natürliche Filtrationen < stoch. Prozesse < Stochastik < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 16:02 Mo 04.02.2008 | Autor: | Euklides |
Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen Internetseiten gestellt.
Ich habe keine Frage zu irgendeiner Aufgabe, es geht mir hier um das Verständnis von natürlichen Filtrationen, die insebsondere für Martingale wichtig sind. Die Definition lautet:
Ist [mm] (X_t) [/mm] ein stochastischer Prozess, so wird das durch [mm] \mathcal{F}_t [/mm] := [mm] \sigma(X_s;s\le_{}t) [/mm] erzeugte System als natürliche Filtrierung des Prozesses bezeichnet. [mm] \mathcal{F}_t [/mm] ist die kleinste [mm] $\sigma$-Algebra [/mm] bezüglich der die Ereignisse [mm] X_s,s\le_{}t [/mm] messbar sind.
Wo immer man in der Literatur nach natürlichen Filtrationen nachschaut, erhält man immer wieder die gleiche mysteriöse Aussage: [mm] \mathcal{F}_t [/mm] "enthält die Informationen" des Prozesses, die bis zum Zeitpunkt [mm] t_{} [/mm] beobachtet wurden.
Ich verstehe nicht, was damit gemeint ist. Was bedeutet das, dass [mm] \mathcal{F}_t [/mm] "Informationen enthält"?
Sei zum Beispiel [mm] (\Omega,\mathcal{F},P) [/mm] ein Wahrscheinlichkeitsraum mit
[mm] \Omega [/mm] = {Kopf,Zahl}
[mm] \mathcal{F} [/mm] = [mm] Pot(\Omega) [/mm] = [mm] \{\emptyset,\{Kopf\},\{Zahl\},\{Kopf,Zahl\}\}
[/mm]
P(Kopf) = P(Zahl) = 0,5
Auf diesen Wahrscheinlichkeitsraum definiere ich den stochastischen Prozess [mm] (X_t)_{t\in_{}\IN} [/mm] mit [mm] X_i(Kopf) [/mm] = 1 und [mm] X_i(Zahl) [/mm] = -1.
Es ist klar, dass für alle $n$ gilt: [mm] \mathcal{F}_n=Pot(\Omega)
[/mm]
Wenn ich mir nun versuche vorzustellen, dass zum Beispiel [mm] \mathcal{F}_{20}=Pot(\Omega) [/mm] die Information über die letzten 20 Ereignisse des Prozesses enthält, komme ich einfach nicht weiter. Inwiefern soll denn da "Infromation" enthalten sein?
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(Antwort) fertig | Datum: | 17:52 Mo 04.02.2008 | Autor: | Zneques |
Hallo.
[mm] \mathcal{F}_{1}=Pot(\Omega) [/mm] enthält alle Ereignisse die im ersten Versuch passieren können.
[mm] \mathcal{F}_{2} [/mm] enthält nun alle Ereignisse, die bis zum Zeitpunkt 2 auftreten können. Somit also auch die Ergebnisse aus dem ersten Versuch.
[mm] \mathcal{F}_{2}\supset \{\{(Kopf,Kopf)\},\{(Kopf,Zahl)\},\{(Zahl,Kopf)\},\{(Zahl,Zahl)\}\}
[/mm]
Hier könnte man z.B. [mm] (\mathcal{F}_{1})^2 [/mm] verwenden. Also quasi einen Vektor in dem die einzelnen Ergebnisse aufgelistet sind. Damit das gesammte wieder zusammengesetzte Ereignisse wie "(Kopf,Kopf) oder (Kopf,Zahl)" [mm] =\{(Kopf,Kopf),(Kopf,Zahl)\} [/mm] enthält musst du davon noch die Sigmaalgebra bilden.
Es gilt nun [mm] P(X_4=Kopf|\mathcal{F}_{5})\in\{0,1\} [/mm] , da [mm] X_4 [/mm] - [mm] \mathcal{F}_{5} [/mm] -meßbar ist, und somit das Ergeniss bereits durch [mm] \mathcal{F}_{5} [/mm] festgelegt ist.
