hat den
> axiomatischen Ansatz nicht retten können.
Die Russelsche Antinomie reicht mir nicht aus, um den axiomatischen Ansatz grundsätzlich für gescheitert zu erklären. Insbesondere gibt es ja Mengenlehren, in denen sie nicht auftritt.
> > > Russell/Whitehead, Principles of Mathematics, das
> auf
> > ZF
> > > (mit verschiedenen möglichen Erweiterungen) aufbaute,
> > > wurde doch von Kurt Gödel widerlegt.
> >
> > Könntest du das ein wenig erläutern? In welchem Sinne
> > wurde dieses Werk widerlegt?
>
> Russell-Antinomie, siehe oben.
OK, danke.
> > > Ein Rettungsversuch,
> > > an dem Gödel später beteiligt war (NBG genannt,
> > > Neumann-Bernays-Gödel), konnte Gödels
> > > Unvollständigkeitssätze nicht überwinden.
> > So wie ich diese Mengenlehre kenne, erweitert sie quasi
> > die ZFC-Mengenlehre um Klassen. Inwiefern liegt darin ein
> > Versuch, die Gödelschen Unvollständigkeitssätze zu
> > überwinden?
>
> Nicht nur Gödel hoffte, durch die Einführung von Klassen
> (Hierarchien, Abstraktionsebenen), ggf. sogar ad infinitum,
> Widerspruchsfreiheit zu erlangen.
Ich halte diesen "Hype" um Widerspruchsfreiheitsbeweise für völlig verfehlt, da sie aus meiner Sicht sowieso nichts Substantielles leisten:
1. Die entsprechende Formel, die die Konsistenz ausdrücken soll, tut das eben nur in Modellen mit gewöhnlichen natürlichen Zahlen.
2. Jede inkonsistente Theorie beweist ihre eigene Konsistenz. Insofern kann ein sogenannter Konsistenzbeweis einer Theorie innerhalb dieser Theorie ohnehin nicht die Konsistenz der Theorie beweisen.
> > Ich dachte immer, die ("intuitive") Wahrheit der
> > Kontinuumshypothese sei nicht klar.
>
> Stimmt. Gerade darum geht sie als Axiom auch nicht durch.
> Also müsste sie aus anderen Axiomen herleitbar sein.
Warum? (Sie ist es nicht.)
> Allem
> Anschein nach ist die Hypothese aber wahr, nur kann bisher
> niemand zeigen, warum.
In welchem Sinne hältst du die Hypothese für wahr? Meinst du damit doch das, was ich als "intuitive" Wahrheit bezeichnet habe?
(Bekanntlich ist die Kontinuumshypothese ja unabhängig von den ZFC-Axiomen.)
> Mir war im (sonst unmathematischen) Studium die
> philosophische Betrachtung der Mathematik hilfreich, um
> einen Überblick zu gewinnen. Wenn Dich das Thema auf Dauer
> und mehr interessiert, könnte ich Dir wahrscheinlich einen
> Kontakt zu einem Prof vermitteln, der mit solchen
> Fragestellungen (also Geschichte und Philosophie der
> Mathematik, Erkenntnistheorie etc.) selbst befasst ist.
Nett von dir, danke! Aber mich interessiert weniger die vergangene Mathematikgeschichte, als die Frage: Auf welchen "Spielregeln" können wir die Mathematik gründen?
> PS, kleiner Nachtrag: ich fand noch diese
> Kolloquiums-Präsentation
> gut strukturiert und auch ohne den dazugehörigen Vortrag
> gut lesbar. Man muss nur ziemlich oft klicken...
Auf Folie 41 heißt es:
"Auf ZFC baut heute alle Mathematik auf, wenn nichts anderes genannt ist. Etwa 95% der Mathematikerinnen und Mathematiker arbeiten mit ZFC und den klassischen Beweisregeln [...] ."
Auf Folie 44 dann:
"ZFC genügt für fast alle heute gewünschte Mathematik. [...] Warum? [mm] $\IN,\IQ,\IR,$ [/mm] [...]"
Damit sind diese Folien ein typisches Beispiel für meine Aussage
> > Einer verbreiteten Meinung nach kann ja die gesamte Mathematik
> > auf ZFC aufgebaut werden.
Dabei wird stets übersehen/verschwiegen, dass [mm] $\IN$ [/mm] in dem Sinne, wie es die meisten Mathematiker verwenden [mm] ("$\IN:=\{0,1,2,3,\ldots\}$") [/mm] eben nicht notwendig eine Menge ist.
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> In ZFC lassen sich offensichtlich noch nicht einmal unsere
> "gewöhnlich angeordneten natürlichen Zahlen" als Menge
> betrachten!
>
> Die kleinste Limes-Ordinalzahl [mm]\omega[/mm] in einem ZFC-Modell,
> die für gewöhnlich als Menge der natürlichen Zahlen
> aufgefasst wird, muss gar nicht aussehen wie die
> "gewöhnlich angeordneten natürlichen Zahlen". Vielmehr
> können möglicherweise durch fortlaufendes
> Nachfolger-Bilden (mit 0 startend) gewisse Elemente von
> [mm]\omega[/mm] nie erreicht werden!
Hallo Tobias,
könntest du deine letztere Aussage erläutern ?
Auf welche Weise soll denn der Begriff "kleinste" in
"die kleinste Limes-Ordinalzahl" überhaupt definiert
sein ?
LG, Al-Chwarizmi
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 22:04 Mi 02.01.2013 | Autor: | tobit09 |
Hallo Al-Chwarizmi,
> Auf welche Weise soll denn der Begriff "kleinste" in
> "die kleinste Limes-Ordinalzahl" überhaupt definiert
> sein ?
Kleinstes Element der Klasse der Limes-Ordinalzahlen (des gegebenen ZFC-Modells) mit der [mm] $\in$-Relation [/mm] als (Wohl-)Ordnung.
Viele Grüße
Tobias
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Hallo Tobias!
> Hallo zusammen,
>
>
> mit großer Überraschung musste ich Folgendes
> feststellen:
>
>
> In ZFC lassen sich offensichtlich noch nicht einmal unsere
> "gewöhnlich angeordneten natürlichen Zahlen" als Menge
> betrachten!
Was bedeuten für dich, 'die natürlichen Zahlen in ZFC als Menge zu betrachten'?
> Die kleinste Limes-Ordinalzahl [mm]\omega[/mm] in einem ZFC-Modell,
> die für gewöhnlich als Menge der natürlichen Zahlen
> aufgefasst wird, muss gar nicht aussehen wie die
> "gewöhnlich angeordneten natürlichen Zahlen".
Wann sieht denn eine Menge aus wie die Menge der 'gewöhnlichen' natürlichen Zahlen?
> Vielmehr
> können möglicherweise durch fortlaufendes
> Nachfolger-Bilden (mit 0 startend) gewisse Elemente von
> [mm]\omega[/mm] nie erreicht werden!
Betrachten wir also [mm] $\omega$ [/mm] und die zugehörige Peano Struktur [mm] $(\omega, \textbf{S}, \textbf{0})$.
[/mm]
Dann gilt:
[mm] Bild$(\textbf{S}) \cup \{\textbf{0}\} [/mm] = [mm] \omega$
[/mm]
> Bei dieser Erkenntnis bin ich aus allen Wolken gefallen!
> Einer verbreiteten Meinung nach kann ja die gesamte
> Mathematik auf ZFC aufgebaut werden. Und nun lässt sich
> noch nicht einmal die Gesamtheit der natürlichen Zahlen,
> wie wir sie in der Grundschule kennengelernt haben, in
> ZFC-Modellen wiederfinden!
Wenn es Modelle von ZFC geben sollte, dann sind innerhalb jedes einzelnen Modells alle Peano Strukturen isomorph. Was stimmt also nicht mit [mm] $\omega$?
[/mm]
LG mathfunnel
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 11:33 Do 03.01.2013 | Autor: | tobit09 |
Hallo mathfunnel,
> > In ZFC lassen sich offensichtlich noch nicht einmal unsere
> > "gewöhnlich angeordneten natürlichen Zahlen" als Menge
> > betrachten!
>
> Was bedeuten für dich, 'die natürlichen Zahlen in ZFC als
> Menge zu betrachten'?
Dass es in jedem ZFC-Modell (beweisbar) ein Paar $(N,<_N)$ gibt, so dass $<_N$ eine Relation auf $N$ ist und $(N,<)$ "isomorph" zu [mm] $(\IN,<)$ [/mm] ist. Dabei bezeichne [mm] $\IN$ [/mm] die "Gesamtheit" der natürlichen Zahlen, wie wir sie in der Grundschule kennengelernt haben und $<$ die ebenfalls aus der Grundschule bekannte $<$-Relation. Das Wort "isomorph" kann ich dabei nicht exakt definieren. Gemeint ist ein "bis auf Benennung der Elemente gleich aussehen".
> > Die kleinste Limes-Ordinalzahl [mm]\omega[/mm] in einem ZFC-Modell,
> > die für gewöhnlich als Menge der natürlichen Zahlen
> > aufgefasst wird, muss gar nicht aussehen wie die
> > "gewöhnlich angeordneten natürlichen Zahlen".
>
> Wann sieht denn eine Menge aus wie die Menge der
> 'gewöhnlichen' natürlichen Zahlen?
Gemeint ist, dass $(N,<_N)$ wie folgt "aussieht":
x x x x x ...
(dabei steht x jeweils für ein Element von N; weiter rechts stehende Elemente sind größer als alle links davon stehenden)
Nicht wie die gewöhnlichen natürlichen Zahlen sähe beispielsweise folgende Ordnung aus:
(x x x x x ...) (... (... x x x x x ...) (... x x x x x ...) ...)
> > Vielmehr
> > können möglicherweise durch fortlaufendes
> > Nachfolger-Bilden (mit 0 startend) gewisse Elemente von
> > [mm]\omega[/mm] nie erreicht werden!
>
> Betrachten wir also [mm]\omega[/mm] und die zugehörige Peano
> Struktur [mm](\omega, \textbf{S}, \textbf{0})[/mm].
>
> Dann gilt:
>
> Bild[mm](\textbf{S}) \cup \{\textbf{0}\} = \omega[/mm]
Ja. Angenommen die Peano-Struktur sieht nun aber wie folgt aus:
(x x x x x ...) (... (... x x x x x ...) (... x x x x x ...) ...)
Das blau markierte kleinste Element sei mit 0 bezeichnet. Wenn du nun nacheinander
0
S(0)
S(S(0))
S(S(S(0)))
S(S(S(S(0))))
...
bildest, so wirst du immer im grün markierten Bereich bleiben und nie den rot markierten Bereich erreichen.
> > Bei dieser Erkenntnis bin ich aus allen Wolken gefallen!
> > Einer verbreiteten Meinung nach kann ja die gesamte
> > Mathematik auf ZFC aufgebaut werden. Und nun lässt sich
> > noch nicht einmal die Gesamtheit der natürlichen Zahlen,
> > wie wir sie in der Grundschule kennengelernt haben, in
> > ZFC-Modellen wiederfinden!
>
> Wenn es Modelle von ZFC geben sollte, dann sind innerhalb
> jedes einzelnen Modells alle Peano Strukturen isomorph.
Ja. Und genau das macht es unmöglich, eine andere Ordnung $(N,<_N)$ als [mm] $(\omega,\in)$ [/mm] zu finden, die wie die Gesamtheit der natürlichen Zahlen aus der Grundschule aussieht (wenn nicht schon [mm] $(\omega,\in)$ [/mm] das Gewünschte leistet).
Viele Grüße
Tobias
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 21:58 Fr 04.01.2013 | Autor: | mathfunnel |
Hallo Tobias!
> Hallo mathfunnel,
>
>
> > > In ZFC lassen sich offensichtlich noch nicht einmal unsere
> > > "gewöhnlich angeordneten natürlichen Zahlen" als Menge
> > > betrachten!
> >
> > Was bedeuten für dich, 'die natürlichen Zahlen in ZFC als
> > Menge zu betrachten'?
> Dass es in jedem ZFC-Modell (beweisbar) ein Paar [mm](N,<_N)[/mm]
> gibt, so dass [mm]<_N[/mm] eine Relation auf [mm]N[/mm] ist und [mm](N,<)[/mm]
> "isomorph" zu [mm](\IN,<)[/mm] ist. Dabei bezeichne [mm]\IN[/mm] die
> "Gesamtheit" der natürlichen Zahlen, wie wir sie in der
> Grundschule kennengelernt haben und [mm]<[/mm] die ebenfalls aus der
> Grundschule bekannte [mm]<[/mm]-Relation. Das Wort "isomorph" kann
> ich dabei nicht exakt definieren. Gemeint ist ein "bis auf
> Benennung der Elemente gleich aussehen".
(Im Folgenden sei ZFC als widerspruchsfrei vorausgesetzt.)
Ich vermute, dass du beispielsweise Folgendes als unbefriedigend empfindest:
Die Mengen [mm] $\{x\in X: x\in^X \omega^X\}$ [/mm] und [mm] $\{y\in Y: y\in^Y \omega^Y\}$ [/mm] können verschiedene Mächtigkeiten besitzen.
Das ändert nichts daran, dass alle Peano-Strukturen in ZFC isomorph zu [mm] $(\omega, \textbf [/mm] S, [mm] \textbf [/mm] 0)$ sind und somit [mm] $\omega$ [/mm] als die (oder eine) 'mengentheoretische' Menge der natürlichen Zahlen angesehen werden kann.
> > > Die kleinste Limes-Ordinalzahl [mm]\omega[/mm] in einem ZFC-Modell,
> > > die für gewöhnlich als Menge der natürlichen Zahlen
> > > aufgefasst wird, muss gar nicht aussehen wie die
> > > "gewöhnlich angeordneten natürlichen Zahlen".
> >
> > Wann sieht denn eine Menge aus wie die Menge der
> > 'gewöhnlichen' natürlichen Zahlen?
> Gemeint ist, dass [mm](N,<_N)[/mm] wie folgt "aussieht":
>
> x x x x x ...
>
> (dabei steht x jeweils für ein Element von N; weiter
> rechts stehende Elemente sind größer als alle links davon
> stehenden)
>
> Nicht wie die gewöhnlichen natürlichen Zahlen sähe
> beispielsweise folgende Ordnung aus:
>
> (x x x x x ...) (... (... x x x x x ...) (... x x x x x
> ...) ...)
>
>
> > > Vielmehr
> > > können möglicherweise durch fortlaufendes
> > > Nachfolger-Bilden (mit 0 startend) gewisse Elemente von
> > > [mm]\omega[/mm] nie erreicht werden!
> >
> > Betrachten wir also [mm]\omega[/mm] und die zugehörige Peano
> > Struktur [mm](\omega, \textbf{S}, \textbf{0})[/mm].
> >
> > Dann gilt:
> >
> > Bild[mm](\textbf{S}) \cup \{\textbf{0}\} = \omega[/mm]
> Ja.
> Angenommen die Peano-Struktur sieht nun aber wie folgt
> aus:
>
> (x x x x x ...) (... (... x x x x x ...) (... x x x x x
> ...) ...)
>
> Das blau markierte kleinste Element sei mit 0 bezeichnet.
> Wenn du nun nacheinander
>
> 0
> S(0)
> S(S(0))
> S(S(S(0)))
> S(S(S(S(0))))
> ...
>
> bildest, so wirst du immer im grün markierten Bereich
> bleiben und nie den rot markierten Bereich erreichen.
Die von dir skizzierte Struktur [mm] $\mathbf{A}$ [/mm] (abzählbares Nichtstandardmodell der Arithmetik)
ist ein Beweis dafür, dass sich die Peano-Struktur in einer Sprache erster Stufe nicht axiomatisieren läßt. [mm] ($\mathbf{A}$ [/mm] ist nicht isomorph zum Standardmodell.)
ZFC ist gerade auch deshalb hilfreich, da jetzt in ZFC eine Peano-Struktur definiert werden kann, ohne eine Sprache zweiter Stufe zu bemühen.
> > > Bei dieser Erkenntnis bin ich aus allen Wolken gefallen!
> > > Einer verbreiteten Meinung nach kann ja die gesamte
> > > Mathematik auf ZFC aufgebaut werden. Und nun lässt sich
> > > noch nicht einmal die Gesamtheit der natürlichen Zahlen,
> > > wie wir sie in der Grundschule kennengelernt haben, in
> > > ZFC-Modellen wiederfinden!
> >
> > Wenn es Modelle von ZFC geben sollte, dann sind innerhalb
> > jedes einzelnen Modells alle Peano Strukturen isomorph.
> Ja. Und genau das macht es unmöglich, eine andere Ordnung
> [mm](N,<_N)[/mm] als [mm](\omega,\in)[/mm] zu finden, die wie die Gesamtheit
> der natürlichen Zahlen aus der Grundschule aussieht (wenn
> nicht schon [mm](\omega,\in)[/mm] das Gewünschte leistet).
Eine Möglichkeit die Struktur [mm] $\mathbf{A}$ [/mm] zu präzisieren ist, sie mengentheoretisch in ZFC zu beschreiben. In welchem Verhältnis steht sie dann zu [mm] $\omega$?
[/mm]
LG mathfunnel
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 23:21 Fr 04.01.2013 | Autor: | tobit09 |
> (Im Folgenden sei ZFC als widerspruchsfrei vorausgesetzt.)
> Ich vermute, dass du beispielsweise Folgendes als
> unbefriedigend empfindest:
>
> Die Mengen [mm]\{x\in X: x\in^X \omega^X\}[/mm] und [mm]\{y\in Y: y\in^Y \omega^Y\}[/mm]
> können verschiedene Mächtigkeiten besitzen.
Was sind X und Y? Was bedeuten die Notationen [mm] $\omega^X$ [/mm] und [mm] $\in^X$?
[/mm]
> Das ändert nichts daran, dass alle Peano-Strukturen in
> ZFC isomorph zu [mm](\omega, \textbf S, \textbf 0)[/mm] sind
Ja.
> und
> somit [mm]\omega[/mm] als die (oder eine) 'mengentheoretische' Menge
> der natürlichen Zahlen angesehen werden kann.
Im Prinzip kannst du natürlich alles, was du willst, "'mengentheoretische' Menge der natürlichen Zahlen" nennen. Das ändert aber nichts daran, dass [mm] $(\omega,\textbf S,\textbf [/mm] 0)$ eben nicht notwendig so aussieht, wie wir es von einer Menge der natürlichen Zahlen erwarten, sondern z.B. auch aussehen könnte wie die Struktur [mm] $\mathbf{A}$.
