Musik im Barock < Musik < Musik/Kunst < Geisteswiss. < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 22:20 Fr 22.06.2007 | Autor: | mic_x |
Tach
Wir beschäftigen uns gerade mit dem Thema der Musik im Barock. Wir haben da auch einen Text zu "Affekt und Figur" bekommen, leider ist dies ein wissenschaftlicher Text und daher nur schwer verständlich.
Kann vielleicht jemand erklären, was Affekt und Figur bedeuten oder aussagen sollen?
Ich versteh das nicht wirklich und das ist ein (Teil-)Thema in meiner mündl. Abiprüfung, die - leider - schon Montag ist.
Vielen Dank
Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen Internetseiten gestellt.
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 23:42 Fr 22.06.2007 | Autor: | Martinius |
Hallo mic,
ein Affekt ist eine Emotion, eine Gefühlsregung. Die Affektenlehre des Barock versuchte Gefühle in bildhaften, besoners gut im Notenbild zu erkennenden melodischen, oder auch harmonisch verschlüsselten, musikalischen Figuren abzubilden, ähnlich wie die Rhetorik ihre Satzaussagen durch sprachliche Symbolik (Redefiguren: Chiasmus, Ellipse, Katabasis, usw. ...) zu unterstreichen sucht; besonders natürlich auch in der Lyrik, die ja den gesungenen Texten zugrunde liegt.
In vollendenter Beherrschung bei J. S. Bach, aber natürlich auch schon im Frühbarock z.B. bei Claudio Monteverdi oder Heinrich Schütz zu finden. Auch die Madrigalkunst der Rennaissance darf als Vorläufer nicht außer Acht gelassen werden (z.B. Gesualdo).
Die Rezitative und Arien der über 200 auf uns überkommenen Kantaten Bachs, oder auch sein oratorisches Schaffen sind eine wahre Fundgrube der Affektenlehre.
Ist zum Bsp. in seinem Fragment für Doppelchor "Es erhub sich ein Streit" zum Michaelstag von der "rasenden Schlange, dem höllischen Drachen" die Rede, hört und sieht man im Notenbild sofort im vokalen und instrumentalen Bass eine sich aus der Höhe in die Tiefe hinabringelnde Koloratur, die den stürzenden Drachen symbolisieren soll.
Singt der Solotenor in Joseph Haydns "Schöpfung" seinen Rezitativtext "Vom himmlischen Gewölbe strömt reine Harmonie zur Erde hinab", so fällt die Singstimme in ihrem melodischem Duktus auf das Wort "hinab" über eine Quinte und eine Quarte zu ihrem Tiefton.
(Haydn gehört zwar nicht mehr in den Barock, sondern in die Wiener Klassik, aber die Affekten- und Figurenlehre hat ja immer weiter gewirkt.)
In Händels Messiah beginnt die erste Tenorarie "Every valley shall be exalted" mit dem charakteristischen melodischen Motiv eines nach oben gerichteten betonten Quintsprungs, das die Erhöhung symbolisieren soll.
In der melodischen Erfindung, z. B. in der ostinatoartigen Wiederholung kleinschrittiger Motive in der Tenorarie aus dem Weihnachtsoratorium Bachs, Teil VI, "Nun mögt ihr stolzen Feinde schrecken", die dann auch in den beiden Oboen kontrapunktisch verarbeitet und bis zu dissonanten melodischen Intervallen gesteigert werden findet sich der Affekt des kampfbereiten Widerstands.
Komisch anmutende Intervallsprünge finden sich in der Arie "The Lord sent forth frogs", gleichsam das Froschhüpfen der Froschplage symbolisierend, finden sich in der Altarie in "Israel in Egypt" Händels. Hier also weniger als Affekt als vielmehr lautmalerische Darstellung (onomatopoetisch).
Langsames Tempo und Tonschritte im ausdruckstarken Legato findet sich in Händels berühmten Largo aus Xerxes "Ombra mai fu", das Gebet an den Schatten eines Baumes.
Tonartensymbolik (Komponistenspezifisch) und historisch tradierte Instrumentierungen mit symbolischem Gehalt, z.B. die herrschaftliche Trompete bei Bach, wenn vom Allerhöchsten die Rede ist (Weihnachtsoratorium, Baßarie "Großer Herr und starker König" in D-Dur),- oder das Rohrblattinstrument Oboe wird in der Hirtensymbolik / Wiegenliedsymbolik eingesetzt (Altarie im Weihnachtsoratorium: "Schlafe mein Liebster, genieße der Ruh")-, gehören in den weiteren Umkreis der Affektenlehre.
Es gibt von dem musikwissenschaftler Alfred Dürr Bücher über die Bachschen Kantaten und Oratorien; vielleicht stehen sie in einer Bibliothek in deiner Reichweite ?
LG, Martinius
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(Antwort) fertig | Datum: | 12:21 Sa 23.06.2007 | Autor: | Josef |
Hallo mic,
Martinius hat dir die Begriffe schon schön erklärt.
Hier noch einmal die Beschreibungen aus dem Schülerlexikon-Musik:
Antike und christliche Sinngebung kennzeichneten die Entwicklung der Musik mit ihren zahlreich entstandenen Musizierformen, Institutionen und Zwecksetzungen bis zur Neuzeit. In dieser trat die emotionale Seite der Musik stärker in den Vordergrund. Es bildete sich die musikalische Affektenlehre heraus, die zur Figurenlehre ausgebaut und systematisiert wurde. Die Affektenlehre knüpfte an die Vorstellungen der Antike im besonderen PLATON (427 v. Chr. 348/47 v. Chr.) an, wonach Musik solche Affekte, wie Gemütsbewegungen oder Leidenschaften darstellen und auch hervorrufen kann. Die Figurenlehre, die melodische oder harmonische Wendungen als Mittel der Textausdeutung anwendete, war typisch in der Barockmusik.
Viele Grüße
Josef
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(Frage) beantwortet | Datum: | 17:45 Sa 23.06.2007 | Autor: | mic_x |
vielen Dank für die Antworten. Denke ich bin dann mal gut vorbereitet ;)
und ein Lexikon hab ich leider nicht und hab auch im Internet geguckt, aber nichts gefunden deswegen war das Forum hier meine letzte Hoffnung ;)
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Hi mic,
> vielen Dank für die Antworten. Denke ich bin dann mal gut vorbereitet ;) und ein Lexikon hab ich
> leider nicht und hab auch im Internet geguckt, aber nichts gefunden deswegen war das Forum hier
> meine letzte Hoffnung ;)
Das ist doch schön, wenn dir das Forum helfen konnte. Dann scheue dich nicht, wenn du wieder etwas hast, hier es zu stellen... Die Community hilft dir sicher *smile*...
Liebe Grüße
Analytiker
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