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(Frage) reagiert/warte auf Reaktion | Datum: | 12:30 Mo 11.01.2010 | Autor: | Kati_22 |
Aufgabe | "Im neu gewählten BT sind 6 Parteien vertreten. Nachdem d. Reg.bildung abgeschlossen wurde, entschloss sich die Reg. dazu, ein innenpolit. Reformpaket durchzusetzen. Durch dieses soll u.a. eine Verfassungsänderung herbeigeführt werden. Die für den Bereich "Staats-/Verfassungsrecht" zuständige Abt. des Bundesinnenministeriums arbeitet einen Entwurf für ein verfassungsänderndes Gesetz aus, der folgende Punkte vorsieht:
A)
Die BReg wird ermächtigt, einen s.g. "Konvent für Deutschland" einzuberufen. Dieser Konvent soll aus 23 Persönlichkeiten d. öffentl. Lebens bestehen. Er hat das Recht, Gesetzesentwürfe direkt in den Bundestag einzubringen. Diese müssen dann vom Parlament behandelt und ins weitere Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden. Außerdem soll der Konvent ein Vetorecht gegen Gesetze, die vom BT und BR beschlossen wurden, erhalten. Dieses Veto kann von den beiden Häusern nicht mehr überstimmt werden.
B)
Der Art. 21 GG wird wie folgt neu gefasst:
(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei.
(2) Über die Zuslassung entscheidet der BMI. Sie hat zu erfolgen, wenn keine Anzeichen für eine verfassungsfeindliche Tendenz erkennbar sind. Ein unabhängiger wissenschaftlicher Beirat gibt vor der Zulassung ein bindendes Gutachten ab. Nach erfolgter Zulassung kann sie die Partei offiziell betätigen. Sie wird nach erfolgter Zulassung in ein Parteienregister eingetragen, das der BMI führt. (bisheriger Art. 21 Abs. 2 GG wird zu Abs. 3 und der bisherige Abs. 3 zu Abs. 4)"
Prüfen Sie gutachterlich, ob die vorgeschlagenen Änderungen materiell mit der Verfassung vereinbar sind. |
Hallo zusammen,
eventuell kennt sich jemand von euch im Bereich Staatsrecht aus. Ich bin hier teilweise am verzweifeln. Muss dazu sagen, dass ich die Weiterbildung, bei der das gefragt ist, noch nicht allzu lange machen - daher hoffe ich in geraumer Zeit auf Erleuchtung bei solchen Aufgaben.
Teil A der Aufgabe hab ich mir schon irgendwie (zumindest teilweise) zurecht gepuzzelt. Hab mich hierbei als erstes auf Art. 20 II GG bezogen mit der Begründung, dass alle Macht vom Volk ausgeht (durch Wahlen, Abstimmungen). Wenn dieses Konvent von der BReg einberufen werden kann, d. h. die Mitglieder weder direkt noch indirekt vom Volk gewählt wurden, steht es doch im Widerspruch zu Art. 20. So zumindest meine Kurzfassung.
Bei der Einbringung der Gesetzesentwürfe hab ich mich auf Art. 76 I GG bezogen, demnach können Entwürfe nur von der BReg, BT und BR eingebracht werden und auch nicht direkt, sondern immer mit gegenseitiger "Kontrolle".
Mein Problem liegt bei diesem Veto-Recht. Ich hab keine Ahnung auf welchen Art. ich mich da beziehen kann, eventuell Art. 77??? Bin mir aber schon mal sicher, dass ein solchen Veto wahrscheinlich nicht mit der Verfassung vereinbar ist.
Teil B find ich da schon schwieriger.... Bin mir hier noch nicht mal sicher, ob die Änderung nicht sogar verfassungskonform ist oder auf welchen Artikel ich mich irgendwie stützen kann *verzweifel*
Eventuell kann mir jemand von euch helfen, auch wenn es nur ein klitzekleiner Ansatz ist :) Schon einmal danke!!!
Gruß,
Kati
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 13:13 Di 12.01.2010 | Autor: | Josef |
Hallo Kati,
> "Im neu gewählten BT sind 6 Parteien vertreten. Nachdem d.