[/mm]
> Die von dir skizzierte Struktur [mm]\mathbf{A}[/mm] (abzählbares
> Nichtstandardmodell der Arithmetik)
> ist ein Beweis dafür, dass sich die Peano-Struktur in
> einer Sprache erster Stufe nicht axiomatisieren läßt.
> ([mm]\mathbf{A}[/mm] ist nicht isomorph zum Standardmodell.)
> ZFC ist gerade auch deshalb hilfreich, da jetzt in ZFC
> eine Peano-Struktur definiert werden kann, ohne eine
> Sprache zweiter Stufe zu bemühen.
Sicherlich wird formal eine Peano-Struktur definiert. Aber dass eine Peano-Struktur aussehen kann wie [mm] $\mathbf [/mm] A$ ist sicherlich nicht im Sinne Peanos.
> Eine Möglichkeit die Struktur [mm]\mathbf{A}[/mm] zu präzisieren
> ist, sie mengentheoretisch in ZFC zu beschreiben. In
> welchem Verhältnis steht sie dann zu [mm]\omega[/mm]?
Das kommt darauf an, wie [mm] $\omega$ [/mm] aussieht (und das wissen wir eben nicht). Z.B. könnte [mm] $\mathbf A=\omega$ [/mm] gelten.
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 17:52 So 13.01.2013 | Autor: | mathfunnel |
Hallo Tobias!
(Im Folgenden sei ZFC als widerspruchsfrei vorausgesetzt.)
> > (Im Folgenden sei ZFC als widerspruchsfrei vorausgesetzt.)
> > Ich vermute, dass du beispielsweise Folgendes als
> > unbefriedigend empfindest:
> >
> > Die Mengen [mm]\{x\in X: x\in^X \omega^X\}[/mm] und [mm]\{y\in Y: y\in^Y \omega^Y\}[/mm]
>
> > können verschiedene Mächtigkeiten besitzen.
> Was sind X und Y? Was bedeuten die Notationen [mm]\omega^X[/mm] und
> [mm]\in^X[/mm]?
>
$(X, [mm] \in^X)$ [/mm] ist ein Modell von ZFC.
[mm] $\omega^X$ [/mm] ist eine Teilmenge von $X$, die die ZFC-Definition von [mm] $\omega$ [/mm] im Modell erfüllt.
Entprechendes gilt für $(Y, [mm] \in^Y)$.
[/mm]
>
> > Das ändert nichts daran, dass alle Peano-Strukturen in
> > ZFC isomorph zu [mm](\omega, \textbf S, \textbf 0)[/mm] sind
> Ja.
>
> > und
> > somit [mm]\omega[/mm] als die (oder eine) 'mengentheoretische' Menge
> > der natürlichen Zahlen angesehen werden kann.
> Im Prinzip kannst du natürlich alles, was du willst,
> "'mengentheoretische' Menge der natürlichen Zahlen"
> nennen. Das ändert aber nichts daran, dass [mm](\omega,\textbf S,\textbf 0)[/mm]
> eben nicht notwendig so aussieht, wie wir es von einer
> Menge der natürlichen Zahlen erwarten, sondern z.B. auch
> aussehen könnte wie die Struktur [mm]\mathbf{A}[/mm].
>
Doch, [mm] $(\omega,\textbf S,\textbf [/mm] 0)$ 'sieht so aus', wie wir es erwarten.
>
> > Die von dir skizzierte Struktur [mm]\mathbf{A}[/mm] (abzählbares
> > Nichtstandardmodell der Arithmetik)
> > ist ein Beweis dafür, dass sich die Peano-Struktur in
> > einer Sprache erster Stufe nicht axiomatisieren läßt.
> > ([mm]\mathbf{A}[/mm] ist nicht isomorph zum Standardmodell.)
> > ZFC ist gerade auch deshalb hilfreich, da jetzt in ZFC
> > eine Peano-Struktur definiert werden kann, ohne eine
> > Sprache zweiter Stufe zu bemühen.
> Sicherlich wird formal eine Peano-Struktur definiert. Aber
> dass eine Peano-Struktur aussehen kann wie [mm]\mathbf A[/mm] ist
> sicherlich nicht im Sinne Peanos.
>
Eine Peano-Struktur ist eine Struktur
$(A, [mm] \sigma, \nu)$ [/mm] für die die Peano-Axiome gelten!
Kannst du also [mm] $\mathbf{A}$ [/mm] als Struktur $(A, [mm] \sigma, \nu)$ [/mm]
definieren und beweisen, dass die Peano-Axiome gelten?
Wie definierst du eine Ordnungsrelation über $A$?
Eine Peano-Struktur 'sieht nicht aus' wie das, was du skizziert hast, zumindest in dem Sinn, in dem ich 'sieht aus wie' interpretiere.
>
> > Eine Möglichkeit die Struktur [mm]\mathbf{A}[/mm] zu präzisieren
> > ist, sie mengentheoretisch in ZFC zu beschreiben. In
> > welchem Verhältnis steht sie dann zu [mm]\omega[/mm]?
> Das kommt darauf an, wie [mm]\omega[/mm] aussieht (und das wissen
> wir eben nicht).
Wir wissen einiges über [mm] $(\omega,\textbf S,\textbf [/mm] 0)$ und
[mm] (\omega, \in_{\omega}). ($\in_{\omega}$ [/mm] ist eine Ordnungsrelation im Sinne von $<$.)
> Z.B. könnte [mm]\mathbf A=\omega[/mm] gelten.
Du meinst [mm] $\mathbf [/mm] A = [mm] (\omega,\textbf S,\textbf [/mm] 0)$?
Im Folgenden beziehe ich mich auf Teile anderer Beiträge dieser Diskussion.
Weiter wird in dieser Diskussion der Begriff der 'erreichbaren natürlichen Zahlen' benutzt, der, in dem hier vermutlich beabsichtigten Sinn, als Alternative zu den Peano Axiomen, in einer infinitären Sprache formalisiert werden kann:
[mm] $\forall [/mm] x [mm] \neg \sigma [/mm] x [mm] \equiv [/mm] 0$
[mm] $\forall [/mm] x [mm] \forall [/mm] y [mm] \sigma [/mm] x [mm] \equiv \sigma [/mm] y [mm] \rightarrow [/mm] x [mm] \equiv [/mm] y$
[mm] $\forall [/mm] x [mm] \bigvee \{x \equiv \underbrace{\sigma\ldots \sigma}_{n-mal} 0: n \geq 0\}$
[/mm]
[mm] ($\bigvee [/mm] $ ist das Symbol für eine Disjunktion von abzählbar vielen Ausdrücken.)
Auch wenn man das Fehlen dieser Ausdrucksmöglichkeit in ZFC bemängelt, ändert das nichts daran, dass [mm] $\omega$ [/mm] auch in dieser Beziehung mit der 'naiven' Menge der natürlichen Zahlen ohne Probleme identifiziert werden kann. Denn es gilt 'naiv':
Jedes Element $n [mm] \neq [/mm] 0$ der Menge [mm] $\mathbb [/mm] N$ der natürlichen Zahlen hat die Gestalt $0+1$ oder $0+1+1$ oder [mm] \ldots [/mm] .
Also versuchen wir eine 'naive' Definition der Menge [mm] $\mathbb [/mm] N$ der natürlichen bzw. erreichbaren Zahlen z.B. mit:
[mm] $\mathbb [/mm] N := [mm] \{n: n = \sum\limits_{i=1}^k 1, k \in ? \}$ [/mm]
Für $?$ kann wohl schlecht [mm] $\mathbb [/mm] N$ stehen.
Also versuchen wir es immer noch naiv, aber besser:
[mm] $\mathbb [/mm] N$ ist die kleinste Menge, die $0$ und mit jedem $n$ auch $n+1$ enthält.
Genau das drückt die Menge [mm] $\omega$ [/mm] formal präzise dadurch aus, dass sie im Sinne der Teilmengenbeziehung die [mm] \textbf{kleinste} [/mm] induktive Menge in ZFC ist.
Was soll also das Problem sein an der Identifikation von [mm] $\omega$ [/mm] mit der Menge der (naiven) natürlichen Zahlen?
Bisher sehe ich keine Eigenschaft von [mm] $\omega$, [/mm] die meiner Vorstellung von der Menge der natürlichen Zahlen widerspricht!
(Das ändert sich natürlich sofort, wenn ich beispielsweise ZFC als widerspruchsvoll erkennen sollte. )
LG mathfunnel
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 19:13 So 13.01.2013 | Autor: | Helbig |
Hallo mathfunnel,
> Eine Peano-Struktur 'sieht nicht aus' wie das, was du
> skizziert hast, zumindest in dem Sinn, in dem ich 'sieht
> aus wie' interpretiere.
Tobias stört, daß die ZFC-Axiome nicht ausschließen, daß [mm] $(\omega, [/mm] S, 0)$ etwa so aussieht:
(x x x x x ...) (... x x x x x ...)
Nachfolger von so einem x ist das direkt rechts daneben stehende x, das 0-Element ist das am weitesten links stehende grüne x. Dies kann tatsächlich die kleinste induktive Menge sein, nämlich dann, wenn die Gesamtheit der grünen Elemente keine Menge ist.
Gruß,
Wolfgang
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 21:25 So 13.01.2013 | Autor: | mathfunnel |
Hallo Wolfgang!
> Hallo mathfunnel,
>
> > Eine Peano-Struktur 'sieht nicht aus' wie das, was du
> > skizziert hast, zumindest in dem Sinn, in dem ich 'sieht
> > aus wie' interpretiere.
>
> Tobias stört, daß die ZFC-Axiome nicht ausschließen,
> daß [mm](\omega, S, 0)[/mm] etwa so aussieht:
>
> (x x x x x ...) (... x x x x x ...)
>
Die Visualisierung stellt wohl ein Ordnungsrelation im Sinne von '$<$' dar.
Die natürliche Ordnung der 'naiven' Menge der natürlichen Zahlen wird in ZFC durch die Wohlordnung [mm] $(\omega, \in_{\omega})$ [/mm] dargestellt. Damit ist diese Struktur (mit naheliegender Definition von [mm] $\in_{\omega}$) [/mm] also nicht mit der Visualisierung zu vereinbaren.
> Nachfolger von so einem x ist das direkt rechts daneben
> stehende x, das 0-Element ist das am weitesten links
> stehende grüne x. Dies kann tatsächlich die kleinste
> induktive Menge sein, nämlich dann, wenn die Gesamtheit
> der grünen Elemente keine Menge ist.
Informell soll das wohl Folgendes heißen:
Wenn keine echte Teilmenge der Trägermenge der Struktur alle grünen Elemente enthält, dann ist die Trägermenge die kleinste induktive Menge!
Die Visualisierung stellt eine Ordnungsrelation dar und nicht (nur) eine Nachfolgerfunktion (ein rotes Element ist zwar größer als ein grünes Element, aber es ist kein Nachfolger eines grünen Elements), oder wie sollte das Bild sonst zu verstehen sein?
>
> Gruß,
> Wolfgang
>
LG mathfunnel
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 23:13 So 13.01.2013 | Autor: | Helbig |
Hallo mathfunnel,
> >
> > > Eine Peano-Struktur 'sieht nicht aus' wie das, was du
> > > skizziert hast, zumindest in dem Sinn, in dem ich 'sieht
> > > aus wie' interpretiere.
> >
> > Tobias stört, daß die ZFC-Axiome nicht ausschließen,
> > daß [mm](\omega, S, 0)[/mm] etwa so aussieht:
> >
> > (x x x x x ...) (... x x x x x ...)
> >
>
> Die Visualisierung stellt wohl ein Ordnungsrelation im
> Sinne von '[mm]<[/mm]' dar.
Das auch. Aber wesentlich ist zunächst, daß hier erstes Element und Nachfolgerfunktion einer Peano-Struktur dargestellt werden. Das erste Element ist das grüne x ganz links. Nennen wir es 0. Der Nachfolger von x ist der rechte Nachbar von x, egal welche Farbe. Damit haben wir mit [mm] $(\omega, [/mm] S, 0)$ eine Peano-Struktur vor uns, sobald [mm] $\omega$ [/mm] die kleinste induktive Menge ist.
Zum Nachweis des Induktionsaxioms:
Sei M eine Teilmenge von [mm] $\omega$ [/mm] so, daß [mm] $0\in [/mm] M$ und mit jedem [mm] $x\in [/mm] M$ auch der rechte Nachbar von x in M liegt. Damit ist M eine induktive Menge. Da [mm] $\omega$ [/mm] die kleinste induktive Menge ist, folgt [mm] $\omega\subseteq [/mm] M$ und damit [mm] $M=\omega\,.$ [/mm] Nichts anderes verlangt das Induktionsaxiom.
> Die natürliche Ordnung der 'naiven' Menge der
> natürlichen Zahlen wird in ZFC durch die Wohlordnung
> [mm](\omega, \in_{\omega})[/mm] dargestellt. Damit ist diese
> Struktur (mit naheliegender Definition von [mm]\in_{\omega}[/mm])
> also nicht mit der Visualisierung zu vereinbaren.
Das kann ich sehr wohl vereinbaren. Wenn z. B. in jeder Teilmenge, in der ein rotes x liegt, auch alle grünen x liegen. Ob unsere Struktur wohlgeordnet ist oder nicht, hängt davon ab, welche Mengen existieren. Die Existenz genügend vieler Mengen (z. B. einer Menge, die genau die grünen x enthält oder einer Menge, die ein rotes x aber keine grünen Elemente hat) folgt nicht aus den Axiomen von ZF oder ZFC.
>
> > Nachfolger von so einem x ist das direkt rechts daneben
> > stehende x, das 0-Element ist das am weitesten links
> > stehende grüne x. Dies kann tatsächlich die kleinste
> > induktive Menge sein, nämlich dann, wenn die Gesamtheit
> > der grünen Elemente keine Menge ist.
>
> Informell soll das wohl Folgendes heißen:
>
> Wenn keine echte Teilmenge der Trägermenge der Struktur
> alle grünen Elemente enthält, dann ist die Trägermenge
> die kleinste induktive Menge!
Umgekehrt: Die Trägermenge ist die kleinste induktive Menge. Und deshalb gibt es keine echte Teilmenge, die genau die grünen Elemente enthält.
>
> Die Visualisierung stellt eine Ordnungsrelation dar und
> nicht (nur) eine Nachfolgerfunktion (ein rotes Element ist
> zwar größer als ein grünes Element, aber es ist kein
> Nachfolger eines grünen Elements), oder wie sollte das
> Bild sonst zu verstehen sein?
Jedes rote Element ist größer als alle grünen Elemente.
Gruß,
Wolfgang
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 20:30 Do 17.01.2013 | Autor: | mathfunnel |
Hallo Wolfgang!
>
> Hallo mathfunnel,
> > >
> > > > Eine Peano-Struktur 'sieht nicht aus' wie das, was du
> > > > skizziert hast, zumindest in dem Sinn, in dem ich 'sieht
> > > > aus wie' interpretiere.
> > >
> > > Tobias stört, daß die ZFC-Axiome nicht ausschließen,
> > > daß [mm](\omega, S, 0)[/mm] etwa so aussieht:
> > >
> > > (x x x x x ...) (... x x x x x ...)
> > >
> >
> > Die Visualisierung stellt wohl ein Ordnungsrelation im
> > Sinne von '[mm]<[/mm]' dar.
>
> Das auch. Aber wesentlich ist zunächst, daß hier erstes
> Element und Nachfolgerfunktion einer Peano-Struktur
> dargestellt werden. Das erste Element ist das grüne x ganz
> links. Nennen wir es 0. Der Nachfolger von x ist der rechte
> Nachbar von x, egal welche Farbe. Damit haben wir mit
> [mm](\omega, S, 0)[/mm] eine Peano-Struktur vor uns, sobald [mm]\omega[/mm]
> die kleinste induktive Menge ist.
Ich denke, dass du Folgendes meinst:
[mm] $(\omega^Z, S^Z, 0^Z)$ [/mm] ist eine Peano-Struktur, wobei mit [mm] $\cdot^Z$ [/mm] die Interpretation eines geeigneten ZFC Modells $(Z, [mm] \in^Z)$ [/mm] gemeint [mm] ist.\\
[/mm]
>
> Zum Nachweis des Induktionsaxioms:
>
> Sei M eine Teilmenge von [mm]\omega[/mm] so, daß [mm]0\in M[/mm] und mit
> jedem [mm]x\in M[/mm] auch der rechte Nachbar von x in M liegt.
> Damit ist M eine induktive Menge. Da [mm]\omega[/mm] die kleinste
> induktive Menge ist, folgt [mm]\omega\subseteq M[/mm] und damit
> [mm]M=\omega\,.[/mm] Nichts anderes verlangt das Induktionsaxiom.
Das ist natürlich trivial, wenn wir von der Peano-Struktur [mm] $(\omega^Z, S^Z, 0^Z)$ [/mm] sprechen.
> > Die natürliche Ordnung der 'naiven' Menge der
> > natürlichen Zahlen wird in ZFC ydurch die Wohlordnung
> > [mm](\omega, \in_{\omega})[/mm] dargestellt. Damit ist diese
> > Struktur (mit naheliegender Definition von [mm]\in_{\omega}[/mm])
> > also nicht mit der Visualisierung zu vereinbaren.
>
> Das kann ich sehr wohl vereinbaren.
Weil du verstehst, was die Skizze bedeuten soll. Will man allerding der Skizze ein Objekt des Universums zuordnen, so bietet sich hier [mm] $(\omega^Z, \in_{\omega^Z})$ [/mm] an, da dann z.B. die existierende! Menge der grünen Element nicht wegdiskutiert werden muss. Die Skizze als Skizze von [mm] $(\omega^Z, \in^Z_{\omega^Z})$ [/mm] zu verstehen, bedeutet, dass die Skizze keine Veranschaulichung von [mm] $\in^Z_{\omega^Z}$ [/mm] enthält, aber die Veranschaulichung von [mm] $\in_{\omega^Z}$ [/mm] nicht verhindern kann.
> Wenn z. B. in jeder
> Teilmenge, in der ein rotes x liegt, auch alle grünen x
> liegen. Ob unsere Struktur wohlgeordnet ist oder nicht,
> hängt davon ab, welche Mengen existieren.
