Wahrscheinlichkeitsrechnung < Sonstiges < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
|
Hallo,
habe vor 2 Tagen eine Frage zu einer Wahrscheinlichkeitsrechnung gepostet und auch eine sehr gute Antwort bekommen. Ich würde das ganze jetzt noch gerne erweitern, kann mir wer helfen ?
Also:
Person A könnte sich mit einer Krankheit infiziert haben von Person B.
Diese Krankheit kann mit Bluttests nachgewiesen werden. Macht man den Test zu früh, ist die Wahrscheinlichkeit 'erst' bei 90 %, daß die Krankheit nicht nachgewiesen wird. D.h. bei 9 von 10 Leuten kann sie hier bereits ausgeschlossen werden. Person A hat diesen Test gemacht, welcher
negativ verlief (d.h. keine Infektion erkennbar)
Person B hat diesen Test auch gemacht, auch zum selben Zeitpunkt,
ebenfalls negativ. D.h. auch hier die '90%-Regel'.
Person A kann sich THEORETISCH nur bei Person B anstecken, natürlich NUR wenn Person B infiziert ist (bei z.b. Person C), welches ja schon zu 90% ausgeschlossen werden kann (bei A UND B).
Meine (Streitfrage mit einem Freund): ist die Wahrscheinlichkeit für Person A noch immer 90% oder ist diese höher ? Wie stehen die beide im Verhältnis ?
So, das war die Ursprungsfrage aus dem letzten Beitrag. Jetzt kommts noch komplizierter: die Möglichkeit sich ÜBERHAUPT bei einer anderen Person zu infizieren (die selbst natürlich infiziert ist) liegt bei 1:100.
D.h. wenn sich Person B bei einer weiteren Person (Person C) infiziert hätte bei einem einmaligen Kontakt, stünden die Chance 1:100 sich anzustecken. Das ganze natürlich nochmals von Person B auf Person A -> auch hier ist die Chance 1:100 sich anzustecken (wenn Person B bereits infiziert ist).
Wie ist (in Kombination mit den oben genannten '90%-Regeln und den beiden 1:100-Chancen sich überhaupt anzustecken) das WAHRSCHEINLICHKEITSRISIKO gesamt zu betrachten das Person A sich angesteckt hat.
Mann, das ist kompliziert, aber ich hoffe ihr versteht die Frage !
Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen Internetseiten gestellt
|
|
|
|
Hallo Andre,
zunächst legen wir fest: C ist infiziert. Außerdem soll der Test keine falsch positiven Ergebnisse liefern, d.h. gesunde Personen werden immer negativ getestet.
Das Infektionsrisiko soll bei 1:100 liegen? Dann infiziert sich B also in 1 von 101 Fällen, in 100 von 101 Fällen bleibt B gesund. Es ist wohl besser, wir arbeiten mit dem Risiko 1:99, so dass sich B in 1 von 100 Fällen ansteckt.
Ich werde jetzt versuchen, mit ganzen Zahlen zu arbeiten. B steckt sich von C in 100 von 10.000 Fällen an, also wird A (durch den Überträger B) in 1 von 10.000 Fällen infiziert. Somit ist die Infektions-Wahrscheinlichkeit für A gleich 0,0001.
Nehmen wir an, es gäbe 100.000 Personen A, dann wären davon nur 10 infiziert. In 99.990 Fällen fiele daher der Test sicher negativ aus. Dazu kommt ein Infizierter, der aufgrund der Testunsicherheit nicht erkannt wird. Bei einem negativen Testergebnis von A ist die Wahrscheinlichkeit, dass A dennoch infiziert ist gleich [mm] \frac{1}{99991} [/mm] .
Hat jedoch auch B diesen Test gemacht, und dieser Test lieferte ein negatives Ergebnis, so ändern sich die Zahlen drastisch. In 10 von 1000 Fällen hat sich B bei C angesteckt. Also entsteht ein negatives Testergebnis von B in 990 Fällen dadurch, dass B sich nicht infiziert hat, und in einem Fall dadurch, dass eine Infektion nicht erkannt wurde. Bei einem negativen Testergebnis von Person B ist diese Person also noch mit einem Restrisiko von [mm] \frac{1}{991} [/mm] infiziert.