> Reg.bildung abgeschlossen wurde, entschloss sich die Reg.
> dazu, ein innenpolit. Reformpaket durchzusetzen. Durch
> dieses soll u.a. eine Verfassungsänderung herbeigeführt
> werden. Die für den Bereich "Staats-/Verfassungsrecht"
> zuständige Abt. des Bundesinnenministeriums arbeitet einen
> Entwurf für ein verfassungsänderndes Gesetz aus, der
> folgende Punkte vorsieht:
>
> A)
> Die BReg wird ermächtigt, einen s.g. "Konvent für
> Deutschland" einzuberufen. Dieser Konvent soll aus 23
> Persönlichkeiten d. öffentl. Lebens bestehen. Er hat das
> Recht, Gesetzesentwürfe direkt in den Bundestag
> einzubringen. Diese müssen dann vom Parlament behandelt
> und ins weitere Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden.
> Außerdem soll der Konvent ein Vetorecht gegen Gesetze, die
> vom BT und BR beschlossen wurden, erhalten. Dieses Veto
> kann von den beiden Häusern nicht mehr überstimmt
> werden.
>
Nach dem GG ist die Verfassungsänderung ein Akt der Gesetzgebung, sie erfordert aber besonders qualifizierte Mehrheiten der Gesetzgebungsorgane, nämlich die Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates (Art. 79 Abs. 2 GG).
Außerdem können Verfassungsänderungen von besonderen Formvorschriften abhängig gemacht werden. Das Gebot der ausdrücklichen Textänderung (Art. 79 Abs. 1 Satz 2 GG) soll eine Verfassungsdurchbrechung durch ein der Verfassung widersprechendes Gesetz verhindern.
Wichtige Grundprinzipien können der Verfassungsänderung gänzlich entzogen werden. Die sog. „Ewigkeitsgarantie“ des Art. 79 Abs. 3 GG soll einen Kernbestand der Verfassung („Elementarverfassung) vor dem Zugriff des verfassungsändernden Gesetzgebers schützen. Danach dürfen u.a. nicht geändert werden:
- Die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung.
- Die in den Art. 1 und 20 niedergelegten Grundsätze. Dazu gehören u.a.:
die Kernelemente der fünf Staatszielbestimmungen (Art. 20 Abs. 1 GG).
die Volkssouveränität und die repräsentative Demokratie (Art .20 Abs. 2 GG).
Eine Änderung der Elementarverfassung durch das Volk als Verfassungsgeber kann Art. 79 Abs. 3 GG nicht ausschließen.
Quelle: Staats- und Verfassungsrecht; Maier
Viele Grüße
Josef
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 14:21 Di 12.01.2010 | Autor: | Josef |
Hallo Kati,
> "Im neu gewählten BT sind 6 Parteien vertreten. Nachdem d.
> Reg.bildung abgeschlossen wurde, entschloss sich die Reg.
> dazu, ein innenpolit. Reformpaket durchzusetzen. Durch
> dieses soll u.a. eine Verfassungsänderung herbeigeführt
> werden. Die für den Bereich "Staats-/Verfassungsrecht"
> zuständige Abt. des Bundesinnenministeriums arbeitet einen
> Entwurf für ein verfassungsänderndes Gesetz aus, der
> folgende Punkte vorsieht:
>
> B)
> Der Art. 21 GG wird wie folgt neu gefasst:
> (1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung
> des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei.
> (2) Über die Zuslassung entscheidet der BMI. Sie hat zu
> erfolgen, wenn keine Anzeichen für eine
> verfassungsfeindliche Tendenz erkennbar sind. Ein
> unabhängiger wissenschaftlicher Beirat gibt vor der
> Zulassung ein bindendes Gutachten ab. Nach erfolgter
> Zulassung kann sie die Partei offiziell betätigen. Sie
> wird nach erfolgter Zulassung in ein Parteienregister
> eingetragen, das der BMI führt. (bisheriger Art. 21 Abs. 2
> GG wird zu Abs. 3 und der bisherige Abs. 3 zu Abs. 4)"
>
> Prüfen Sie gutachterlich, ob die vorgeschlagenen
> Änderungen materiell mit der Verfassung vereinbar sind.