Ob unser Struktur wohlgeordnet ist oder nicht, hängt davon ab, welche Modellmengen existieren. [mm] $(\omega^Z, \in^Z_{\omega^Z})$ [/mm] ist wohlgeordnet, [mm] $(\omega^Z, \in_{\omega^Z})$ [/mm] nicht.
> Die Existenz
> genügend vieler Mengen (z. B. einer Menge, die genau die
> grünen x enthält oder einer Menge, die ein rotes x aber
> keine grünen Elemente hat) folgt nicht aus den Axiomen von
> ZF oder ZFC.
Die Existenz der Modellmengen wird vom ZFC-Modell $(Z, [mm] \in^Z)$ [/mm] bestimmt.
>
> >
> > > Nachfolger von so einem x ist das direkt rechts daneben
> > > stehende x, das 0-Element ist das am weitesten links
> > > stehende grüne x. Dies kann tatsächlich die kleinste
> > > induktive Menge sein, nämlich dann, wenn die Gesamtheit
> > > der grünen Elemente keine Menge ist.
> >
> > Informell soll das wohl Folgendes heißen:
> >
> > Wenn keine echte Teilmenge der Trägermenge der Struktur
> > alle grünen Elemente enthält, dann ist die Trägermenge
> > die kleinste induktive Menge!
>
> Umgekehrt: Die Trägermenge ist die kleinste induktive
> Menge. Und deshalb gibt es keine echte Teilmenge, die genau
> die grünen Elemente enthält.
Die Trägermenge [mm] $\omega^Z$ [/mm] ist die (kleinste induktive [mm] Menge$)^Z$.
[/mm]
Und deshalb gibt es keine (echte [mm] Teilmenge$)^Z$, [/mm] die genau die grünen Elemente enthält. Es gibt aber eine Menge des Universums, die Teilmenge von [mm] $\omega^Z$ [/mm] ist, die genau die grünen Elemente enthält, nämlich [mm] $\{0^Z, 1^Z, \ldots\}$.
[/mm]
>
> >
> > Die Visualisierung stellt eine Ordnungsrelation dar und
> > nicht (nur) eine Nachfolgerfunktion (ein rotes Element ist
> > zwar größer als ein grünes Element, aber es ist kein
> > Nachfolger eines grünen Elements), oder wie sollte das
> > Bild sonst zu verstehen sein?
>
> Jedes rote Element ist größer als alle grünen Elemente.
> Gruß,
> Wolfgang
>
>
(Vor allem an Tobias:)
Man kann natürlich die Auffassung, dass [mm] $(\omega, \mathbf [/mm] S, [mm] \mathbf [/mm] 0)$ mit der Peano-Struktur [mm] $(\mathbb [/mm] N, S, 0)$ der naiven Menge der natürlichen Zahlen identifiziert werden kann, noch besser begründen.
Kannst du dieser Präzisierung zustimmen?
LG mathfunnel
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 18:27 Mo 28.01.2013 | Autor: | tobit09 |
> Ich denke, dass du Folgendes meinst:
>
> [mm](\omega^Z, S^Z, 0^Z)[/mm] ist eine Peano-Struktur, wobei mit
> [mm]\cdot^Z[/mm] die Interpretation eines geeigneten ZFC Modells [mm](Z, \in^Z)[/mm]
> gemeint [mm]ist.\\[/mm]
Um es nicht komplizierter als nötig zu machen: Wir gehen von einem "Universum von Mengen" aus, das ZFC genügt. Nicht etwa von einem (mengengroßen?) ZFC-Modell innerhalb eines (ZFC-) "Universums von Mengen". Es reicht mir, [mm] $(\omega,S,0)$ [/mm] zu betrachten.
> > > Die natürliche Ordnung der 'naiven' Menge der
> > > natürlichen Zahlen wird in ZFC ydurch die Wohlordnung
> > > [mm](\omega, \in_{\omega})[/mm] dargestellt. Damit ist diese
> > > Struktur (mit naheliegender Definition von [mm]\in_{\omega}[/mm])
> > > also nicht mit der Visualisierung zu vereinbaren.
> >
> > Das kann ich sehr wohl vereinbaren.
>
> Weil du verstehst, was die Skizze bedeuten soll.
> Will man
> allerding der Skizze ein Objekt des Universums zuordnen, so
> bietet sich hier [mm](\omega^Z, \in_{\omega^Z})[/mm] an, da dann
> z.B. die existierende! Menge der grünen Element nicht
> wegdiskutiert werden muss.
Warum sollte im "Universum der Mengen" eine Menge existieren, die genau die grünen Elemente enthält?
Die Struktur [mm] $(\omega^Z,\in_{\omega^Z})$ [/mm] ist für mich völlig irrelevant. Relevant ist allenfalls [mm] $(\omega^Z,\in^Z)$.
[/mm]
> Und deshalb gibt es keine (echte Teilmenge[mm])^Z[/mm], die genau
> die grünen Elemente enthält. Es gibt aber eine Menge des
> Universums, die Teilmenge von [mm]\omega^Z[/mm] ist, die genau die
> grünen Elemente enthält, nämlich [mm]\{0^Z, 1^Z, \ldots\}[/mm].
Genau für letzteres finde ich (und ein Professor, durch dessen Skript ich auf die Problematik gestoßen bin) kein Argument. Du? Wenn ja, hätte sich das gesamte Problem in Luft aufgelöst.
Oder verstehst du unter dem "Universum" etwas anderes als ich? Ich verstehe darunter "etwas", das den ZFC-Axiomen genügt.
> Man kann natürlich die Auffassung, dass [mm](\omega, \mathbf S, \mathbf 0)[/mm]
> mit der Peano-Struktur [mm](\mathbb N, S, 0)[/mm] der naiven Menge
> der natürlichen Zahlen identifiziert werden kann, noch
> besser begründen.
Ich wäre gespannt auf eine Argumentation, dass keine "unerreichbaren" Elemente existieren. Zumindest ein Professor und Autor eines Mengenlehre-Skriptes hat offenbar keine gefunden.
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 20:36 Do 31.01.2013 | Autor: | mathfunnel |
Hallo Tobias!
> > Ich denke, dass du Folgendes meinst:
> >
> > [mm](\omega^Z, S^Z, 0^Z)[/mm] ist eine Peano-Struktur, wobei mit
> > [mm]\cdot^Z[/mm] die Interpretation eines geeigneten ZFC Modells [mm](Z, \in^Z)[/mm]
> > gemeint [mm]ist.\\[/mm]
> Um es nicht komplizierter als nötig zu machen: Wir gehen
> von einem "Universum von Mengen" aus, das ZFC genügt.
> Nicht etwa von einem (mengengroßen?) ZFC-Modell innerhalb
> eines (ZFC-) "Universums von Mengen". Es reicht mir,
> [mm](\omega,S,0)[/mm] zu betrachten.
Du sprichst also nicht von Modellen von ZFC, sondern von einem erweiterten Axiomensystem ZFC'
das neben den Axiomen von ZFC noch weitere enthält.
>
>
> > > > Die natürliche Ordnung der 'naiven' Menge der
> > > > natürlichen Zahlen wird in ZFC ydurch die Wohlordnung
> > > > [mm](\omega, \in_{\omega})[/mm] dargestellt. Damit ist diese
> > > > Struktur (mit naheliegender Definition von [mm]\in_{\omega}[/mm])
> > > > also nicht mit der Visualisierung zu vereinbaren.
> > >
> > > Das kann ich sehr wohl vereinbaren.
> >
> > Weil du verstehst, was die Skizze bedeuten soll.
>
>
> > Will man
> > allerding der Skizze ein Objekt des Universums zuordnen, so
> > bietet sich hier [mm](\omega^Z, \in_{\omega^Z})[/mm] an, da dann
> > z.B. die existierende! Menge der grünen Element nicht
> > wegdiskutiert werden muss.
> Warum sollte im "Universum der Mengen" eine Menge
> existieren, die genau die grünen Elemente enthält?
Das erkläre ich weiter unten.
>
> Die Struktur [mm](\omega^Z,\in_{\omega^Z})[/mm] ist für mich
> völlig irrelevant. Relevant ist allenfalls
> [mm](\omega^Z,\in^Z)[/mm].
Sprechen wir jetzt doch von Modellen?
>
>
> > Und deshalb gibt es keine (echte Teilmenge[mm])^Z[/mm], die genau
> > die grünen Elemente enthält. Es gibt aber eine Menge des
> > Universums, die Teilmenge von [mm]\omega^Z[/mm] ist, die genau die
> > grünen Elemente enthält, nämlich [mm]\{0^Z, 1^Z, \ldots\}[/mm].
>
> Genau für letzteres finde ich (und ein Professor, durch
> dessen Skript ich auf die Problematik gestoßen bin) kein
> Argument. Du? Wenn ja, hätte sich das gesamte Problem in
> Luft aufgelöst.
>
> Oder verstehst du unter dem "Universum" etwas anderes als
> ich? Ich verstehe darunter "etwas", das den ZFC-Axiomen
> genügt.
>
>
> > Man kann natürlich die Auffassung, dass [mm](\omega, \mathbf S, \mathbf 0)[/mm]
> > mit der Peano-Struktur [mm](\mathbb N, S, 0)[/mm] der naiven Menge
> > der natürlichen Zahlen identifiziert werden kann, noch
> > besser begründen.
> Ich wäre gespannt auf eine Argumentation, dass keine
> "unerreichbaren" Elemente existieren. Zumindest ein
> Professor und Autor eines Mengenlehre-Skriptes hat offenbar
> keine gefunden.
>
Du sprichst also nicht von Modellen von ZFC sondern von einer Erweiterung ZFC' von ZFC, die, metasprachlich ausgedrückt, die Existenz von nichtstandard natürlichen Zahlen behauptet. Diese metasprachlichen Formulierung sagt gerade aus, dass hier nicht über die naive Menge der natürlichen Zahlen geredet wird, da diese keine(!) nichtstandard natürlichen Zahlen enthält. ZFC' ist keine Präzisierung von metasprachlichen Aussagen über das mathematische Universum im Gegensatz zu ZFC. Weder ist [mm] $\in$ [/mm] in ZFC' eine Präzisierung der Elementbeziehung zwischen Mengen, noch ist [mm] $\omega$ [/mm] in ZFC' eine Präzisierung irgendeiner 'naiven' Menge. Es wäre deshalb ratsam das Axiomensystem zu benennen über das man spricht oder in dem man argumentiert. Nichtsdestotrotz ist ein Modell [mm] $(Z,\in^Z)$ [/mm] von ZFC' auch ein Modell von ZFC. Dieses Modell ist, sofern es existiert, wiederum ein Objekt des Universums über das man präzise in ZFC, nicht aber in ZFC' sprechen kann. Die Menge [mm] $\omega^Z$ [/mm] wird also nicht durch [mm] $\omega$ [/mm] (in ZFC) präzisiert und [mm] $\omega$ [/mm] (in ZFC') präzisiert zwar [mm] $\omega^Z$ [/mm] aber eben nicht als Menge (in ZFC)!
ZFC dient als sogenannte Hintergrundmengenlehre. Das hier besprochene ZFC' kann diese Aufgabe nicht übernehmen, obwohl durchaus andere Erweiterungen von ZFC als Hintergrundmengenlehre in Frage kommen können.
LG mathfunnel
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 05:27 Fr 01.02.2013 | Autor: | tobit09 |
Hallo mathfunnel,
> > Um es nicht komplizierter als nötig zu machen: Wir
> gehen
> > von einem "Universum von Mengen" aus, das ZFC genügt.
> > Nicht etwa von einem (mengengroßen?) ZFC-Modell innerhalb
> > eines (ZFC-) "Universums von Mengen". Es reicht mir,
> > [mm](\omega,S,0)[/mm] zu betrachten.
>
> Du sprichst also nicht von Modellen von ZFC, sondern von
> einem erweiterten Axiomensystem ZFC'
> das neben den Axiomen von ZFC noch weitere enthält.
Nein. Wie kommst du darauf?
> > > Will man
> > > allerding der Skizze ein Objekt des Universums zuordnen, so
> > > bietet sich hier [mm](\omega^Z, \in_{\omega^Z})[/mm] an, da dann
> > > z.B. die existierende! Menge der grünen Element nicht
> > > wegdiskutiert werden muss.
> > Warum sollte im "Universum der Mengen" eine Menge
> > existieren, die genau die grünen Elemente enthält?
>
> Das erkläre ich weiter unten.
Wie gesagt: Eine solche Erklärung würde das Problem in Luft auflösen lassen. Ich habe jedoch in deinen Mitteilungen keine solche Erklärung gefunden.
> > Ich wäre gespannt auf eine Argumentation, dass keine
> > "unerreichbaren" Elemente existieren. Zumindest ein
> > Professor und Autor eines Mengenlehre-Skriptes hat offenbar
> > keine gefunden.
> >
>
> Du sprichst also nicht von Modellen von ZFC sondern von
> einer Erweiterung ZFC' von ZFC, die, metasprachlich
> ausgedrückt, die Existenz von nichtstandard natürlichen
> Zahlen behauptet.
Nein, wie käme ich denn dazu?
Kann es sein, dass vielmehr du von einer (nicht in einer Sprache der Prädikatenlogik der ersten Stufe formulierten) Erweiterung ZFC* von ZFC als Hintergrundmengenlehre ausgehst, die die Nichtexistenz von Nichtstandard-natürlichen-Zahlen behauptet?
Viele Grüße
Tobias
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 21:37 Fr 01.02.2013 | Autor: | mathfunnel |
Hallo Tobias!
Ein paar Bezeichnungen:
$A$ - die von dir skizzierte Menge
HML - Hintergrundmengenlehre
$U$ - mathematisches Universum mit ZFC als HML
[mm] $\Phi$ [/mm] ZFC-Ausdrücke, die die Existenz eines 'roten Elements' bzw. einer nichtstandard natürlichen Zahl symbolisieren.
> Hallo mathfunnel,
>
>
> > > Um es nicht komplizierter als nötig zu machen: Wir
> > gehen
> > > von einem "Universum von Mengen" aus, das ZFC genügt.
> > > Nicht etwa von einem (mengengroßen?) ZFC-Modell innerhalb
> > > eines (ZFC-) "Universums von Mengen". Es reicht mir,
> > > [mm](\omega,S,0)[/mm] zu betrachten.
> >
> > Du sprichst also nicht von Modellen von ZFC, sondern von
> > einem erweiterten Axiomensystem ZFC'
> > das neben den Axiomen von ZFC noch weitere enthält.
> Nein. Wie kommst du darauf?
Ich komme darauf, weil du scheinbar nicht ausschließen kannst, dass $A$ in $U$ existiert und von [mm] $\omega$ [/mm] präzisiert wird. Nehmen wir also an, dass dieses $A$ in $U$ existiert. Dann ist ZFC + [mm] $\Phi$ [/mm] die HML von $U$ und nicht ZFC, da [mm] $\Phi$ [/mm] nicht aus ZFC abgeleitet werden kann.
>
>
> > > > Will man
> > > > allerding der Skizze ein Objekt des Universums zuordnen, so
> > > > bietet sich hier [mm](\omega^Z, \in_{\omega^Z})[/mm] an, da dann
> > > > z.B. die existierende! Menge der grünen Element nicht
> > > > wegdiskutiert werden muss.
> > > Warum sollte im "Universum der Mengen" eine Menge
> > > existieren, die genau die grünen Elemente enthält?
> >
> > Das erkläre ich weiter unten.
> Wie gesagt: Eine solche Erklärung würde das Problem in
> Luft auflösen lassen. Ich habe jedoch in deinen
> Mitteilungen keine solche Erklärung gefunden.
Weil du ZFC + [mm] $\Phi$ [/mm] als HML benutzt.
>
>
> > > Ich wäre gespannt auf eine Argumentation, dass keine
> > > "unerreichbaren" Elemente existieren. Zumindest ein
> > > Professor und Autor eines Mengenlehre-Skriptes hat offenbar
> > > keine gefunden.
> > >
> >
> > Du sprichst also nicht von Modellen von ZFC sondern von
> > einer Erweiterung ZFC' von ZFC, die, metasprachlich
> > ausgedrückt, die Existenz von nichtstandard natürlichen
> > Zahlen behauptet.
> Nein, wie käme ich denn dazu?
Indem du $A$ mit ZFC-Ausdrücken definierst!
>
>
> Kann es sein, dass vielmehr du von einer (nicht in einer
> Sprache der Prädikatenlogik der ersten Stufe formulierten)
> Erweiterung ZFC* von ZFC als Hintergrundmengenlehre
> ausgehst, die die Nichtexistenz von
> Nichtstandard-natürlichen-Zahlen behauptet?
Nein, davon gehe ich nicht aus!
>
> Viele Grüße
> Tobias
LG mathfunnel
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 04:45 Di 05.02.2013 | Autor: | tobit09 |
Hallo mathfunnel,
> Ein paar Bezeichnungen:
>
> [mm]A[/mm] - die von dir skizzierte Menge
>
> HML - Hintergrundmengenlehre
>
> [mm]U[/mm] - mathematisches Universum mit ZFC als HML
>
> [mm]\Phi[/mm] ZFC-Ausdrücke, die die Existenz eines 'roten
> Elements' bzw. einer nichtstandard natürlichen Zahl
> symbolisieren.
Ich vermute, dass sich die Existenz eines "roten Elementes" gar nicht als Gesamtheit von Sätzen in der Sprache der Mengenlehre formulieren lässt.
> > > Du sprichst also nicht von Modellen von ZFC, sondern von
> > > einem erweiterten Axiomensystem ZFC'
> > > das neben den Axiomen von ZFC noch weitere enthält.
> > Nein. Wie kommst du darauf?
>
> Ich komme darauf, weil du scheinbar nicht ausschließen
> kannst, dass [mm]A[/mm] in [mm]U[/mm] existiert und von [mm]\omega[/mm] präzisiert
> wird. Nehmen wir also an, dass dieses [mm]A[/mm] in [mm]U[/mm] existiert.
(...und [mm] $\omega$ [/mm] die Gestalt A hat.) O.K.
> Dann ist ZFC + [mm]\Phi[/mm] die HML von [mm]U[/mm] und nicht ZFC, da [mm]\Phi[/mm]
> nicht aus ZFC abgeleitet werden kann.
Quatsch.