Für Person A bedeutet das immer noch, dass sie sich in 10 von 1000 Fällen bei B anstecken wird. Durch den negativen Test von B hat diese sich jedoch nur in 1 von 991 Fällen bei C angesteckt. Somit ist die Übertragung von C auf A nur ein 10 von 991000 Fallen erfolgt. Macht nun A den Test, dann sind 990990 Resultate negativ, weil A gesund ist, und eines, weil die Infektion nicht erkannt wurde. Das bedeutet eine Wahrscheinlichkeit von [mm] \frac{1}{990991} [/mm] , dass A bei einem negativen Testergebnis dennoch infiziert ist.
Fazit:
-> Ohne jeden Test ist das Infektionsrisiko für A [mm] \frac{1}{10000} [/mm] .
-> Wenn sich nur A testen lässt, ist das Restrisiko bei einem negativen Testresultat noch [mm] \frac{1}{99991} [/mm] .
-> Wenn sich beide Testen lassen, und beide Resultate negativ ausfallen, beträgt das Restrisiko noch [mm] \frac{1}{990991} [/mm] .
-> Nicht berechnet wurde das Risiko, wenn sich nur B testen lässt (mit negativem Ausgang), A aber nicht. Dann ist das Risiko für A noch [mm] \frac{1}{99100}.
[/mm]
Jetzt hoffe ich, dass ich deine Frage richtig verstanden und auch einigermaßen verständlich beantwortet habe. Du musst bedenken, dass folgende Annahmen gemacht werden:
-> C ist sicher infiziert.
-> Es gibt nur jeweils einen Kontakt C-B und B-A.
-> Der Test erkennt gesunde Personen sicher.
Der erste Punkt ist noch am leichtesten zu erfüllen. Selbst wenn C nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 90% infiziert wäre (diesen Fall darfst du selbst nachrechnen), würden sich die Zahlen für A und B nicht mehr dramatisch ändern. Das siehst du auch daran, dass es für Person A relativ egal ist, ob sie sich allein testen lässt, oder ob nur B diesen Test macht.
Der eindeutige Infektionsweg stellt ein großes Problem dar. Bei beispielsweise 10 Kontakten mit infizierten Personen mit einer Infektionswahrscheinlichkeit von jeweils 1% ergibt sich eine gesamte Wahrscheinlichkeit von 9,56%, sich angesteckt zu haben. Bei einem Personenkreis von 11 Personen, in dem sich eine infizierte Person befindet und jeder mit jedem einmal Kontakt hat, wird es allmählich unübersichtlich. Jeder hat einmal Kontakt mit einem Infizierten und darüberhinaus mit möglicherweise Infizierten. In einer Population von mehreren Tausend (auf einer Großveranstaltung, z.B. Fußball WM) geht die Post dann erst so richtig ab, weil nicht jeder mit jedem direkten Kontakt hat.
Zudem liefern medizinische Tests zum Teil auch falsch positive Ergebnisse. Ist dies in unserer Situation bei 1 von 1000 gesunden Personen der Fall, dann entsteht für B folgendes Szenario.
B hat sich in 1.000 von 100.000 Fällen bei C angesteckt. Ein Test verläuft positiv bei 900 der infizierten Fälle, aber auch bei 999 nicht infizierten. Ein negativer Test entsteht durch 100 der infizierten Fälle und durch 98.001 der nicht infizierten. D.h. bei einem negativen Test ist man mit einer Wahrscheinlichkeit von [mm] \frac{100}{98.101} [/mm] dennoch infiziert, was in etwa dem Risiko [mm] \frac{1}{991} [/mm] von oben entspricht. Bei einem positiven Test ist B mit einer Wahrscheinlichkeit von [mm] \frac{900}{1899} [/mm] infiziert, so dass ein positiver Test nur mit 50%iger Sicherheit auf eine Infektion schließen lässt.
Auch wenn du danach nicht gefragt hast, hilft dir diese zusätzliche Information vielleicht weiter, wenn du noch weitere Untersuchungen in diese Richtung anstellen möchtest. Wenn dir etwas spanisch vorkommt, dann melde dich, denn es kann durchaus sein, dass ich mich irgendwo verrechnet habe.
Hugo
|
|
|
|