Bzw. anders ausgedrückt :
[mm] E(X_4|\mathcal{F}_{5})=x_4 [/mm] ( [mm] \not=0 [/mm] )
Man weis also schon was passieren wird. Daher erwartet man natürlich auch das dies genau so geschehen wird, und [mm] X_4 [/mm] exakt den Wert [mm] x_4 [/mm] annimmt der durch [mm] \mathcal{F}_{5} [/mm] bestimmt wird.
Andersrum gilt:
[mm] P(X_6=Kopf|\mathcal{F}_{5})=P(X_6=Zahl|\mathcal{F}_{5})=0,5
[/mm]
Wenn man nun zusätzlich [mm] S_i=\summe_{k=1}^{i}X_k [/mm] definiert so folgt :
[mm] E(S_{20})=0 [/mm] , aber [mm] E(S_{20}|\mathcal{F}_{5})=E(\summe_{k=6}^{20}X_k+S_5|\mathcal{F}_{5})=0+S_5
[/mm]
heißt z.B. : Wenn man gesehen hat, dass am Anfang Kopf überwiegt, erwartet man dieses Ergeniss auch am Ende.
Ciao.
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(Frage) beantwortet | Datum: | 15:29 Di 05.02.2008 | Autor: | Euklides |
Danke erstmal für die Antwort. So wie du das beschrieben hast, macht das für mich Sinn. Wenn ich die [mm] $\sigma$-Algebren \mathcal{F}_n [/mm] als Mengen von [mm] $n_{}$-Tupeln [/mm] verstehe, kann ich mir sofort etwas darunter vorstellen, dass da die Information der bisherigen Ereignisse drinnesteckt. Dann gibt mir sozusagen das [mm] $i_{}$-te [/mm] Element eines [mm] $n_{}$-Tupels [/mm] das Ereignis beim [mm] $i_{}$-ten [/mm] Versuch an. Das Problem ist nur, dass sich diese Sichtweise nicht mit den Definitionen verträgt, die man in sämtlichen Büchern findet. Martingale werden immer so definiert:
Sei [mm] (\Omega,\mathcal{F},P) [/mm] ein Wahrscheinlichkeitsraum und [mm] X_{n} [/mm] ein stochastischer Prozess, der zu einer aufsteigenden Sequenz [mm] (\mathcal{F}_{n})_{n\ge1} [/mm] adaptiert ist. Für die [mm] \mathcal{F}_{n} [/mm] gilt dabei: [mm] \mathcal{F}_{n}\subseteq\mathcal{F}_{n+1}\subseteq\mathcal{F} [/mm] u.s.w.
Wenn nun meine [mm] $\sigma$-Algebren \mathcal{F}_{n} [/mm] jeweils aus [mm] $n_{}$-Tupeln [/mm] bestünde, dann könnte nicht mehr gelten: [mm] \mathcal{F}_{n}\subseteq\mathcal{F}_{n+1}, [/mm] weil [mm] \mathcal{F}_{n} [/mm] aus Mengen von [mm] $n_{}$-Tupeln [/mm] besteht und [mm] \mathcal{F}_{n+1} [/mm] aus Mengen von [mm] ${n+1}_{}$-Tupeln.
[/mm]
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(Antwort) fertig | Datum: | 22:43 Di 05.02.2008 | Autor: | Zneques |
Ein (n-1)-Tupel in n-Tupel einzubetten ist ja nicht allzu schwer. Man muss nur ein nil-Element anhängen.
Am elegantesten wäre es sicher gleich von Anfang an mit [mm] \infty [/mm] -Tupeln zu arbeiten.
Also : [mm] \mathcal{F}_{1}=\{\emptyset, \{\vektor{Kopf\\unbek.\\unbek.\\...}\}, \{\vektor{Zahl\\unbek.\\unbek.\\...}\},\Omega\}
[/mm]
[mm] \mathcal{F}_{2}=\sigma(\mathcal{F}_{1}\cup\{\{\vektor{Kopf\\Kopf\\unbek.\\...}\}, \{\vektor{Kopf\\Zahl\\unbek.\\...}\},...\})
[/mm]
Ciao.
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