(Nehmen wir der Einfachheit halber mal an, dass ZFC konsistent ist und [mm] $\Phi$ [/mm] tatsächlich nicht aus ZFC abgeleitet werden kann.)
Es muss doch keineswegs alles, was für U gilt, aus der Hintergrundmengenlehre abgeleitet werden können. Beispielsweise gilt für unser ZFC-Universum U die Kontinuumshypothese oder sie gilt nicht für U. Dennoch ist (im Falle der Konsistenz von ZFC) bekanntlich weder die Kontinuumshypothese noch ihr Gegenteil aus ZFC ableitbar.
> > > > > Will man
> > > > > allerding der Skizze ein Objekt des Universums zuordnen, so
> > > > > bietet sich hier [mm](\omega^Z, \in_{\omega^Z})[/mm] an, da dann
> > > > > z.B. die existierende! Menge der grünen Element nicht
> > > > > wegdiskutiert werden muss.
> > > > Warum sollte im "Universum der Mengen" eine Menge
> > > > existieren, die genau die grünen Elemente enthält?
> > >
> > > Das erkläre ich weiter unten.
> > Wie gesagt: Eine solche Erklärung würde das Problem
> in
> > Luft auflösen lassen. Ich habe jedoch in deinen
> > Mitteilungen keine solche Erklärung gefunden.
>
> Weil du ZFC + [mm]\Phi[/mm] als HML benutzt.
Selbst wenn ich [mm] ZFC+$\Phi$ [/mm] als HML benutzen WÜRDE: Du behauptest doch, du könnest die Nichtexistenz "roter Elemente" aus ZFC begründen. Dann müsstest du diese Nichtexistenz doch erst recht aus [mm] ZFC+$\Phi$ [/mm] begründen können. [mm] (ZFC+$\Phi$ [/mm] wäre dann eben inkonsistent.)
Formuliere doch einmal eine Begründung der Nichtexistenz "roter Elemente" aus ZFC. (Diese Begründung sollte ohne das Wort "du" auskommen... )
Viele Grüße
Tobias
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 07:27 Mi 06.02.2013 | Autor: | mathfunnel |
Hallo Tobias!
> Hallo mathfunnel,
>
>
> > Ein paar Bezeichnungen:
> >
> > [mm]A[/mm] - die von dir skizzierte Menge
> >
> > HML - Hintergrundmengenlehre
> >
> > [mm]U[/mm] - mathematisches Universum mit ZFC als HML
> >
> > [mm]\Phi[/mm] ZFC-Ausdrücke, die die Existenz eines 'roten
> > Elements' bzw. einer nichtstandard natürlichen Zahl
> > symbolisieren.
> Ich vermute, dass sich die Existenz eines "roten
> Elementes" gar nicht als Gesamtheit von Sätzen in der
> Sprache der Mengenlehre formulieren lässt.
Erweitere die Symbolmenge der Sprache von ZFC um eine Konstante $c$.
Betrachte [mm] $\Phi [/mm] = [mm] \{c \in \omega, \neg c \equiv \mathbf 0, \neg c \equiv \mathbf 1, \ldots\}$.
[/mm]
> > > > Du sprichst also nicht von Modellen von ZFC, sondern von
> > > > einem erweiterten Axiomensystem ZFC'
> > > > das neben den Axiomen von ZFC noch weitere enthält.
> > > Nein. Wie kommst du darauf?
> >
> > Ich komme darauf, weil du scheinbar nicht ausschließen
> > kannst, dass [mm]A[/mm] in [mm]U[/mm] existiert und von [mm]\omega[/mm] präzisiert
> > wird. Nehmen wir also an, dass dieses [mm]A[/mm] in [mm]U[/mm] existiert.
> (...und [mm]\omega[/mm] die Gestalt A hat.) O.K.
>
> > Dann ist ZFC + [mm]\Phi[/mm] die HML von [mm]U[/mm] und nicht ZFC, da [mm]\Phi[/mm]
> > nicht aus ZFC abgeleitet werden kann.
> Quatsch.
>
> (Nehmen wir der Einfachheit halber mal an, dass ZFC
> konsistent ist und [mm]\Phi[/mm] tatsächlich nicht aus ZFC
> abgeleitet werden kann.)
>
> Es muss doch keineswegs alles, was für U gilt, aus der
> Hintergrundmengenlehre abgeleitet werden können.
> Beispielsweise gilt für unser ZFC-Universum U die
> Kontinuumshypothese oder sie gilt nicht für U. Dennoch ist
> (im Falle der Konsistenz von ZFC) bekanntlich weder die
> Kontinuumshypothese noch ihr Gegenteil aus ZFC ableitbar.
Das habe ich nicht bestritten.
Wird beispielsweise die Annahmen getroffen, dass die Kontinuumshypothese (CH) wahr ist, dann gehört CH zur HML des Universums und ZFC + CH ist deren Präzisierung.
> > > > > > Will man
> > > > > > allerding der Skizze ein Objekt des Universums zuordnen, so
> > > > > > bietet sich hier [mm](\omega^Z, \in_{\omega^Z})[/mm] an, da dann
> > > > > > z.B. die existierende! Menge der grünen Element nicht
> > > > > > wegdiskutiert werden muss.
> > > > > Warum sollte im "Universum der Mengen" eine
> Menge
> > > > > existieren, die genau die grünen Elemente enthält?
> > > >
> > > > Das erkläre ich weiter unten.
> > > Wie gesagt: Eine solche Erklärung würde das
> Problem
> > in
> > > Luft auflösen lassen. Ich habe jedoch in deinen
> > > Mitteilungen keine solche Erklärung gefunden.
> >
> > Weil du ZFC + [mm]\Phi[/mm] als HML benutzt.
> Selbst wenn ich ZFC+[mm]\Phi[/mm] als HML benutzen WÜRDE: Du
> behauptest doch, du könnest die Nichtexistenz "roter
> Elemente" aus ZFC begründen. Dann müsstest du diese
> Nichtexistenz doch erst recht aus ZFC+[mm]\Phi[/mm] begründen
> können. (ZFC+[mm]\Phi[/mm] wäre dann eben inkonsistent.)
Ich behaupte, dass die Menge [mm] $\mathbb [/mm] N$ der naiven natürlichen Zahlen, ein Objekt des 'mathematischen Universums', keine nichtstandard natürlichen Zahlen ('rote Elemente') enthält und folglich auch nicht [mm] $\omega$.
[/mm]
> Formuliere doch einmal eine Begründung der Nichtexistenz
> "roter Elemente" aus ZFC. (Diese Begründung sollte ohne
> das Wort "du" auskommen... )
Ich begründe die Nichtexistenz der 'roten Elemente' damit, dass [mm] $\Phi$ [/mm] im Universum nicht wahr ist, da [mm] $\mathbb [/mm] N$ kein Element [mm] $\kappa$ [/mm] enthält, für das die abzählbar vielen Aussagen [mm] $\kappa \neq [/mm] 0, [mm] \kappa \neq [/mm] 1, [mm] \ldots$ [/mm] gelten.
Aus der Ausdrucksschwäche von ZFC, vorangehende Aussage nicht formalisieren zu können (Sie kann aber z.B. in einer infinitären Sprache formalisiert werden (siehe eine frühere Mitteilung von mir)), kann aber nicht gefolgert werden, dass die von dir skizzierte Struktur von $ [mm] (\omega,\textbf S,\textbf [/mm] 0)$ präzisiert werden kann.
Die für wahr gehaltenen Aussagen über das Universum bestimmen dessen HML und nicht die Erweiterungsmöglichkeiten oder Ausdrucksstärken der zugehörigen Axiomensysteme.
ZFC + [mm] $\Phi$ [/mm] ist deswegen, im Gegensatz zu einer der beiden Möglichkeiten ZFC + CH oder ZFC + [mm] $\neg$CH [/mm] keine mögliche Präzisierung einer HML des mathematischen Universums.
> Viele Grüße
> Tobias
LG mathfunnel
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 18:07 Mo 28.01.2013 | Autor: | tobit09 |
> > > Eine Peano-Struktur 'sieht nicht aus' wie das, was du
> > > skizziert hast, zumindest in dem Sinn, in dem ich 'sieht
> > > aus wie' interpretiere.
> >
> > Tobias stört, daß die ZFC-Axiome nicht ausschließen,
> > daß [mm](\omega, S, 0)[/mm] etwa so aussieht:
> >
> > (x x x x x ...) (... x x x x x ...)
> >
>
> Die Visualisierung stellt wohl ein Ordnungsrelation im
> Sinne von '[mm]<[/mm]' dar.
> Die natürliche Ordnung der 'naiven' Menge der
> natürlichen Zahlen wird in ZFC durch die Wohlordnung
> [mm](\omega, \in_{\omega})[/mm] dargestellt. Damit ist diese
> Struktur (mit naheliegender Definition von [mm]\in_{\omega}[/mm])
> also nicht mit der Visualisierung zu vereinbaren.
Wolfgang hat den entscheidenden Punkt genannt und näher erläutert: Ob die von mir skizzierte Ordnung eine Wohlordnung ist, hängt von der Frage ab, was für Mengen es gibt.
> Die Visualisierung stellt eine Ordnungsrelation dar und
> nicht (nur) eine Nachfolgerfunktion (ein rotes Element ist
> zwar größer als ein grünes Element, aber es ist kein
> Nachfolger eines grünen Elements), oder wie sollte das
> Bild sonst zu verstehen sein?
Da hast du recht. (Wobei ja jede Peano-Struktur eine Ordnungsrelation induziert.)
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 20:24 Do 31.01.2013 | Autor: | mathfunnel |
Hallo Tobias.
> > > > Eine Peano-Struktur 'sieht nicht aus' wie das, was du
> > > > skizziert hast, zumindest in dem Sinn, in dem ich 'sieht
> > > > aus wie' interpretiere.
> > >
> > > Tobias stört, daß die ZFC-Axiome nicht ausschließen,
> > > daß [mm](\omega, S, 0)[/mm] etwa so aussieht:
> > >
> > > (x x x x x ...) (... x x x x x ...)
> > >
> >
> > Die Visualisierung stellt wohl ein Ordnungsrelation im
> > Sinne von '[mm]<[/mm]' dar.
> > Die natürliche Ordnung der 'naiven' Menge der
> > natürlichen Zahlen wird in ZFC durch die Wohlordnung
> > [mm](\omega, \in_{\omega})[/mm] dargestellt. Damit ist diese
> > Struktur (mit naheliegender Definition von [mm]\in_{\omega}[/mm])
> > also nicht mit der Visualisierung zu vereinbaren.
> Wolfgang hat den entscheidenden Punkt genannt und näher
> erläutert: Ob die von mir skizzierte Ordnung eine
> Wohlordnung ist, hängt von der Frage ab, was für Mengen
> es gibt.
Und davon, was als Menge angesehen werden kann!
>
>
> > Die Visualisierung stellt eine Ordnungsrelation dar und
> > nicht (nur) eine Nachfolgerfunktion (ein rotes Element ist
> > zwar größer als ein grünes Element, aber es ist kein
> > Nachfolger eines grünen Elements), oder wie sollte das
> > Bild sonst zu verstehen sein?
> Da hast du recht. (Wobei ja jede Peano-Struktur eine
> Ordnungsrelation induziert.)
LG mathfunnel
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 17:58 Mo 28.01.2013 | Autor: | tobit09 |
Hallo mathfunnel,
auch dir für meine späte Reaktion!
> > Im Prinzip kannst du natürlich alles, was du willst,
> > "'mengentheoretische' Menge der natürlichen Zahlen"
> > nennen. Das ändert aber nichts daran, dass [mm](\omega,\textbf S,\textbf 0)[/mm]
> > eben nicht notwendig so aussieht, wie wir es von einer
> > Menge der natürlichen Zahlen erwarten, sondern z.B. auch
> > aussehen könnte wie die Struktur [mm]\mathbf{A}[/mm].
> >
>
> Doch, [mm](\omega,\textbf S,\textbf 0)[/mm] 'sieht so aus', wie wir
> es erwarten.
Dachte ich ja auch bis vor kurzem. Aber kannst du die Nichtexistenz "unerreichbarer" ("roter") Elemente widerlegen?
> > > Die von dir skizzierte Struktur [mm]\mathbf{A}[/mm] (abzählbares
> > > Nichtstandardmodell der Arithmetik)
> > > ist ein Beweis dafür, dass sich die Peano-Struktur
> in
> > > einer Sprache erster Stufe nicht axiomatisieren läßt.
> > > ([mm]\mathbf{A}[/mm] ist nicht isomorph zum Standardmodell.)
> > > ZFC ist gerade auch deshalb hilfreich, da jetzt in
> ZFC
> > > eine Peano-Struktur definiert werden kann, ohne eine
> > > Sprache zweiter Stufe zu bemühen.
> > Sicherlich wird formal eine Peano-Struktur definiert.
> Aber
> > dass eine Peano-Struktur aussehen kann wie [mm]\mathbf A[/mm] ist
> > sicherlich nicht im Sinne Peanos.
> >
>
> Eine Peano-Struktur ist eine Struktur
> [mm](A, \sigma, \nu)[/mm] für die die Peano-Axiome gelten!
> Kannst du also [mm]\mathbf{A}[/mm] als Struktur [mm](A, \sigma, \nu)[/mm]
> definieren und beweisen, dass die Peano-Axiome gelten?
> Wie definierst du eine Ordnungsrelation über [mm]A[/mm]?
> Eine Peano-Struktur 'sieht nicht aus' wie das, was du
> skizziert hast, zumindest in dem Sinn, in dem ich 'sieht
> aus wie' interpretiere.
Wir sind uns einig, dass [mm] $(\omega,\textbf{S},\textbf{0})$ [/mm] beweisbar den Peano-Axiomen genügt. Nun ist die Frage: Könnte [mm] $(\omega,\textbf{S},\textbf{0})$ [/mm] wie die von mir skizzierte Struktur [mm] $\mathbf{A}$ [/mm] aussehen?
Beweisen kann ich die Antwort "ja" nicht. Ein solcher Beweis würde insbesondere die Konsistenz von ZFC beweisen, was ja offenbar noch niemandem gelungen ist.
Aber schon die Tatsache, dass sich die Antwort "ja" nicht ausschließen lässt, führt dazu, dass wir eigentlich nicht mehr von der "Menge" der natürlichen Zahlen sprechen können.
> > Z.B. könnte [mm]\mathbf A=\omega[/mm] gelten.
>
> Du meinst [mm]\mathbf A = (\omega,\textbf S,\textbf 0)[/mm]?
Ja.
> Weiter wird in dieser Diskussion der Begriff der
> 'erreichbaren natürlichen Zahlen' benutzt, der, in dem
> hier vermutlich beabsichtigten Sinn, als Alternative zu den
> Peano Axiomen, in einer infinitären Sprache formalisiert
> werden kann:
>
> [mm]\forall x \neg \sigma x \equiv 0[/mm]
>
> [mm]\forall x \forall y \sigma x \equiv \sigma y \rightarrow x \equiv y[/mm]
>
> [mm]\forall x \bigvee \{x \equiv \underbrace{\sigma\ldots \sigma}_{n-mal} 0: n \geq 0\}[/mm]
>
> ([mm]\bigvee[/mm] ist das Symbol für eine Disjunktion von
> abzählbar vielen Ausdrücken.)
>
> Auch wenn man das Fehlen dieser Ausdrucksmöglichkeit in
> ZFC bemängelt, ändert das nichts daran, dass [mm]\omega[/mm] auch
> in dieser Beziehung mit der 'naiven' Menge der natürlichen
> Zahlen ohne Probleme identifiziert werden kann. Denn es
> gilt 'naiv':
> Jedes Element [mm]n \neq 0[/mm] der Menge [mm]\mathbb N[/mm] der
> natürlichen Zahlen hat die Gestalt [mm]0+1[/mm] oder [mm]0+1+1[/mm] oder
> [mm]\ldots[/mm] .
>
> Also versuchen wir eine 'naive' Definition der Menge
> [mm]\mathbb N[/mm] der natürlichen bzw. erreichbaren Zahlen z.B.
> mit:
>
> [mm]\mathbb N := \{n: n = \sum\limits_{i=1}^k 1, k \in ? \}[/mm]
>
> Für [mm]?[/mm] kann wohl schlecht [mm]\mathbb N[/mm] stehen.
>
> Also versuchen wir es immer noch naiv, aber besser:
>
> [mm]\mathbb N[/mm] ist die kleinste Menge, die [mm]0[/mm] und mit jedem [mm]n[/mm]
> auch [mm]n+1[/mm] enthält.
Und schon hier ist nicht ausgeschlossen, dass [mm] $\mathbb [/mm] N$ "unerreichbare" Elemente enthält.
> Genau das drückt die Menge [mm]\omega[/mm] formal präzise dadurch
> aus, dass sie im Sinne der Teilmengenbeziehung die
> [mm]\textbf{kleinste}[/mm] induktive Menge in ZFC ist.
>
> Was soll also das Problem sein an der Identifikation von
> [mm]\omega[/mm] mit der Menge der (naiven) natürlichen Zahlen?
>
> Bisher sehe ich keine Eigenschaft von [mm]\omega[/mm], die meiner
> Vorstellung von der Menge der natürlichen Zahlen
> widerspricht!
Die nicht ausgeschlossene Existenz "unerreichbarer" Elemente.
Viele Grüße
Tobias
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 20:22 Do 31.01.2013 | Autor: | mathfunnel |
Hallo Tobias!
> Hallo mathfunnel,
>
>
> auch dir für meine späte Reaktion!
>
>
> > > Im Prinzip kannst du natürlich alles, was du willst,
> > > "'mengentheoretische' Menge der natürlichen Zahlen"
> > > nennen. Das ändert aber nichts daran, dass [mm](\omega,\textbf S,\textbf 0)[/mm]
> > > eben nicht notwendig so aussieht, wie wir es von einer
> > > Menge der natürlichen Zahlen erwarten, sondern z.B. auch
> > > aussehen könnte wie die Struktur [mm]\mathbf{A}[/mm].
> > >
> >
> > Doch, [mm](\omega,\textbf S,\textbf 0)[/mm] 'sieht so aus', wie wir
> > es erwarten.
> Dachte ich ja auch bis vor kurzem. Aber kannst du die
> Nichtexistenz "unerreichbarer" ("roter") Elemente
> widerlegen?
Ja! (Dazu muss man wissen, was ein Element einer Menge ist.