Materielle Änderungsschranken sind:
. Gliederung des Bundes in Länder
Art. 79 Abs. 3 GG:
- Grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung
- die in Art. 1 und 20 GG niedergelegten Grundsätze
In der neue beabsichtigten Fassung des Art. 21 fällt Abs. 1 Satz 3 weg.
Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG schreibt vor, dass die innere Ordnung der Parteien demokratischen Grundsätzen entsprechen muss. Konkretisierungen sind in §§ 6 bis 16 PartG enthalten. Verstöße gegen diese Vorschriften führen grundsätzlich zur Nichtigkeit (§ 134 BGB).
Viele Grüße
Josef
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(Antwort) fertig | Datum: | 18:09 Di 12.01.2010 | Autor: | Josef |
Hallo Kati,
noch ein paar Gedanken:
>
> B)
> Der Art. 21 GG wird wie folgt neu gefasst:
> (1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung
> des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei.
Die Parteifreiheit erfordert zunächst, dass die Gründung der Parteien frei ist (Art. 21 Abs. 1 Satz 2). Dadurch ist klargestellt, dass die Gründung einer Partei keiner staatlichen Zulassung oder Genehmigung bedarf. Die Gründung von Parteien darf daher nicht von einer Erlaubnis oder Zulassung abhängig gemacht werden. Die Gründung einer Partei als eingetragener Verein bedarf jedoch der Anmeldung (§ 59 BGB).
> (2) Über die Zuslassung entscheidet der BMI. Sie hat zu
> erfolgen, wenn keine Anzeichen für eine
> verfassungsfeindliche Tendenz erkennbar sind. Ein
> unabhängiger wissenschaftlicher Beirat gibt vor der
> Zulassung ein bindendes Gutachten ab. Nach erfolgter
> Zulassung kann sie die Partei offiziell betätigen. Sie
> wird nach erfolgter Zulassung in ein Parteienregister
> eingetragen, das der BMI führt. (bisheriger Art. 21 Abs. 2
> GG wird zu Abs. 3 und der bisherige Abs. 3 zu Abs. 4)"
>
Die Parteien haben eine besondere Bedeutung für das Verfassungsleben. Daraus ergibt sich gegenüber anderen Gruppen eine bevorzugte Stellung: Nur das Bundesverfassungsgericht kann eine Partei für verfassungswidrig erklären und auflösen (Art. 21 Abs. 2 GG und § 46 abs. 3 BVerfGG).
Solange eine Partei vom BVerfG nicht für verfassungswidrig erklärt worden ist, stehen irh alle Verfassungsrechte zu. Die Einleitung eines Parteienverbotsverfahrens liegt im Ermessen der antragsberechtigten Organe. Nach § 43 Abs. 1 BVerfGG sind der Bundestag, der Bundesrat und die Bundesregierung antragsberechtigt.
Viele Grüße
Josef
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 08:27 Mi 13.01.2010 | Autor: | Kati_22 |
Hallo Josef,
vielen Dank für deine Antwort, du hast mir ein paar gute Denkanstöße gegeben, die mir sicherlich weiterhelfen werden. Jetzt kann ich mich noch einmal an die Aufgabe machen
Viele Grüße,
Kati
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 08:43 Mi 13.01.2010 | Autor: | Josef |
Hallo Kati,
Zu B:
Das Grundgesetz könnte geändert werden, wenn der geänderte Art. 21 mit den Grundsätzen der Demokratie übereinstimmen würde (Art. 79 Abs. 3).
Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG garantiert die Gründungsfreiheit der Parteien. Die Gründungsfreiheit schützt die freie Bildung und Betätigung der Parteien und ihrer Mitglieder im Rahmen der verfassungsmäßigen Aufgaben der Partei.
Wie ist deine Meinung hierzu?
Viele Grüße
Josef
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