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Qur'ān und andere Religionen: Interpretationsansätze
Status: (Umfrage) Beendete Umfrage Status 
Datum: 09:27 Do 24.09.2015
Autor: Ladon

Hallo,

in Anbetracht der momentanen Flüchtlingswelle, die in besonderem Maße muslimisch geprägte Länder erfasst hat, versuche ich den Qur'ān als das heilige Buch des Islams in groben Zügen zu verstehen, um das Denken der Menschen besser zu begreifen. Ich nutze dabei folgende Übersetzung (leider kann ich kein Arabisch):
[]http://ansar.de/deukuran.htm
Ich frage mich insbesondere, wie der Qur'ān zu andersgläubigen Menschen steht.

Offenbar hat es im Islam eine Zeit gegeben (7./8. Jhd.), die aus praktischen Erwägungen heraus im muslimisch beherrschten Spanien eine gewisse Toleranz gegenüber den "Buchreligionen" (Christen und Juden, nicht aber 'Heiden'(!)) ausübte, auch wenn man sagen muss, dass die Dschizya (eine Art Steuer) abgegeben werden musste und die Glaubensausübung gewissen Restriktionen unterlag (z.B. kein Neubau von Kirchen oder Synagogen). Später jedoch kam es zu sozialen Demütigungen und Unterdrückung der "Buchreligionen", wobei man sich hier über stärker politische als religiöse Motive uneins sein kann.

Neben dieser Phase sind im Qur'ān jedoch ambivalente (?) Aussagen über das Verhältnis zu Juden und Christen enthalten. Es folgen einige Beispiele und Implikationen, die meine Interpretation darstellen:


positiv:

Sure 2,62:
Wahrlich, die Gläubigen und die Juden und die Christen und die Sabäer - wer immer (unter diesen) wahrhaft an Allah glaubt und an den Jüngsten Tag und gute Werke tut -, sie sollen ihren Lohn empfangen von ihrem Herrn, und keine Furcht soll über sie kommen, noch sollen sie trauern.
[mm] $\Rightarrow$ [/mm] Christen und Juden haben durch ihren Glauben ihren Lohn, der aufgrund des Zusatzes "keine Furcht soll über sie kommen" m.E. positiv einzuschätzen ist.

Sure 2,109:
Viele unter dem Volke der Schrift wünschen aus dem Neid ihrer Seelen, daß sie vermöchten, euch, die ihr schon geglaubt, wieder in Ungläubige zu verwandeln, nachdem ihnen doch selbst die Wahrheit deutlich kundgetan ward. Aber vergebt und wendet euch ab (von ihnen), bis Allah Seinen Ratschluß kundtut. Wahrlich, Allah hat die Macht, alles zu tun, was Er will.
[mm] $\Rightarrow$ [/mm] Christen ("Volk der Schrift") versuchen zwar gläubige Muslime vom Glauben abzubringen, doch soll ihnen vergeben werden.

Sure 2,256:
Es soll kein Zwang sein im Glauben. Gewiß, Wahrheit ist nunmehr deutlich unterscheidbar von Irrtum; wer also sich von dem Verführer nicht leiten läßt und an Allah glaubt, der hat sicherlich eine starke Handhabe ergriffen, die kein Brechen kennt; und Allah ist allhörend, allwissend.
[mm] $\Rightarrow$ [/mm] Kein Zwang in Glaubensdingen!

Sure 5,82:
Du wirst sicherlich finden, daß unter allen Menschen die Juden und die Götzendiener die erbittertsten Gegner der Gläubigen sind. Und du wirst zweifellos finden, daß die, welche sagen: «Wir sind Christen», den Gläubigen am freundlichsten gegenüberstehen. Dies, weil unter ihnen Gottesgelehrte und Mönche sind und weil sie nicht hoffärtig sind.
[mm] $\Rightarrow$ [/mm] Christen werden geschätzt, da sie nicht stolz sind. (negativ wird jedoch über Juden geredet)

negativ:

Sure 4,47:
O ihr, denen die Schrift gegeben wurde, glaubet an das, was Wir herabsandten, bestätigend das, was (schon) bei euch ist, bevor Wir einige der Führer vernichten und sie umlegen auf ihre Rücken oder sie verfluchen, wie Wir die Sabbatleute verfluchten. Und Allahs Befehl wird vollzogen werden.
[mm] $\Rightarrow$ [/mm] Legitimierung von Gewalt?

Sure 4,89:
Sie wünschen, daß ihr ungläubig werdet, wie sie ungläubig sind, so daß ihr alle gleich seiet. Nehmet euch daher keinen von ihnen zum Freund, ehe sie nicht auswandern auf Allahs Weg. Und wenn sie sich abkehren, dann ergreifet sie und tötet sie, wo immer ihr sie auffindet; und nehmet euch keinen von ihnen zum Freunde oder zum Helfer;
[mm] $\Rightarrow$ [/mm] Keine Freundschaft mit Nicht-Muslimen? Oder ist hier eine andere Art der Freundschaft gemeint?