Siehe auch meine folgenden Mitteilungen)
>
>
> > > > Die von dir skizzierte Struktur [mm]\mathbf{A}[/mm] (abzählbares
> > > > Nichtstandardmodell der Arithmetik)
> > > > ist ein Beweis dafür, dass sich die
> Peano-Struktur
> > in
> > > > einer Sprache erster Stufe nicht axiomatisieren läßt.
> > > > ([mm]\mathbf{A}[/mm] ist nicht isomorph zum Standardmodell.)
> > > > ZFC ist gerade auch deshalb hilfreich, da jetzt
> in
> > ZFC
> > > > eine Peano-Struktur definiert werden kann, ohne eine
> > > > Sprache zweiter Stufe zu bemühen.
> > > Sicherlich wird formal eine Peano-Struktur
> definiert.
> > Aber
> > > dass eine Peano-Struktur aussehen kann wie [mm]\mathbf A[/mm] ist
> > > sicherlich nicht im Sinne Peanos.
> > >
> >
> > Eine Peano-Struktur ist eine Struktur
> > [mm](A, \sigma, \nu)[/mm] für die die Peano-Axiome gelten!
> > Kannst du also [mm]\mathbf{A}[/mm] als Struktur [mm](A, \sigma, \nu)[/mm]
> > definieren und beweisen, dass die Peano-Axiome gelten?
> > Wie definierst du eine Ordnungsrelation über [mm]A[/mm]?
> > Eine Peano-Struktur 'sieht nicht aus' wie das, was du
> > skizziert hast, zumindest in dem Sinn, in dem ich 'sieht
> > aus wie' interpretiere.
> Wir sind uns einig, dass [mm](\omega,\textbf{S},\textbf{0})[/mm]
> beweisbar den Peano-Axiomen genügt. Nun ist die Frage:
> Könnte [mm](\omega,\textbf{S},\textbf{0})[/mm] wie die von mir
> skizzierte Struktur [mm]\mathbf{A}[/mm] aussehen?
Nein, wobei 'aussehen wie' irgendwie ungenau ist, oder?
>
> Beweisen kann ich die Antwort "ja" nicht. Ein solcher
> Beweis würde insbesondere die Konsistenz von ZFC beweisen,
> was ja offenbar noch niemandem gelungen ist.
>
> Aber schon die Tatsache, dass sich die Antwort "ja" nicht
> ausschließen lässt, führt dazu, dass wir eigentlich
> nicht mehr von der "Menge" der natürlichen Zahlen sprechen
> können.
Doch, wir können von der Menge der natürlichen Zahlen sprechen.
>
>
> > > Z.B. könnte [mm]\mathbf A=\omega[/mm] gelten.
> >
> > Du meinst [mm]\mathbf A = (\omega,\textbf S,\textbf 0)[/mm]?
> Ja.
>
>
> > Weiter wird in dieser Diskussion der Begriff der
> > 'erreichbaren natürlichen Zahlen' benutzt, der, in dem
> > hier vermutlich beabsichtigten Sinn, als Alternative zu den
> > Peano Axiomen, in einer infinitären Sprache formalisiert
> > werden kann:
> >
> > [mm]\forall x \neg \sigma x \equiv 0[/mm]
> >
> > [mm]\forall x \forall y \sigma x \equiv \sigma y \rightarrow x \equiv y[/mm]
>
> >
> > [mm]\forall x \bigvee \{x \equiv \underbrace{\sigma\ldots \sigma}_{n-mal} 0: n \geq 0\}[/mm]
>
> >
> > ([mm]\bigvee[/mm] ist das Symbol für eine Disjunktion von
> > abzählbar vielen Ausdrücken.)
> >
> > Auch wenn man das Fehlen dieser Ausdrucksmöglichkeit in
> > ZFC bemängelt, ändert das nichts daran, dass [mm]\omega[/mm] auch
> > in dieser Beziehung mit der 'naiven' Menge der natürlichen
> > Zahlen ohne Probleme identifiziert werden kann. Denn es
> > gilt 'naiv':
> > Jedes Element [mm]n \neq 0[/mm] der Menge [mm]\mathbb N[/mm] der
> > natürlichen Zahlen hat die Gestalt [mm]0+1[/mm] oder [mm]0+1+1[/mm] oder
> > [mm]\ldots[/mm] .
> >
> > Also versuchen wir eine 'naive' Definition der Menge
> > [mm]\mathbb N[/mm] der natürlichen bzw. erreichbaren Zahlen z.B.
> > mit:
> >
> > [mm]\mathbb N := \{n: n = \sum\limits_{i=1}^k 1, k \in ? \}[/mm]
> >
> > Für [mm]?[/mm] kann wohl schlecht [mm]\mathbb N[/mm] stehen.
> >
> > Also versuchen wir es immer noch naiv, aber besser:
> >
> > [mm]\mathbb N[/mm] ist die kleinste Menge, die [mm]0[/mm] und mit jedem [mm]n[/mm]
> > auch [mm]n+1[/mm] enthält.
> Und schon hier ist nicht ausgeschlossen, dass [mm]\mathbb N[/mm]
> "unerreichbare" Elemente enthält.
>
> > Genau das drückt die Menge [mm]\omega[/mm] formal präzise dadurch
> > aus, dass sie im Sinne der Teilmengenbeziehung die
> > [mm]\textbf{kleinste}[/mm] induktive Menge in ZFC ist.
> >
> > Was soll also das Problem sein an der Identifikation von
> > [mm]\omega[/mm] mit der Menge der (naiven) natürlichen Zahlen?
> >
> > Bisher sehe ich keine Eigenschaft von [mm]\omega[/mm], die meiner
> > Vorstellung von der Menge der natürlichen Zahlen
> > widerspricht!
> Die nicht ausgeschlossene Existenz "unerreichbarer"
> Elemente.
Das ist keine Eigenschaft von $ [mm] (\omega,\textbf S,\textbf [/mm] 0)$!
(ZFC kann als sogenannte Hintergrundmengenlehre angesehen werden!)
>
>
> Viele Grüße
> Tobias
LG mathfunnel
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Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 02:31 Sa 05.01.2013 | Autor: | Helbig |
Hallo Tobias,
>
>
> mit großer Überraschung musste ich Folgendes
> feststellen:
>
>
> In ZFC lassen sich offensichtlich noch nicht einmal unsere
> "gewöhnlich angeordneten natürlichen Zahlen" als Menge
> betrachten!
Das überrascht mich auch. Aber dann auch wieder nicht
>
> Die kleinste Limes-Ordinalzahl [mm]\omega[/mm] in einem ZFC-Modell,
> die für gewöhnlich als Menge der natürlichen Zahlen
> aufgefasst wird, muss gar nicht aussehen wie die
> "gewöhnlich angeordneten natürlichen Zahlen". Vielmehr
> können möglicherweise durch fortlaufendes
> Nachfolger-Bilden (mit 0 startend) gewisse Elemente von
> [mm]\omega[/mm] nie erreicht werden!
Das ist schlecht. Damit fällt die vollständige Induktion als Beweismethode aus. Oder anders ausgedrückt, es gibt ein [mm] $\omega$, [/mm] für das die Peano-Axiome nicht gelten. Habe ich das richtig verstanden?
>
>
> Bei dieser Erkenntnis bin ich aus allen Wolken gefallen!
> Einer verbreiteten Meinung nach kann ja die gesamte
> Mathematik auf ZFC aufgebaut werden. Und nun lässt sich
> noch nicht einmal die Gesamtheit der natürlichen Zahlen,
> wie wir sie in der Grundschule kennengelernt haben, in
> ZFC-Modellen wiederfinden!
>
>
> Ich würde mich über Einschätzungen/Meinungen zu
> Teilaspekten dieser Problematik freuen!
>
> Z.B. fallen mir folgende Fragen ein:
>
>
> Benötigen wir nicht eine stärkere Grundlage für die
> Mathematik als ZFC? Oder anders gefragt: Sind nicht die
> Peano-Axiome zu schwach, da sie nicht sicherzustellen
> vermögen, dass sie "unsere gewöhnlichen natürlichen
> Zahlen" beschreiben?
Das verstehe ich jetzt nicht. Aus den Peano-Axiomen folgt doch, daß jede natürliche Zahl durch Nachfolgerbildung erreicht werden kann:
Sei M die Menge der "erreichbaren" natürlichen Zahlen:
0 ist in M.
Ist n in M, so ist auch der Nachfolger von n in M.
Damit ist nach dem Induktionsprinzip [mm] M=$\omega$.
[/mm]
>
> Da die Menge der wahren arithmetischen Formeln nicht
> rekursiv aufzählbar ist, erscheint es mir fraglich, ob
> sich die natürlichen Zahlen überhaupt irgendwie auf eine
> "axiomatische Grundlage" (was auch immer man genau darunter
> verstehen will...) stellen zu können. Müssen wir also
> damit Vorlieb nehmen, schon so "einfache" Dinge wie die
> natürlichen Zahlen nur intuitiv und nicht formal
> beschreiben zu können?
Was heißt "beschreiben", "intuitiv" und "formal". Ich habe da eine eher pragmatische, andere würden vielleicht sagen, naive, Einstellung. Ich setze voraus, daß die Peano-Axiome widerspruchsfrei sind. Und ich setze einige harmlose Mengenoperationen voraus:
Aus einer Menge kann ich eine Teilmenge bilden.
Sind M und N Mengen so ist das kartesische Produkt MxN eine Menge.
Ist M eine Menge, so ist die Menge aller Teilmengen von M eine Menge.
Ist M eine Teilmenge einer Potenzmenge, so ist die Vereinigung der Elemente von M eine Menge.
Ist M eine nichtleere Menge von Mengen, so ist der Durchschnitt der Elemente von M eine Menge.
Diese Axiome zusammen mit den Peano-Axiomen, nach denen insbesondere die Trägermenge eine Menge ist, sind "glaubwürdig". Sie scheinen mir ausreichend, um Aussagen über Gezähltes und Gemessenes, also über die Dinge des täglichen Lebens, zu begründen. Mehr fordere ich nicht von der Mathematik.
>
> Warum beschäftigt sich anscheinend niemand mit dieser
> Problematik? Sie erscheint mir sehr grundlegend für die
> Mathematik... Stattdessen wird die Problematik sogar in
> Vorlesungen über Mengenlehre verschwiegen und so getan,
> als hätte man unsere natürlichen Zahlen in ZFC-Modellen
> wiedergefunden. Ist das nicht ein skandalöser Betrug?
Ist es!
>
> Müsste nicht gerade die Zahlentheorie daran interessiert
> sein, die Grenzen der Peano-Axiome zu sprengen, um Aussagen
> zu "zeigen", die nicht aus diesen Axiomen folgen, aber
> dennoch für unsere "gewöhnlichen natürlichen Zahlen"
> gelten? Aber wie kann ein solches "Zeigen" überhaupt
> aussehen?
Indem man zusätzliche Axiome aufstellt.
>
> Ist unser Modellbegriff der mathematischen Logik ("Modelle
> sind spezielle Mengen") nicht überarbeitungsbedürftig,
> wenn wir so nicht mal "das Standard-Modell der natürlichen
> Zahlen" als Modell haben? Gibt es im Sinne eines geeignet
> überarbeiteten Modell-Begriffes im Falle der Konsistenz
> von ZFC wenigstens ein Modell von ZFC, dessen natürliche
> Zahlen wie unsere "gewöhnlichen natürlichen Zahlen"
> aussehen?
Für mich gibt es "die" natürlichen Zahlen gar nicht. Sondern Zahlbereiche, die gewissen Axiomen genügen. Genauso, wie es weder Punkte noch Geraden gibt. Die Zahl "drei" stellt schon eine Abstraktionsleistung des Menschen dar. Es gibt Sprachen, die etwa für "drei Bäume" und für "drei Felder" ganz unterschiedliche Zahlwörter verwenden. In diesen Sprachen kann man wohl schwer über Zahlen reden. Auch wenn Kronecker das anders sieht: Die natürlichen Zahlen hat nicht Gott gemacht. Die Eigenschaften der natürlichen Zahlen hat sich der Mensch ausgedacht, wobei er einige Eigenschaften unbewiesen annimmt.
Dies alles habe ich übrigens fein säuberlich in meinem Bestseller Analysis 0 zu Papier gebracht.
liebe Grüße,
Wolfgang
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 09:29 Sa 05.01.2013 | Autor: | tobit09 |
Hallo Wolfgang,
danke für deinen Beitrag!
> > Die kleinste Limes-Ordinalzahl [mm]\omega[/mm] in einem ZFC-Modell,
> > die für gewöhnlich als Menge der natürlichen Zahlen
> > aufgefasst wird, muss gar nicht aussehen wie die
> > "gewöhnlich angeordneten natürlichen Zahlen". Vielmehr
> > können möglicherweise durch fortlaufendes
> > Nachfolger-Bilden (mit 0 startend) gewisse Elemente von
> > [mm]\omega[/mm] nie erreicht werden!
>
> Das ist schlecht. Damit fällt die vollständige Induktion
> als Beweismethode aus. Oder anders ausgedrückt, es gibt
> ein [mm]\omega[/mm], für das die Peano-Axiome nicht gelten. Habe
> ich das richtig verstanden?
Nein. [mm] $\omega$ [/mm] (mit geeigneter Nachfolgerabbildung) genügt den Peano-Axiomen. Für in der Sprache der Mengenlehre formulierte Aussagen gilt das Beweisprinzip der vollständigen Induktion für [mm] $\omega$.
[/mm]
> > Benötigen wir nicht eine stärkere Grundlage für die
> > Mathematik als ZFC? Oder anders gefragt: Sind nicht die
> > Peano-Axiome zu schwach, da sie nicht sicherzustellen
> > vermögen, dass sie "unsere gewöhnlichen natürlichen
> > Zahlen" beschreiben?
>
> Das verstehe ich jetzt nicht. Aus den Peano-Axiomen folgt
> doch, daß jede natürliche Zahl durch Nachfolgerbildung
> erreicht werden kann:
Dachte ich auch bis vor ein paar Tagen...
> Sei M die Menge der "erreichbaren" natürlichen Zahlen:
Eine solche Menge muss eben nicht existieren. Das ist das Problem...
> > Da die Menge der wahren arithmetischen Formeln nicht
> > rekursiv aufzählbar ist, erscheint es mir fraglich, ob
> > sich die natürlichen Zahlen überhaupt irgendwie auf eine
> > "axiomatische Grundlage" (was auch immer man genau darunter
> > verstehen will...) stellen zu können. Müssen wir also
> > damit Vorlieb nehmen, schon so "einfache" Dinge wie die
> > natürlichen Zahlen nur intuitiv und nicht formal
> > beschreiben zu können?
>
> Was heißt "beschreiben", "intuitiv" und "formal".
Unter "intuitiv beschreiben" verstehe ich ein "Kennenlernen" der natürlichen Zahlen, wie es in der Grundschule stattgefunden hat. Unter "formal beschreiben" verstehe ich eine beispielsweise axiomatische Beschreibung der natürlichen Zahlen, die keine solche Intuition voraussetzt.
> Ich habe
> da eine eher pragmatische, andere würden vielleicht sagen,
> naive, Einstellung. Ich setze voraus, daß die Peano-Axiome
> widerspruchsfrei sind. Und ich setze einige harmlose
> Mengenoperationen voraus:
>
> Aus einer Menge kann ich eine Teilmenge bilden.
Von wegen harmlos...
Was bedeutet das? Welche Art von Teilmengenbildung ist zulässig?
> Diese Axiome zusammen mit den Peano-Axiomen, nach denen
> insbesondere die Trägermenge eine Menge ist, sind
> "glaubwürdig".
Das Problem, dass die durch die Peano-Axiome beschriebene Menge nicht wie die Gesamtheit der gewöhnlichen natürlichen Zahlen aussehen muss, bleibt auch bei deiner Variante der Mengenlehre.
> > Müsste nicht gerade die Zahlentheorie daran interessiert
> > sein, die Grenzen der Peano-Axiome zu sprengen, um Aussagen
> > zu "zeigen", die nicht aus diesen Axiomen folgen, aber
> > dennoch für unsere "gewöhnlichen natürlichen Zahlen"
> > gelten? Aber wie kann ein solches "Zeigen" überhaupt
> > aussehen?
>
> Indem man zusätzliche Axiome aufstellt.
Die Idee klingt für mich vielversprechend!
Leider wird man, da die wahren arithmetischen Formeln nicht rekursiv aufzählbar sind, so wohl nie ein vollständiges Axiomensystem erhalten... Also wird man immer neue Axiome benötigen. Womit die Axiome beliebig kompliziert und unplausibel werden dürften...
Viele Grüße
Tobias
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 11:17 Sa 05.01.2013 | Autor: | Helbig |
Hallo Tobias,
vielen Dank für Deine Aufklärung. Ich habe die neuen Kleider des Kaisers ja eh' nicht gesehen .
> > Das ist schlecht. Damit fällt die vollständige Induktion
> > als Beweismethode aus. Oder anders ausgedrückt, es gibt
> > ein [mm]\omega[/mm], für das die Peano-Axiome nicht gelten. Habe
> > ich das richtig verstanden?
> Nein. [mm]\omega[/mm] (mit geeigneter Nachfolgerabbildung) genügt
> den Peano-Axiomen. Für in der Sprache der Mengenlehre
> formulierte Aussagen gilt das Beweisprinzip der
> vollständigen Induktion für [mm]\omega[/mm].
Na gut. Das reicht mir. Mehr brauche ich nicht!
>
>
> > > Benötigen wir nicht eine stärkere Grundlage für die
> > > Mathematik als ZFC? Oder anders gefragt: Sind nicht die
> > > Peano-Axiome zu schwach, da sie nicht sicherzustellen
> > > vermögen, dass sie "unsere gewöhnlichen natürlichen
> > > Zahlen" beschreiben?
> >
> > Das verstehe ich jetzt nicht. Aus den Peano-Axiomen folgt
> > doch, daß jede natürliche Zahl durch Nachfolgerbildung
> > erreicht werden kann:
> Dachte ich auch bis vor ein paar Tagen...
>
>
> > Sei M die Menge der "erreichbaren" natürlichen Zahlen:
> Eine solche Menge muss eben nicht existieren. Das ist das
> Problem...
Die Existenz so einer Menge ist doch eine Aussage der Peano-Axiome! Jedenfalls in meiner Formulierung. Wenn diese nicht aus ZFC folgen, frage ich mich, wozu ZFC gut sein soll.
