Messbarkeit stetiger Funktion < Maßtheorie < Maß/Integrat-Theorie < Analysis < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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Aufgabe | Beweise oder widerlege: Es gibt eine stetige Funktion f : [mm] \IR^2 [/mm] -> [mm] \IR [/mm] und eine lebesgue-messbare Menge A [mm] \subset \IR^2 [/mm] sodass f(A) nicht messbar |
Die Aufgabe verwirrt mich maximal. In meinem Skript wurde nämlich gezeigt, dass stetige Funktionen immer messbar sind. Was ist hier also die Problematik? Damit obiges gilt müsste f(A) dann ja auf eine Menge abbilden, die nicht mehr in [mm] \mathcal{B}(\IR) [/mm] liegt und da meine Vorstellung da langsam nicht mehr mitkommt, weiß ich auch nicht, ob das möglich ist.
f einfach auf die Vitali-Menge abbilden zu lassen, dürfte ja an der geforderten Stetigkeit scheitern?!
Wie läuft der Hase hier also?
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Hiho,
> Die Aufgabe verwirrt mich maximal. In meinem Skript wurde
> nämlich gezeigt, dass stetige Funktionen immer messbar sind.
Das stimmt.
> Was ist hier also die Problematik?
Dass du nicht die Definition von Meßbarkeit anwenden kannst.
Denn dafür bräuchten wir ein $B [mm] \in \mathcal{B}(\IR)$ [/mm] und wüssten, dass [mm] $f^{-1}(B) \in \mathcal{B}(\IR^2)\subset \mathcal{L}(\IR^2)$
[/mm]
Hier ist der Weg aber genau andersrum.
> Damit obiges gilt müsste f(A) dann ja auf eine Menge abbilden, die nicht
> mehr in [mm]\mathcal{B}(\IR)[/mm] liegt
Korrekt.
> und da meine Vorstellung da langsam nicht mehr mitkommt, weiß ich auch nicht, ob das möglich ist.
Dann stellen wir es uns nicht mehr vor
Als kleine Abschweifung am Rande: Ihr hattet vielleicht, dass für die Borelmengen gilt: [mm] $\mathcal{B}(\IR)\otimes\mathcal{B}(\IR) [/mm] = [mm] \mathcal{B}(\IR^2).
[/mm]
Für Lebesgue-Mengen gilt nun aber [mm] $\mathcal{L}(\IR)\otimes\mathcal{L}(\IR) \subset \mathcal{L}(\IR^2)$
[/mm]
Die Idee für den Beweis ist letztlich genau die, wie für deine Aufgabe hier, zu der wir jetzt mal zurückkommen:
Nimm nun mal eine nicht Borel-meßbare Menge [mm] $H\subset\IR$ [/mm] und ein $x [mm] \in \IR$.
[/mm]
Was weißt du dann über [mm] $\{x\}\times [/mm] H [mm] \subset \IR^2$ [/mm] ?
Beachte: [mm] $\{x\} [/mm] ist eine [mm] $\mathcal{B}(\IR)$ [/mm] Nullmenge.
MFG,
Gono
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> Nimm nun mal eine nicht Borel-meßbare Menge [mm]H\subset\IR[/mm]
> und ein [mm]x \in \IR[/mm].
>
> Was weißt du dann über [mm]\{x\}\times H \subset \IR^2[/mm] ?
> Beachte: [mm]$\{x\}[/mm] ist eine [mm]$\mathcal{B}(\IR)$[/mm] Nullmenge.
Ich würde behaupten, dass B [mm] \times [/mm] H, B [mm] \in \mathcal{B} [/mm] nicht borel-messbar ist und vermutlich auch nicht lebesgue-messbar (bin mir aber nicht ganz sicher, weil es ja nicht-borel-messbare Mengen gibt, die aber l-messbar sind). Wie hilft mir das aber weiter? Ich brauche doch eine messbare Menge deren Abbildung nicht mehr messbar ist und die einzige nicht-messbare Menge, die mir einfällt, ist die Vitali-Menge, die extrem unstetig sein dürfte.
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Hiho,
ok, das tolle an den Lebesgue-Sigma-Algebra ist ja, dass sie vollständig ist.
Was heißt das?
Bedenke nun, dass jede Hyper-Ebene im [mm] \IR^n [/mm] eine Borel-Nullmenge ist.