Sure 8,39,59-60:
39. Und kämpfet wider sie, bis keine Verfolgung mehr ist und aller Glaube auf Allah gerichtet ist. Stehen sie jedoch ab, dann, wahrlich, sieht Allah sehr wohl, was sie tun.  
59. Laß nicht die Ungläubigen wähnen, sie hätten (Uns) übertroffen. Wahrlich, sie können nicht obsiegen.
60. Und rüstet wider sie, was ihr nur vermögt an Streitkräften und berittenen Grenzwachen, damit in Schrecken zu setzen Allahs Feind und euren Feind und außer ihnen andere, die ihr nicht kennt; Allah kennt sie. Und was ihr auch aufwendet für Allahs Sache, es wird euch voll zurückgezahlt werden, und es soll euch kein Unrecht geschehen.

[mm] $\Rightarrow$ [/mm] Krieg gegen Andersgläubige oder Ungläubige? Ich denke es hängt auch von der Frage ab, wer die "Ungläubigen" sind.

Leider bin ich mit dem Lesen noch nicht viel weiter gekommen...
Vielleicht kann mir jemand erklären, wie die Texte zu verstehen sind. Ist mit dem Kampf vielleicht ein geistiger Kampf gemeint, wie er etwa auch im christlichen Glauben erwähnt wird? (vgl. etwa []1. Tim. 6,11-12 oder []Eph. 6,14-17).
Außerdem halte ich das Verhältnis zu 'Heiden' für kritisch.
Eventuell hat die Formulierung auch etwas mit der Zeit zu tun, in der die Texte verfasst wurden.
Leider bin ich in diesem Thema fachfremd. Mathematik hat wohl wenig damit zu tun. ;-)
Ich würde mich insbesondere über fachlich fundierte Meinungen freuen, die meinen Interpretationshorizont erweitern, aber dennoch für einen Fachfremden verständlich sind. Natürlich existieren solche Texte gewiss auch in anderen heiligen Büchern, doch kommt es, wie so oft, auf die Interpretation an.
Ich freue mich auf eure Antworten.

MfG
Ladon

PS: Vielleicht lohnt sich eine Umfrage.

        
Bezug
Qur'ān und andere Religionen: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 17:36 Fr 12.10.2018
Autor: Psychopath

Sure 2,256:
Es soll kein Zwang sein im Glauben.

Solche Verse stammen aus der Zeit, als Mohammed in der Minderheit war. Nachdem er genug Anhänger hatte, wurden solche Verse abrogiert (durch neue Verse ersetzt). Man muss daher nicht nur die Mekka-Verse lesen, sondern die späteren Medina-Verse.

Das ist so wie bei Luther: Erst war er judenfreundlich, aber als die Juden sich nicht bekehren wollten und Luther mehr Macht hatte, rief er zur Ausrottung der Juden auf, z.B. rief er dazu auf, alle Häuser und Synagogen der Juden anzuzünden.


Außerdem wird der Vers oft anders gedeutet: Man kann keine Muslime zu einer anderen Religion zwingen.

Bezug
        
Bezug
Qur'ān und andere Religionen: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 11:02 Mi 09.01.2019
Autor: mathemania

Hallo erstmal,

ich finde es gut, dass du nicht direkt auf andere Religionen losgehst und die Verse wirklich verstehen willst.

Ich selber bin natürlich kein Experte in der Interpretation, aber der Qur'an darf nicht nur durch die Übersetzung verstanden werden, zu Mal die Übersetzung immer nur ungefähr ist. Mal heißt es in einer Übersetzung "Kämpft" in der anderen dann "Strengt euch an".


Die Interpretation darf auch nur von Experten gemacht werden, dazu gibt es auch mehrere Interpreten, wie zB. Ibn Kathir. Sein Interpretationswerk ist eins der bekanntesten in der muslimischen Literatur. (Weiss aber nicht, ob es auf deutsch gibt)


Allah will, dass der Mensch ihm dankbar ist und ihm dient. Da Er den Menschen und alles was der Mensch benötigt erschaffen hat, will Er das man ihn alleine dient und keine Götzen oder andere neben Ihn stellt. Dabei überlässt Er jedem Menschen eigene Entscheidungsmöglichkeiten. Denn es gibt keinen Zwang im Religion. Jeder darf daran glauben, an das er will.


Die Menschen wurden von Muslimen nie gezwungen Muslime zu werden. Aber wenn ein Ort "erobert" wurde, wurden natürlich die Gesetze Allahs geltend gemacht. Die Andersgläubigen wurden beschützt in dem sie jizya bezahlen. Warum man jizya bezahlt ist eigentlich klar, denn auch heute bezahlt man in einem Staat steuern, wenn man dort lebt.


Der Islam verbietet keine komplette Freundschaften zu Nicht-Muslimen, man soll mit Nicht-Muslime gut auskommen, jedoch ist die Aufgabe eines Muslims die Menschen zum Islam aufzurufen, jedoch ohne Zwang.



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