>
>
> > > Da die Menge der wahren arithmetischen Formeln nicht
> > > rekursiv aufzählbar ist, erscheint es mir fraglich, ob
> > > sich die natürlichen Zahlen überhaupt irgendwie auf eine
> > > "axiomatische Grundlage" (was auch immer man genau darunter
> > > verstehen will...) stellen zu können. Müssen wir also
> > > damit Vorlieb nehmen, schon so "einfache" Dinge wie die
> > > natürlichen Zahlen nur intuitiv und nicht formal
> > > beschreiben zu können?
> >
> > Was heißt "beschreiben", "intuitiv" und "formal".
> Unter "intuitiv beschreiben" verstehe ich ein
> "Kennenlernen" der natürlichen Zahlen, wie es in der
> Grundschule stattgefunden hat. Unter "formal beschreiben"
> verstehe ich eine beispielsweise axiomatische Beschreibung
> der natürlichen Zahlen, die keine solche Intuition
> voraussetzt.
Für mich leisten die Peano-Axiome genau das!
>
>
> > Ich habe
> > da eine eher pragmatische, andere würden vielleicht sagen,
> > naive, Einstellung. Ich setze voraus, daß die Peano-Axiome
> > widerspruchsfrei sind. Und ich setze einige harmlose
> > Mengenoperationen voraus:
> >
> > Aus einer Menge kann ich eine Teilmenge bilden.
> Von wegen harmlos...
> Was bedeutet das? Welche Art von Teilmengenbildung ist
> zulässig?
Jede! Ich sehe noch keinen Grund, diese irgendwie einzuschränken. Du?
Ich "glaube" schlicht an die Konsistenz meines naiven Begriffs der Menge.
>
>
> > Diese Axiome zusammen mit den Peano-Axiomen, nach denen
> > insbesondere die Trägermenge eine Menge ist, sind
> > "glaubwürdig".
> Das Problem, dass die durch die Peano-Axiome beschriebene
> Menge nicht wie die Gesamtheit der gewöhnlichen
> natürlichen Zahlen aussehen muss, bleibt auch bei deiner
> Variante der Mengenlehre.
Ich habe eigentlich gar keine Mengenlehre. Für mich ist die Mengenlehre nur eine Schreibweise, um z. B. die Peano-Axiome zu formulieren. Und dies auch nur, weil diese Schreibweise so verbreitet ist, und nicht, weil ich sie für besonders nützlich halte.
>
>
> > > Müsste nicht gerade die Zahlentheorie daran interessiert
> > > sein, die Grenzen der Peano-Axiome zu sprengen, um Aussagen
> > > zu "zeigen", die nicht aus diesen Axiomen folgen, aber
> > > dennoch für unsere "gewöhnlichen natürlichen Zahlen"
> > > gelten? Aber wie kann ein solches "Zeigen" überhaupt
> > > aussehen?
> >
> > Indem man zusätzliche Axiome aufstellt.
> Die Idee klingt für mich vielversprechend!
>
> Leider wird man, da die wahren arithmetischen Formeln nicht
> rekursiv aufzählbar sind, so wohl nie ein vollständiges
> Axiomensystem erhalten... Also wird man immer neue Axiome
> benötigen. Womit die Axiome beliebig kompliziert und
> unplausibel werden dürften...
Das mag schon sein. Und ist auch nicht ungewöhnlich. Die Postulate Euklids liefern ja auch kein Verfahren, zu gegebenem Winkel [mm] $\alpha$ [/mm] den Winkel [mm] $\frac \alpha [/mm] 3$ zu konstruieren. Und nichts hindert einen, Zirkel und Lineal durch kompliziertere Geräte zu ergänzen.
liebe Grüße,
Wolfgang
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 14:00 Sa 05.01.2013 | Autor: | tobit09 |
> > [mm]\omega[/mm] (mit geeigneter Nachfolgerabbildung)
> genügt
> > den Peano-Axiomen. Für in der Sprache der Mengenlehre
> > formulierte Aussagen gilt das Beweisprinzip der
> > vollständigen Induktion für [mm]\omega[/mm].
>
> Na gut. Das reicht mir. Mehr brauche ich nicht!
Eine vertretbare Einstellung. Ich erwarte von einer Grundlegung der Mathematik aber, dass sie die in der Grundschule kennengelernten natürlichen Zahlen "repräsentiert".
> > > Sei M die Menge der "erreichbaren" natürlichen Zahlen:
> > Eine solche Menge muss eben nicht existieren. Das ist
> das
> > Problem...
>
> Die Existenz so einer Menge ist doch eine Aussage der
> Peano-Axiome! Jedenfalls in meiner Formulierung.
Ich kenne deine Formulierung nicht. Aber kommt darin wirklich das Wort "erreichbar" vor? Wie definierst du "erreichbar" für jemanden, der die natürlichen Zahlen noch nicht kennt?
> Wenn diese
> nicht aus ZFC folgen, frage ich mich, wozu ZFC gut sein
> soll.
Sie folgen (in der "üblichen" Formulierung) aus ZFC.
> > > Was heißt "beschreiben", "intuitiv" und "formal".
> > Unter "intuitiv beschreiben" verstehe ich ein
> > "Kennenlernen" der natürlichen Zahlen, wie es in der
> > Grundschule stattgefunden hat. Unter "formal beschreiben"
> > verstehe ich eine beispielsweise axiomatische Beschreibung
> > der natürlichen Zahlen, die keine solche Intuition
> > voraussetzt.
>
> Für mich leisten die Peano-Axiome genau das!
Aus meiner tuen sie das nur, wenn es eine den Axiomen genügende Struktur gibt, die wie die "gewöhnlichen" natürlichen Zahlen aussieht. Und das hängt leider von der Gesamtheit der Mengen ab...
> > > Aus einer Menge kann ich eine Teilmenge bilden.
> > Von wegen harmlos...
> > Was bedeutet das? Welche Art von Teilmengenbildung ist
> > zulässig?
>
> Jede! Ich sehe noch keinen Grund, diese irgendwie
> einzuschränken. Du?
Vielleicht brauchen wir gerade eine solche Denkweise. Ich für meinen Teil bin noch sehr im ZFC-Denken verhaftet. Aus dieser Sichtweise stellt sich die Frage:
Was bedeutet "jede Art von Teilmengenbildung ist zulässig"?
Grundphilosophie bei ZFC ist: Wir haben eine Gesamtheit von Mengen. (Ist deine Grundphilosophie eine andere?)
Gewisse dieser Mengen sind Teilmengen anderer Mengen.
In ZFC gibt es das Aussonderungsaxiom, das besagt: Zu jeder Menge $x$ und jeder Formel [mm] $\varphi(z)$ [/mm] in der Sprache der Mengenlehre gibt es eine Teilmenge $y$ von $x$, die genau die Elemente von [mm] $z\in [/mm] x$ enthält, für die die durch [mm] $\varphi(z)$ [/mm] gegebene Aussage zutrifft.
Du meinst mit "jede Art der Teilmengenbildung ist zulässig" sicherlich auch, dass zu jeder Menge $x$ Teilmengen $y$ mit gewissen Eigenschaften auf jeden Fall existieren sollen. Welche Eigenschaften sind das? Sag jetzt nicht: "Alle." Damit wäre der Versuch, den Begriff der Menge axiomatisch zu fassen, lediglich auf den undefinierten Begriff einer "Eigenschaft" zurückgeführt.
Schon mal vielen Dank für den sehr interessanten Austausch!
Vielleicht ist es eine große Chance, dass du noch nicht im ZFC-Denken verhaftet bist... Ich bin jedenfalls weiter auf der Suche nach einer mich zufriedenstellenden Grundlegung der Mathematik. Und dabei können alternative Sichtweisen nur hilfreich sein.
P.S.: Hast du absichtlich kein Extensionalitätsaxiom? Wenn zwei Mengen die gleichen Elemente enthalten, müssen sie bei dir also noch nicht übereinstimmen?
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 18:51 Sa 05.01.2013 | Autor: | Helbig |
Hallo Tobias,
> > > > Sei M die Menge der "erreichbaren" natürlichen Zahlen:
> > > Eine solche Menge muss eben nicht existieren. Das
> ist
> > das
> > > Problem...
> >
> > Die Existenz so einer Menge ist doch eine Aussage der
> > Peano-Axiome! Jedenfalls in meiner Formulierung.
> Ich kenne deine Formulierung nicht. Aber kommt darin
> wirklich das Wort "erreichbar" vor? Wie definierst du
> "erreichbar" für jemanden, der die natürlichen Zahlen
> noch nicht kennt?
"Meine" Formulierung lautet:
Eine Menge (!) $N$ zusammen mit einer Nachfolgerfunktion [mm] $\nu\colon N\to [/mm] N$ und einem Element [mm] $0\in [/mm] N$ bildet eine Peano-Struktur, wenn gilt:
(P1) [mm] $\nu$ [/mm] ist injektiv.
(P2) [mm] $0\notin \nu(N)\,.$
[/mm]
(P3) Ist $M$ eine Teilmenge von $N$, [mm] $0\in [/mm] M$ und mit jedem [mm] $n\in [/mm] M$ auch [mm] $\nu(n)\in M\,,$ [/mm] so ist [mm] $M=N\,.$
[/mm]
Dies ist also nichts anderes als die Übertragung der Axiome Peanos in die Sprache der Mengenlehre. Mit (P3) ist die "Erreichbarkeit" gesichert. Oder, für meine Absichten wesentlich: (P3) erlaubt mir, Eigenschaften aller Elemente von N zu beweisen.
Übrigens, "Existenz" einer Peano-Struktur bedeutet für mich nichts anderes als die Widerspruchsfreiheit dieser Axiome.
Aus ihnen nebst den vier Mengenoperationen kann man tatsächlich z. B. den Begriff der endlichen Menge einführen und eine Theorie der "Größe" solcher Mengen begründen. Sie enthält etwa den Satz
[mm] $M\subseteq [/mm] N [mm] \Rightarrow [/mm] |M| [mm] \le |N|\,.$
[/mm]
Aus "meinen" Axiomen folgt auch die Widerspruchsfreiheit der Axiome eines vollständigen, angeordneten archimedischen Körpers (im Volksmund [mm] $\IR$ [/mm] genannt.)
> Was bedeutet "jede Art von Teilmengenbildung ist
> zulässig"?
>
> Grundphilosophie bei ZFC ist: Wir haben eine Gesamtheit von
> Mengen. (Ist deine Grundphilosophie eine andere?)
Allerdings! Nämlich: Wir haben eine Peano-Struktur. Und die vier Mengenoperationen.
Daraus folgt, zumindest für einen Naiven wie mich, z. B. das Auswahlaxiom: Bei einem Beweis des Überdeckungssatzes von Heine-Borel tritt eine Folge von nichtleeren Mengen komplexer Zahlen [mm] $(M_k)_{k\in\IN}$ [/mm] auf. "Selbstverständlich" habe ich dann auch eine Folge [mm] $(z_k)$ [/mm] mit [mm] $z_k\in M_k\,.$ [/mm] In der axiomatischen Mengenlehre braucht man hierfür wohl das Auswahlaxiom. In meiner Welt nicht.
>
> Gewisse dieser Mengen sind Teilmengen anderer Mengen.
>
> In ZFC gibt es das Aussonderungsaxiom, das besagt: Zu jeder
> Menge [mm]x[/mm] und jeder Formel [mm]\varphi(z)[/mm] in der Sprache der
> Mengenlehre gibt es eine Teilmenge [mm]y[/mm] von [mm]x[/mm], die genau die
> Elemente von [mm]z\in x[/mm] enthält, für die die durch [mm]\varphi(z)[/mm]
> gegebene Aussage zutrifft.
>
> Du meinst mit "jede Art der Teilmengenbildung ist
> zulässig" sicherlich auch, dass zu jeder Menge [mm]x[/mm]
> Teilmengen [mm]y[/mm] mit gewissen Eigenschaften auf jeden Fall
> existieren sollen. Welche Eigenschaften sind das? Sag jetzt
> nicht: "Alle." Damit wäre der Versuch, den Begriff der
> Menge axiomatisch zu fassen, lediglich auf den
> undefinierten Begriff einer "Eigenschaft" zurückgeführt.
Genau! Diesen Begriff muß man definieren, wenn man axiomatische Mengenlehre treibt. Aber nicht, wenn man die Analysis begründen will.
> P.S.: Hast du absichtlich kein Extensionalitätsaxiom? Wenn
> zwei Mengen die gleichen Elemente enthalten, müssen sie
> bei dir also noch nicht übereinstimmen?
Na ja, wenn es zwei Mengen sind, können sie ja nicht übereinstimmen, denn dann wären sie ja eine Menge .
Bei mir liest sich das so:
$M$ und $N$ bezeichnen ein- und dieselbe Menge genau dann, wenn:
[mm] $x\in [/mm] M [mm] \gdw x\in N\,.$
[/mm]
Bezeichnen zwei Terme T und S ein- und dasselbe Ding, so schreiben wir [mm] $T=S\,.$
[/mm]
Die axiomatische Mengenlehre mag durchaus ihre Berechtigung haben, genauso wie die mathematische Logik. Aber beide sind für mich nur Teilgebiete der Mathematik, sie liefern aber keine Begründung der "gesamten" Mathematik. Oder, anders ausgedrückt:
Ich lasse mich durch die axiomatische Mengenlehre nicht aus dem von Euler geschaffenen Paradies vertreiben.
Gruß,
Wolfgang
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> Hallo Tobias,
>
> > > > > Sei M die Menge der "erreichbaren" natürlichen Zahlen:
> > > > Eine solche Menge muss eben nicht existieren. Das
> > ist
> > > das
> > > > Problem...
> > >
> > > Die Existenz so einer Menge ist doch eine Aussage der
> > > Peano-Axiome! Jedenfalls in meiner Formulierung.
> > Ich kenne deine Formulierung nicht. Aber kommt darin
> > wirklich das Wort "erreichbar" vor? Wie definierst du
> > "erreichbar" für jemanden, der die natürlichen Zahlen
> > noch nicht kennt?
>
> "Meine" Formulierung lautet:
>
> Eine Menge (!) [mm]N[/mm] zusammen mit einer Nachfolgerfunktion
> [mm]\nu\colon N\to N[/mm] und einem Element [mm]0\in N[/mm] bildet eine
> Peano-Struktur, wenn gilt:
>
> (P1) [mm]\nu[/mm] ist injektiv.
>
> (P2) [mm]0\notin \nu(N)\,.[/mm]
>
> (P3) Ist [mm]M[/mm] eine Teilmenge von [mm]N[/mm], [mm]0\in M[/mm] und mit jedem [mm]n\in M[/mm]
> auch [mm]\nu(n)\in M\,,[/mm] so ist [mm]M=N\,.[/mm]
>
> Dies ist also nichts anderes als die Übertragung der
> Axiome Peanos in die Sprache der Mengenlehre. Mit (P3) ist
> die "Erreichbarkeit" gesichert. Oder, für meine Absichten
> wesentlich: (P3) erlaubt mir, Eigenschaften aller Elemente
> von N zu beweisen.
Hallo,
Ich habe ja oben schon etwas mitdiskutiert. So wie ich das verstanden habe, lässt sich daraus nicht beweisen, dass gilt:
[mm] $\forall n\in\IN:\forall A\subsetneq\{x\in\IN:x\le n\}:\neg\exists f\in \{x\in\IN:x\le n\}^A:f\text{ bijektiv}$
[/mm]
Dabei ist [mm] X^Y [/mm] die Menge aller Abbildungen [mm] f:Y\to [/mm] X.
Falls Tobias etwas anderes gemeint hat (und ich ihn doch falsch verstanden habe) lasse ich mich aber gerne belehren.
Liebe Grüße
> Übrigens, "Existenz" einer Peano-Struktur bedeutet für
> mich nichts anderes als die Widerspruchsfreiheit dieser
> Axiome.
>
> Aus ihnen nebst den vier Mengenoperationen kann man
> tatsächlich z. B. den Begriff der endlichen Menge
> einführen und eine Theorie der "Größe" solcher Mengen
> begründen. Sie enthält etwa den Satz
>
> [mm]M\subseteq N \Rightarrow |M| \le |N|\,.[/mm]
>
> Aus "meinen" Axiomen folgt auch die Widerspruchsfreiheit
> der Axiome eines vollständigen, angeordneten
> archimedischen Körpers (im Volksmund [mm]\IR[/mm] genannt.)
>
> > Was bedeutet "jede Art von Teilmengenbildung ist
> > zulässig"?
> >
> > Grundphilosophie bei ZFC ist: Wir haben eine Gesamtheit von
> > Mengen. (Ist deine Grundphilosophie eine andere?)
>
> Allerdings! Nämlich: Wir haben eine Peano-Struktur. Und
> die vier Mengenoperationen.
> Daraus folgt, zumindest für einen Naiven wie mich, z. B.
> das Auswahlaxiom: Bei einem Beweis des Überdeckungssatzes
> von Heine-Borel tritt eine Folge von nichtleeren Mengen
> komplexer Zahlen [mm](M_k)_{k\in\IN}[/mm] auf. "Selbstverständlich"
> habe ich dann auch eine Folge [mm](z_k)[/mm] mit [mm]z_k\in M_k\,.[/mm] In
> der axiomatischen Mengenlehre braucht man hierfür wohl das
> Auswahlaxiom. In meiner Welt nicht.
> >
> > Gewisse dieser Mengen sind Teilmengen anderer Mengen.
> >
> > In ZFC gibt es das Aussonderungsaxiom, das besagt: Zu jeder
> > Menge [mm]x[/mm] und jeder Formel [mm]\varphi(z)[/mm] in der Sprache der
> > Mengenlehre gibt es eine Teilmenge [mm]y[/mm] von [mm]x[/mm], die genau die
> > Elemente von [mm]z\in x[/mm] enthält, für die die durch [mm]\varphi(z)[/mm]
> > gegebene Aussage zutrifft.
> >
> > Du meinst mit "jede Art der Teilmengenbildung ist
> > zulässig" sicherlich auch, dass zu jeder Menge [mm]x[/mm]
> > Teilmengen [mm]y[/mm] mit gewissen Eigenschaften auf jeden Fall
> > existieren sollen. Welche Eigenschaften sind das? Sag jetzt
> > nicht: "Alle." Damit wäre der Versuch, den Begriff der
> > Menge axiomatisch zu fassen, lediglich auf den
> > undefinierten Begriff einer "Eigenschaft" zurückgeführt.
>
> Genau! Diesen Begriff muß man definieren, wenn man
> axiomatische Mengenlehre treibt. Aber nicht, wenn man die
> Analysis begründen will.
>
> > P.S.: Hast du absichtlich kein Extensionalitätsaxiom? Wenn
> > zwei Mengen die gleichen Elemente enthalten, müssen sie
> > bei dir also noch nicht übereinstimmen?
>
> Na ja, wenn es zwei Mengen sind, können sie ja nicht
> übereinstimmen, denn dann wären sie ja eine Menge .
>
> Bei mir liest sich das so:
>
> [mm]M[/mm] und [mm]N[/mm] bezeichnen ein- und dieselbe Menge genau dann,
> wenn:
>
> [mm]x\in M \gdw x\in N\,.[/mm]
>
> Bezeichnen zwei Terme T und S ein- und dasselbe Ding, so
> schreiben wir [mm]T=S\,.[/mm]
>
> Die axiomatische Mengenlehre mag durchaus ihre Berechtigung
> haben, genauso wie die mathematische Logik. Aber beide sind
> für mich nur Teilgebiete der Mathematik, sie liefern aber
> keine Begründung der "gesamten" Mathematik. Oder, anders
> ausgedrückt:
>
> Ich lasse mich durch die axiomatische Mengenlehre nicht aus
> dem von Euler geschaffenen Paradies vertreiben.
>
> Gruß,
> Wolfgang
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 19:32 Sa 05.01.2013 | Autor: | Helbig |
Hallo Mathematik-Liebhaber,
> > > Ich kenne deine Formulierung nicht. Aber kommt darin
> > > wirklich das Wort "erreichbar" vor? Wie definierst du
> > > "erreichbar" für jemanden, der die natürlichen Zahlen
> > > noch nicht kennt?
> >
> > "Meine" Formulierung lautet:
> >
> > Eine Menge (!) [mm]N[/mm] zusammen mit einer Nachfolgerfunktion
> > [mm]\nu\colon N\to N[/mm] und einem Element [mm]0\in N[/mm] bildet eine
> > Peano-Struktur, wenn gilt:
> >
> > (P1) [mm]\nu[/mm] ist injektiv.
> >
> > (P2) [mm]0\notin \nu(N)\,.[/mm]
> >
> > (P3) Ist [mm]M[/mm] eine Teilmenge von [mm]N[/mm], [mm]0\in M[/mm] und mit jedem [mm]n\in M[/mm]
> > auch [mm]\nu(n)\in M\,,[/mm] so ist [mm]M=N\,.[/mm]
> >
> > Dies ist also nichts anderes als die Übertragung der
> > Axiome Peanos in die Sprache der Mengenlehre. Mit (P3) ist
> > die "Erreichbarkeit" gesichert. Oder, für meine Absichten
> > wesentlich: (P3) erlaubt mir, Eigenschaften aller Elemente
> > von N zu beweisen.
>
> Hallo,
>
> Ich habe ja oben schon etwas mitdiskutiert. So wie ich das
> verstanden habe, lässt sich daraus nicht beweisen, dass
> gilt:
>
> [mm]\forall n\in\IN:\forall A\subsetneq\{x\in\IN:x\le n\}:\neg\exists f\in \{x\in\IN:x\le n\}^A:f\text{ bijektiv}[/mm]
Dieser Satz läßt sich durchaus aus den Peano-Axiomen ableiten. (Nachdem man [mm] $\le$ [/mm] passend definiert hat.)
Gruß,
Wolfgang
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> Hallo Mathematik-Liebhaber,
>
> > > > Ich kenne deine Formulierung nicht. Aber kommt darin
> > > > wirklich das Wort "erreichbar" vor? Wie definierst du
> > > > "erreichbar" für jemanden, der die natürlichen Zahlen
> > > > noch nicht kennt?
> > >
> > > "Meine" Formulierung lautet:
> > >
> > > Eine Menge (!) [mm]N[/mm] zusammen mit einer Nachfolgerfunktion
> > > [mm]\nu\colon N\to N[/mm] und einem Element [mm]0\in N[/mm] bildet eine
> > > Peano-Struktur, wenn gilt:
> > >
> > > (P1) [mm]\nu[/mm] ist injektiv.
> > >
> > > (P2) [mm]0\notin \nu(N)\,.[/mm]
> > >
> > > (P3) Ist [mm]M[/mm] eine Teilmenge von [mm]N[/mm], [mm]0\in M[/mm] und mit jedem [mm]n\in M[/mm]
> > > auch [mm]\nu(n)\in M\,,[/mm] so ist [mm]M=N\,.[/mm]
> > >
> > > Dies ist also nichts anderes als die Übertragung der
> > > Axiome Peanos in die Sprache der Mengenlehre. Mit (P3) ist
> > > die "Erreichbarkeit" gesichert. Oder, für meine Absichten
> > > wesentlich: (P3) erlaubt mir, Eigenschaften aller Elemente
> > > von N zu beweisen.
> >
> > Hallo,
> >
> > Ich habe ja oben schon etwas mitdiskutiert. So wie ich das
> > verstanden habe, lässt sich daraus nicht beweisen, dass
> > gilt:
> >
> > [mm]\forall n\in\IN:\forall A\subsetneq\{x\in\IN:x\le n\}:\neg\exists f\in \{x\in\IN:x\le n\}^A:f\text{ bijektiv}[/mm]
>
> Dieser Satz läßt sich durchaus aus den Peano-Axiomen
> ableiten. (Nachdem man [mm]\le[/mm] passend definiert hat.)
>
> Gruß,
> Wolfgang
>
Hallo,
Also dass das wirklich im Sinne von Tobias war, kann ich natürlich nicht belegen, aber ok, ich versuchs mal (mit der gängigen [mm] \le [/mm] Definition)
Für 0 ist klar, die einzige echte Teilmenge von [mm] \{x\in\IN:x\le0\} ist\emptyset, [/mm] da existiert keine Bijektion in eine nichtleere Menge. Angenommen, das gilt für ein $n$.
Dann soll gezeigt werden, dass keine Bijektion aus [mm] \{x\in\IN:x\le n\}\cup\{\nu(n)\} [/mm] in eine echte Teilmenge existiert.
Aber auf die Schnelle sehe ich keinen Weg, um ehrlich zu sein. Du (oder jemand anders)?
Liebe Grüße
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 09:32 So 06.01.2013 | Autor: | tobit09 |
Hallo Mathematik-Liebhaber,
> So wie ich das
> verstanden habe, lässt sich daraus nicht beweisen, dass
> gilt:
>
> [mm]\forall n\in\IN:\forall A\subsetneq\{x\in\IN:x\le n\}:\neg\exists f\in \{x\in\IN:x\le n\}^A:f\text{ bijektiv}[/mm]
>
> Dabei ist [mm]X^Y[/mm] die Menge aller Abbildungen [mm]f:Y\to[/mm] X.
Wie Helbig zutreffend festgestellt hat, lässt sich dies (im Rahmen von ZFC) sehr wohl beweisen: Die Mengen der Form [mm] $\{x\in\IN:x\le n\}$ [/mm] sind endlich und somit Dedekind-endlich.
(Leider müssen diese Mengen aber nicht "wirklich aus endlich vielen Elementen bestehen".)
Viele Grüße
Tobias
P.S.: Für den Studienanfang solltest du weiterhin naiv von [mm] $\IN:=\{0,1,2,...\}$ [/mm] und somit der Übereinstimmung von formalem und intuitivem Endlichkeitsbegriff ausgehen und die Problematik nicht weiter beachten.
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 09:14 So 06.01.2013 | Autor: | tobit09 |
> "Meine" Formulierung lautet:
>
> Eine Menge (!) [mm]N[/mm] zusammen mit einer Nachfolgerfunktion
> [mm]\nu\colon N\to N[/mm] und einem Element [mm]0\in N[/mm] bildet eine
> Peano-Struktur, wenn gilt:
>
> (P1) [mm]\nu[/mm] ist injektiv.
>
> (P2) [mm]0\notin \nu(N)\,.[/mm]
>
> (P3) Ist [mm]M[/mm] eine Teilmenge von [mm]N[/mm], [mm]0\in M[/mm] und mit jedem [mm]n\in M[/mm]
> auch [mm]\nu(n)\in M\,,[/mm] so ist [mm]M=N\,.[/mm]
>
> Dies ist also nichts anderes als die Übertragung der
> Axiome Peanos in die Sprache der Mengenlehre. Mit (P3) ist
> die "Erreichbarkeit" gesichert.
Zumindest im Rahmen der ZFC-Mengenlehre wäre mit (P3) nicht die "Erreichbarkeit" gesichtert, da es keine Menge geben muss, die genau die "erreichbaren" Elemente enthält.
> > Grundphilosophie bei ZFC ist: Wir haben eine Gesamtheit von
> > Mengen. (Ist deine Grundphilosophie eine andere?)
>
> Allerdings! Nämlich: Wir haben eine Peano-Struktur. Und
> die vier Mengenoperationen.
So ganz durchdringe ich deine Philosophie noch nicht. Auf einen Punkt möchte ich noch hinweisen: Wie die Potenzmenge einer unendlichen Menge aussieht, ist alles andere als eindeutig. Von daher steht hinter deinem Umgang mit Mengen auch die Vorstellung einer "Version" der Potenzmengen-Mengenoperation, genauso wie hinter ZFC die Vorstellung einer "Version" der Gesamtheit der Mengen steht.
> Daraus folgt, zumindest für einen Naiven wie mich, z. B.
> das Auswahlaxiom: Bei einem Beweis des Überdeckungssatzes
> von Heine-Borel tritt eine Folge von nichtleeren Mengen
> komplexer Zahlen [mm](M_k)_{k\in\IN}[/mm] auf. "Selbstverständlich"
> habe ich dann auch eine Folge [mm](z_k)[/mm] mit [mm]z_k\in M_k\,.[/mm] In
> der axiomatischen Mengenlehre braucht man hierfür wohl das
> Auswahlaxiom. In meiner Welt nicht.
Sind wir uns einig, dass eine Folge komplexer Zahlen nichts anderes als eine Abbildung [mm] $\IN\to\IC$ [/mm] und somit eine spezielle Teilmenge von [mm] $\IN\times\IC$ [/mm] ist?
Woraus schließt du dann, dass so eine Folge [mm](z_k)[/mm] mit [mm]z_k\in M_k\,[/mm] existiert? Wenn du dieses Problem mit "selbstverständlich" abtust (ohne dies als Axiom zu deklarieren), verlässt du eben den Bereich der Logik.
Damit arbeitest du genauso wie jemand, der naiv die Existenz einer Peano-Struktur für "selbstverständlich" hält, ohne dies als Axiom zu deklarieren / aus anderen Axiomen zu folgern. Einen Teil der Mengenexistenzen, die du benutzt, forderst du axiomatisch, einen anderen Teil naiv.
> > P.S.: Hast du absichtlich kein Extensionalitätsaxiom? Wenn
> > zwei Mengen die gleichen Elemente enthalten, müssen sie
> > bei dir also noch nicht übereinstimmen?
>
> Na ja, wenn es zwei Mengen sind, können sie ja nicht
> übereinstimmen, denn dann wären sie ja eine Menge .
>
> Bei mir liest sich das so:
>
> [mm]M[/mm] und [mm]N[/mm] bezeichnen ein- und dieselbe Menge genau dann,
> wenn:
>
> [mm]x\in M \gdw x\in N\,.[/mm]
Dies ist eigentlich wieder ein Axiom und keine "Selbstverständlichkeit".
> Die axiomatische Mengenlehre mag durchaus ihre Berechtigung
> haben, genauso wie die mathematische Logik. Aber beide sind
> für mich nur Teilgebiete der Mathematik, sie liefern aber
> keine Begründung der "gesamten" Mathematik.
In Sachen mathematischer Logik stimme ich dir zu. (Wobei natürlich im Normalfall jeder Mathematiker logisch argumentieren sollte.)
Axiomatische Mengenlehre sollte aus meiner Sicht schon den Anspruch haben, eine Grundlage der gesamten Mathematik zu liefern. Dieser Anspruch ist aber für mich aus zwei Gründen (noch?) nicht erfüllt:
- Die Problematik mit den natürlichen Zahlen.
- Die mangelnde Möglichkeit, Aussagen über Klassen von Mengen, "Klassen" von Klassen von Mengen, usw. auszudrücken.
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 11:05 So 06.01.2013 | Autor: | Helbig |
> > "Meine" Formulierung lautet:
> >
> > Eine Menge (!) [mm]N[/mm] zusammen mit einer Nachfolgerfunktion
> > [mm]\nu\colon N\to N[/mm] und einem Element [mm]0\in N[/mm] bildet eine
> > Peano-Struktur, wenn gilt:
> >
> > (P1) [mm]\nu[/mm] ist injektiv.
> >
> > (P2) [mm]0\notin \nu(N)\,.[/mm]
> >
> > (P3) Ist [mm]M[/mm] eine Teilmenge von [mm]N[/mm], [mm]0\in M[/mm] und mit jedem [mm]n\in M[/mm]
> > auch [mm]\nu(n)\in M\,,[/mm] so ist [mm]M=N\,.[/mm]
> >
> > Dies ist also nichts anderes als die Übertragung der
> > Axiome Peanos in die Sprache der Mengenlehre. Mit (P3) ist
> > die "Erreichbarkeit" gesichert.
> Zumindest im Rahmen der ZFC-Mengenlehre wäre mit (P3)
> nicht die "Erreichbarkeit" gesichtert, da es keine Menge
> geben muss, die genau die "erreichbaren" Elemente
> enthält.
Richtig! Mittlerweile weiß ich, was Du mit "Erreichbarkeit" meinst. Nachdem ich das Beispiel der Menge mit den grünen und roten Elementen gesehen habe. Dieses Beispiel finde ich hervorragend! Gerade weil es unserem intuitiven Bild der natürlichen Zahlen widerspricht, obwohl es eine Peano-Struktur ist. Dies sollte helfen, intuitive Argumente als solche zu erkennen.
>
>
> > > Grundphilosophie bei ZFC ist: Wir haben eine Gesamtheit von
> > > Mengen. (Ist deine Grundphilosophie eine andere?)
> >
> > Allerdings! Nämlich: Wir haben eine Peano-Struktur. Und
> > die vier Mengenoperationen.
> So ganz durchdringe ich deine Philosophie noch nicht. Auf
> einen Punkt möchte ich noch hinweisen: Wie die Potenzmenge
> einer unendlichen Menge aussieht, ist alles andere als
> eindeutig. Von daher steht hinter deinem Umgang mit Mengen
> auch die Vorstellung einer "Version" der
> Potenzmengen-Mengenoperation, genauso wie hinter ZFC die
> Vorstellung einer "Version" der Gesamtheit der Mengen
> steht.
Nein! Ich habe keine Vorstellung von der Gesamtheit aller Mengen! Ich versuche auch nicht, die Mengen axiomatisch einzuführen. Ich benutze die Mengen naiv.
>
>
> > Daraus folgt, zumindest für einen Naiven wie mich, z. B.
> > das Auswahlaxiom: Bei einem Beweis des Überdeckungssatzes
> > von Heine-Borel tritt eine Folge von nichtleeren Mengen
> > komplexer Zahlen [mm](M_k)_{k\in\IN}[/mm] auf. "Selbstverständlich"
> > habe ich dann auch eine Folge [mm](z_k)[/mm] mit [mm]z_k\in M_k\,.[/mm] In
> > der axiomatischen Mengenlehre braucht man hierfür wohl das
> > Auswahlaxiom. In meiner Welt nicht.
> Sind wir uns einig, dass eine Folge komplexer Zahlen
> nichts anderes als eine Abbildung [mm]\IN\to\IC[/mm] und somit eine
> spezielle Teilmenge von [mm]\IN\times\IC[/mm] ist?
Ja fast! Der Graph dieser Abbildung ist eine Teilmenge von [mm] $\IN\times\IC$.
[/mm]
>
> Woraus schließt du dann, dass so eine Folge [mm](z_k)[/mm] mit
> [mm]z_k\in M_k\,[/mm] existiert? Wenn du dieses Problem mit
> "selbstverständlich" abtust (ohne dies als Axiom zu
> deklarieren), verlässt du eben den Bereich der Logik.
Nein. Ich verlasse nicht den Bereich der Logik, sondern nur den Bereich der axiomatischen Mengenlehre! Ich schließe so:
Zu jedem k gibt es ein [mm] $x_k\in M_k$, [/mm] da [mm] $M_k$ [/mm] nichtleer ist.
Dieser Schluß ist nur dann ein Axiom, wenn man den Begriff der Menge axiomatisch definieren will. Aber gerade das ist hier nicht meine Absicht.
>
> Damit arbeitest du genauso wie jemand, der naiv die
> Existenz einer Peano-Struktur für "selbstverständlich"
> hält, ohne dies als Axiom zu deklarieren / aus anderen
> Axiomen zu folgern. Einen Teil der Mengenexistenzen, die du
> benutzt, forderst du axiomatisch, einen anderen Teil naiv.
Ich fordere überhaupt keinen Teil der Mengenexistenzen axiomatisch. Sondern ich definiere nur gewisse Mengenoperationen. Und ich glaube, daß ich mit diesen Mengenoperationen keine Widersprüche erzeuge.
>
>
> > > P.S.: Hast du absichtlich kein Extensionalitätsaxiom? Wenn
> > > zwei Mengen die gleichen Elemente enthalten, müssen sie
> > > bei dir also noch nicht übereinstimmen?
> >
> > Na ja, wenn es zwei Mengen sind, können sie ja nicht
> > übereinstimmen, denn dann wären sie ja eine Menge .
> >
> > Bei mir liest sich das so:
> >
> > [mm]M[/mm] und [mm]N[/mm] bezeichnen ein- und dieselbe Menge genau dann,
> > wenn:
> >
> > [mm]x\in M \gdw x\in N\,.[/mm]
> Dies ist eigentlich wieder ein
> Axiom und keine "Selbstverständlichkeit".
Ich sehe hier eine Anwendung des Ersetzungsprinzips: Zwei Terme verweisen genau dann auf dasselbe Objekt, wenn ich in jeder Aussage den einen Term durch den anderen ersetzen kann, ohne daß sich die Gültigkeit der Aussage ändert. In diesem Fall sind die Terme $M$ und $N$ und die Aussage ist [mm] $x\in M\,.$
[/mm]
EDIT: Das Ersetzungsprinzip liefert nur:
Ist $M=N$, so gilt [mm] $x\in [/mm] M [mm] \gdw x\in N\,.$
[/mm]
Dies stellt aber keine Definition der Mengengleichheit dar. Sondern das folgende:
Gilt für jedes (!) x: [mm] $x\in [/mm] M [mm] \gdw x\in [/mm] N$, so ist [mm] $M=N\,.$
[/mm]
>
>
> > Die axiomatische Mengenlehre mag durchaus ihre Berechtigung
> > haben, genauso wie die mathematische Logik. Aber beide sind
> > für mich nur Teilgebiete der Mathematik, sie liefern aber
> > keine Begründung der "gesamten" Mathematik.
> In Sachen mathematischer Logik stimme ich dir zu. (Wobei
> natürlich im Normalfall jeder Mathematiker logisch
> argumentieren sollte.)
Genau! Aber dafür braucht man keine Kenntnisse der mathematischen Logik. Die Alltagssprache reicht völlig.
>
> Axiomatische Mengenlehre sollte aus meiner Sicht schon den
> Anspruch haben, eine Grundlage der gesamten Mathematik zu
> liefern. Dieser Anspruch ist aber für mich aus zwei
> Gründen (noch?) nicht erfüllt:
> - Die Problematik mit den natürlichen Zahlen.
> - Die mangelnde Möglichkeit, Aussagen über Klassen von
> Mengen, "Klassen" von Klassen von Mengen, usw.
> auszudrücken.
Die Problematik mit den natürlichen Zahlen ist ja nur ein Problem, wenn wir unsere Intuition retten wollen. Diesen Wunsch habe ich aufgegeben. Spätestens, seitdem ich weiß, daß auch die rationalen Zahlen eine Peano-Struktur bilden.
Wie auch immer, ich habe viel von Dir in dieser Diskussion gelernt!
Danke,
Wolfgang
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 04:56 Di 08.01.2013 | Autor: | tobit09 |
> > Woraus schließt du dann, dass so eine Folge [mm](z_k)[/mm] mit
> > [mm]z_k\in M_k\,[/mm] existiert? Wenn du dieses Problem mit
> > "selbstverständlich" abtust (ohne dies als Axiom zu
> > deklarieren), verlässt du eben den Bereich der Logik.
>
> Nein. Ich verlasse nicht den Bereich der Logik, sondern nur
> den Bereich der axiomatischen Mengenlehre! Ich schließe
> so:
> Zu jedem k gibt es ein [mm]x_k\in M_k[/mm], da [mm]M_k[/mm] nichtleer ist.
>
> Dieser Schluß ist nur dann ein Axiom, wenn man den Begriff
> der Menge axiomatisch definieren will.
Der Schluss, dass es zu jedem k ein [mm] $x\in M_k$ [/mm] gibt, wenn [mm] $M_k$ [/mm] nichtleer ist, ist auch in der axiomatischen Mengenleere unproblematisch.
Lediglich der Schluss daraus, dass es eine "globale" Folge [mm] $(x_k)$ [/mm] gebe, ist nicht logisch, sondern eine Annahme an die Welt der Folgen (die bei mir spezielle Mengen sind). Es ist genauso denkbar, dass es keine solche Folge gibt.
Selbst wenn du von einem naiven Folgenbegriff ausgehst, für den es eine solche Folge gibt, hat das Auswirkungen auf deinen Mengenbegriff: Du siehst ja offenbar den Graphen jeder Folge als Menge an. Diese Menge entsteht nicht aus deinen Mengenoperationen.
> Aber gerade das ist
> hier nicht meine Absicht.
Du arbeitest also mit einem naiven Mengenbegriff auch in dem Sinne, dass du dich nicht auf "Peano-Struktur + deine Mengenoperationen" beschränkst. Habe ich das richtig verstanden?
> > Damit arbeitest du genauso wie jemand, der naiv die
> > Existenz einer Peano-Struktur für "selbstverständlich"
> > hält, ohne dies als Axiom zu deklarieren / aus anderen
> > Axiomen zu folgern. Einen Teil der Mengenexistenzen, die du
> > benutzt, forderst du axiomatisch, einen anderen Teil naiv.
>
> Ich fordere überhaupt keinen Teil der Mengenexistenzen
> axiomatisch. Sondern ich definiere nur gewisse
> Mengenoperationen. Und ich glaube, daß ich mit diesen
> Mengenoperationen keine Widersprüche erzeuge.
(Ich hatte dich so verstanden, dass du z.B. die Existenz einer Peano-Struktur axiomatisch forderst.)
(Die durch Potenzmengenbildung gegebene Mengenoperation definierst du nicht wirklich. Du nimmst vielmehr an, dass du eine solche Operation hast.)
> > > Bei mir liest sich das so:
> > >
> > > [mm]M[/mm] und [mm]N[/mm] bezeichnen ein- und dieselbe Menge genau dann,
> > > wenn:
> > >
> > > [mm]x\in M \gdw x\in N\,.[/mm]
> > Dies ist eigentlich wieder
> ein
> > Axiom und keine "Selbstverständlichkeit".
>
> Ich sehe hier eine Anwendung des Ersetzungsprinzips: Zwei
> Terme verweisen genau dann auf dasselbe Objekt, wenn ich in
> jeder Aussage den einen Term durch den anderen ersetzen
> kann, ohne daß sich die Gültigkeit der Aussage ändert.
> In diesem Fall sind die Terme [mm]M[/mm] und [mm]N[/mm] und die Aussage ist
> [mm]x\in M\,.[/mm]
>
> EDIT: Das Ersetzungsprinzip liefert nur:
>
> Ist [mm]M=N[/mm], so gilt [mm]x\in M \gdw x\in N\,.[/mm]
>
> Dies stellt aber keine Definition der Mengengleichheit dar.
> Sondern das folgende:
>
> Gilt für jedes (!) x: [mm]x\in M \gdw x\in N[/mm], so ist [mm]M=N\,.[/mm]
Mit dieser "Definition" befindest du dich in guter Gesellschaft selbst zu manchen Professoren. Aber es ist alles andere als klar, dass auf den so definierten Gleichheitsbegriff das Ersetzungsprinzip anwendbar ist. Beispielsweise müsste aus $M=N$ nicht [mm] $M\in X\gdw N\in [/mm] X$ für alle Mengen $X$ folgen, wenn man dies nicht axiomatisch annimmt.
> > Axiomatische Mengenlehre sollte aus meiner Sicht schon den
> > Anspruch haben, eine Grundlage der gesamten Mathematik zu
> > liefern. Dieser Anspruch ist aber für mich aus zwei
> > Gründen (noch?) nicht erfüllt:
> > - Die Problematik mit den natürlichen Zahlen.
> > - Die mangelnde Möglichkeit, Aussagen über Klassen
> von
> > Mengen, "Klassen" von Klassen von Mengen, usw.
> > auszudrücken.
>
> Die Problematik mit den natürlichen Zahlen ist ja nur ein
> Problem, wenn wir unsere Intuition retten wollen. Diesen
> Wunsch habe ich aufgegeben. Spätestens, seitdem ich weiß,
> daß auch die rationalen Zahlen eine Peano-Struktur
> bilden.
Mit welcher Nachfolgeroperation meinst du das?
> Wie auch immer, ich habe viel von Dir in dieser Diskussion
> gelernt!
>
> Danke,
> Wolfgang
Auch wenn ich deinen Ansatz noch immer nicht völlig verstanden habe: Auch dir herzlichen Dank für eine für mich sehr interessante Diskussion!
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 23:30 Di 08.01.2013 | Autor: | Helbig |
> > > Woraus schließt du dann, dass so eine Folge [mm](z_k)[/mm] mit
> > > [mm]z_k\in M_k\,[/mm] existiert? Wenn du dieses Problem mit
> > > "selbstverständlich" abtust (ohne dies als Axiom zu
> > > deklarieren), verlässt du eben den Bereich der Logik.
> >
> > Nein. Ich verlasse nicht den Bereich der Logik, sondern nur
> > den Bereich der axiomatischen Mengenlehre! Ich schließe
> > so:
> > Zu jedem k gibt es ein [mm]x_k\in M_k[/mm], da [mm]M_k[/mm] nichtleer
> ist.
> >
> > Dieser Schluß ist nur dann ein Axiom, wenn man den Begriff
> > der Menge axiomatisch definieren will.
> Der Schluss, dass es zu jedem k ein [mm]x\in M_k[/mm] gibt, wenn
> [mm]M_k[/mm] nichtleer ist, ist auch in der axiomatischen
> Mengenleere unproblematisch.
>
> Lediglich der Schluss daraus, dass es eine "globale" Folge
> [mm](x_k)[/mm] gebe, ist nicht logisch, sondern eine Annahme an die
> Welt der Folgen (die bei mir spezielle Mengen sind). Es ist
> genauso denkbar, dass es keine solche Folge gibt.
Richtig. Aus Sicht der axiomatischen Mengenlehre. Aber am Anfang stehen bei mir ausschließlich die Peano-Axiome, die man bekanntlich auch ohne Mengenbegriff formulieren kann. Ich benutze nur die Sprache der Mengenlehre, aber nicht die Mengenlehre selbst! Das heißt, ich untersuche nicht die Frage, welche Mengen es gibt oder nicht gibt oder welche Mengenoperationen erlaubt sind und welche nicht, sondern nur, was läßt sich aus den Peano-Axiomen folgern.
>
> Selbst wenn du von einem naiven Folgenbegriff ausgehst,
> für den es eine solche Folge gibt, hat das Auswirkungen
> auf deinen Mengenbegriff: Du siehst ja offenbar den Graphen
> jeder Folge als Menge an. Diese Menge entsteht nicht aus
> deinen Mengenoperationen.
Doch! Teilmenge eines kartesischen Produkts. Ich definiere zunächst Paare mathematischer Objekte (ohne einen Mengenbegriff zu benutzen) indem ich definiere, wenn zwei Terme $(a, b)$ und $(c, d)$ auf ein und dasselbe Paar verweisen. Und dann definiere ich: [mm] $M\times [/mm] N$ ist die Menge aller Paare $(a, b)$ mit [mm] $a\in [/mm] M$ und [mm] $b\in [/mm] N$.
Solche Definitionen von Begriffen über die Gleichheit zweier Namen finden sich schon in Euklids Elementen, und zwar bei der Definition der Gleichheit zweier Größenverhältnisse nach Eudoxos.
Achtung: Meine Paare sind nicht die Paarmengen von ZFC!
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> > Aber gerade das ist
> > hier nicht meine Absicht.
> Du arbeitest also mit einem naiven Mengenbegriff auch in
> dem Sinne, dass du dich nicht auf "Peano-Struktur + deine
> Mengenoperationen" beschränkst. Habe ich das richtig
> verstanden?
Nein. Ich arbeite mit gar keinem Mengenbegriff. Sondern ich benutze die Redeweise über Mengen nur, weil sie so verbreitet ist. Andere, wie z. B. Dijkstra, sind da radikaler und geben gute Gründe an, auch auf die Schreibweise der Mengenlehre zu verzichten. Formeln, die in der Sprache der Mengenlehre abgefaßt sind, lassen sich durch rein logische Formeln oft sehr viel einfacher ausdrücken. Aber in meiner Einführung in die Analysis hielt ich das nicht für ratsam.
>
>
> > > Damit arbeitest du genauso wie jemand, der naiv die
> > > Existenz einer Peano-Struktur für "selbstverständlich"
> > > hält, ohne dies als Axiom zu deklarieren / aus anderen
> > > Axiomen zu folgern. Einen Teil der Mengenexistenzen, die du
> > > benutzt, forderst du axiomatisch, einen anderen Teil naiv.
> >
> > Ich fordere überhaupt keinen Teil der Mengenexistenzen
> > axiomatisch. Sondern ich definiere nur gewisse
> > Mengenoperationen. Und ich glaube, daß ich mit diesen
> > Mengenoperationen keine Widersprüche erzeuge.
> (Ich hatte dich so verstanden, dass du z.B. die Existenz
> einer Peano-Struktur axiomatisch forderst.)
Richtig! Anders als Dedekind, der in "Was sind und was sollen die Zahlen" glaubte bewiesen zu haben, daß es unendliche "Mengen" gibt. Sein Problem dabei war, daß er Schlüsse verwendete, die zur Russelschen Antinomie führen. Und wenn ich sage, ich benutze "harmlose" Mengenoperationen, meine ich genauer, daß ich solche Schlüsse nicht verwende, sondern die Existenz einer Peano-Struktur in dem Sinne voraussetze, daß ich die Axiome Peanos (original formuliert, ohne den Dedekindschen Mengenbegriff) für unmittelbar einsichtig und widerspruchsfrei halte, ohne dies rein logisch, also ohne weitere Voraussetzungen, beweisen zu können.
>
> (Die durch Potenzmengenbildung gegebene Mengenoperation
> definierst du nicht wirklich. Du nimmst vielmehr an, dass
> du eine solche Operation hast.)
>
>
> > > > Bei mir liest sich das so:
> > > >
> > > > [mm]M[/mm] und [mm]N[/mm] bezeichnen ein- und dieselbe Menge genau dann,
> > > > wenn:
> > > >
> > > > [mm]x\in M \gdw x\in N\,.[/mm]
> > > Dies ist eigentlich
> wieder
> > ein
> > > Axiom und keine "Selbstverständlichkeit".
> >
> > Ich sehe hier eine Anwendung des Ersetzungsprinzips: Zwei
> > Terme verweisen genau dann auf dasselbe Objekt, wenn ich in
> > jeder Aussage den einen Term durch den anderen ersetzen
> > kann, ohne daß sich die Gültigkeit der Aussage ändert.
> > In diesem Fall sind die Terme [mm]M[/mm] und [mm]N[/mm] und die Aussage ist
> > [mm]x\in M\,.[/mm]
> >
> > EDIT: Das Ersetzungsprinzip liefert nur:
> >
> > Ist [mm]M=N[/mm], so gilt [mm]x\in M \gdw x\in N\,.[/mm]
> >
> > Dies stellt aber keine Definition der Mengengleichheit dar.
> > Sondern das folgende:
> >
> > Gilt für jedes (!) x: [mm]x\in M \gdw x\in N[/mm], so ist [mm]M=N\,.[/mm]
> Mit dieser "Definition" befindest du dich in guter
> Gesellschaft selbst zu manchen Professoren. Aber es ist
> alles andere als klar, dass auf den so definierten
> Gleichheitsbegriff das Ersetzungsprinzip anwendbar ist.
> Beispielsweise müsste aus [mm]M=N[/mm] nicht [mm]M\in X\gdw N\in X[/mm] für
> alle Mengen [mm]X[/mm] folgen, wenn man dies nicht axiomatisch
> annimmt.
Hmm. Das Ersetzungsprinzip steht bei mir über allem, zusammen mit der Bedeutung von Gleichheit, egal welches formale System ich untersuche. "Gleichheit" ist für mich keine spezielle "Relation", sondern drückt aus, daß die Zeichen rechts und links des Gleichheitszeichens ein und dasselbe Ding bezeichnen. Und ich beweise die Ungleichheit von M und N, indem ich eine Aussage finde, die für N gilt und für M falsch ist.
>
>
> > > Axiomatische Mengenlehre sollte aus meiner Sicht schon den
> > > Anspruch haben, eine Grundlage der gesamten Mathematik zu
> > > liefern. Dieser Anspruch ist aber für mich aus zwei
> > > Gründen (noch?) nicht erfüllt:
> > > - Die Problematik mit den natürlichen Zahlen.
> > > - Die mangelnde Möglichkeit, Aussagen über Klassen
> > von
> > > Mengen, "Klassen" von Klassen von Mengen, usw.
> > > auszudrücken.
> >
> > Die Problematik mit den natürlichen Zahlen ist ja nur ein
> > Problem, wenn wir unsere Intuition retten wollen. Diesen
> > Wunsch habe ich aufgegeben. Spätestens, seitdem ich weiß,
> > daß auch die rationalen Zahlen eine Peano-Struktur
> > bilden.
> Mit welcher Nachfolgeroperation meinst du das?
Sei [mm] $\phi\colon \IN\to \IQ$ [/mm] eine Bijektion, [mm] $\nu$ [/mm] die Nachfolgerfunktion auf [mm] $\IN$. [/mm] Dann bildet [mm] $\IQ$ [/mm] mit dem ersten Element [mm] $\phi(0)$ [/mm] und der Nachfolgerfunktion [mm] $\phi\circ\nu\circ\phi^{-1}$ [/mm] eine Peano-Struktur.
> Auch wenn ich deinen Ansatz noch immer nicht völlig
> verstanden habe: Auch dir herzlichen Dank für eine für
> mich sehr interessante Diskussion!
Durch Deine Fragen ist zumindest mir mein Ansatz viel klarer geworden. Vor unserer Diskussion hatte ich ein "schlechtes Gewissen", weil ich meinte, die Mengenlehre "naiv" benutzt zu haben. Das ist nun vorbei! Ich benutze die Mengenlehre nur als weit verbreitete Schreibweise, um die Axiome Peanos und Folgerungen daraus kurz und knapp formulieren zu können. Und ich nehme mir die Freiheit, ein formales System zu studieren, ohne es auf die Mengenaxiome zurückzuführen. Besonders freut micht, daß ich keine Rechtfertigung für das Auswahlaxiom brauche. Es ist ausschließlich für die Mengenlehre relevant, aber nicht für die Zahlentheorie, die Geometrie oder die Newtonsche Mechanik.
Danke und Gruß,
Wolfgang
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 12:25 Mo 28.01.2013 | Autor: | tobit09 |
Hallo Wolfgang,
zunächst einmal für meine lange Abwesenheit.
Nur auf einen Punkt möchte ich noch kurz eingehen und dir Recht geben:
> > Du siehst ja offenbar den Graphen
> > jeder Folge als Menge an. Diese Menge entsteht nicht aus
> > deinen Mengenoperationen.
>
> Doch! Teilmenge eines kartesischen Produkts.
Das hatte ich tatsächlich übersehen.
Danke für diese Diskussion und auch deine meiner Sicht entsprechenden Beiträge zu mathfunnels Mitteilungen!
Viele Grüße
Tobias
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