Eine solche Hyperebene ist bspw. [mm] $\{x\}\times \IR$
[/mm]
Und damit ist [mm] $\{x\} \times [/mm] B$ als Teilmenge einer Hyperebene (und damit einer Nullmenge) ebenfalls eine Lebesgue-Menge (unabhängig davon, wie die Menge [mm] $B\subset \IR$ [/mm] aussieht!)
Betrachte nun die Abbildung [mm] $f_x(A)$, [/mm] die den x-Schnitt von A liefert.
Dann ist [mm] $f_x(\{x\} \times [/mm] B) = [mm] \ldots$
[/mm]
> und die einzige nicht-messbare Menge, die mir einfällt, ist die Vitali-Menge, die extrem unstetig sein dürfte.
Du brauchst für die Aufgabe keine konkrete nicht-meßbare Menge. Darum lass das lieber mit dem Nachgrübeln in diese Richtung
MFG,
Gono.
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> Betrachte nun die Abbildung [mm]f_x(A)[/mm], die den x-Schnitt von A
> liefert.
>
> Dann ist [mm]f_x(\{x\} \times B) = \ldots[/mm]
Mit x-Schnitt ist einfach der Schnitt der Menge A mit der Hyperebene {x}, also: [mm]f_x(\{x\} \times B) = B \cap \{x\}[/mm] gemeint? Ist das ganze dann aber nicht auch eine Nullmenge und damit messbar da Teilmenge von [mm] \{x\}? [/mm] Müsste ich nicht irgendwie auf eine Nicht-Nullmenge abbilden, damit der Schnitt aus einer nicht messbaren Menge und einer Nicht-Nullmenge entsteht?
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Hiho,
> Mit x-Schnitt ist einfach der Schnitt der Menge A mit der
> Hyperebene {x} ... gemeint?
Ja. Wobei es hier korrekt heißen müsste "mit der Hyperebene [mm] $\{x\} \times \IR$". [/mm]
Und dann nimmst du den Anteil, der in dieser Ebene liegt und betrachtest ihn als Teilmenge des [mm] $\IR$.
[/mm]
Ausformuliert würde das so aussehen:
[mm] $\forall\,A \subset \mathcal{P}(\IR^2)\;\exists\,B \subset \mathcal{P}(\IR):\quad [/mm] A [mm] \cap \left(\{x\} \times \IR\right) [/mm] = [mm] \{x\}\cap [/mm] B$
Und darüber definierst du dir dann dein [mm] f_x [/mm] als: [mm] $f_x(A) [/mm] = B$.
Wobei das als bekannt vorausgesetzt werden kann, dass der Korrektor weiß, was der "x-Schnitt" einer Menge ist
> Ist das ganze dann aber nicht auch eine Nullmenge
> und damit messbar da Teilmenge von [mm]\{x\}?[/mm]
Halt. Durch die Abbildung [mm] $f:\IR^2 \to \IR$ [/mm] bilden wir ja von [mm] \IR^2 [/mm] nach [mm] \IR [/mm] ab.
Eine Menge, die im [mm] \IR^2 [/mm] eine Nullmenge ist, muss nicht auch in [mm] \IR [/mm] eine Nullmenge sein.
Als Beispiel: [mm] $f_x(\{x\} \times \IR) [/mm] = [mm] \IR$, [/mm] es gilt aber: [mm] $\lambda_2(\{x\} \times \IR) [/mm] = 0$ und [mm] $\lambda_1(\IR) [/mm] = [mm] \infty$
[/mm]
> Müsste ich nicht
> irgendwie auf eine Nicht-Nullmenge abbilden, damit der
> Schnitt aus einer nicht messbaren Menge und einer
> Nicht-Nullmenge entsteht?
Du MUSST nicht. Mach dir klar, dass bei der Aufgabe folgendes gegeben ist:
Du bildest ab von [mm] $\IR^2$ [/mm] nach [mm] $\IR$, [/mm] wobei du als Sigma-Algebra im Urbildraum die Lebesgue-Mengen [mm] \mathcal{L}(\IR^2) [/mm] hast, im Bildraum aber nur die Borel-Mengen [mm] $\matchal{B}(\IR)$.
[/mm]
D.h. im Urbildraum gibt es keine Nicht-Meßbaren Nullmengen, da wir die vollständige LEBESGUE-Sigma-Algebra haben. Im Bildraum hingegen gibt es solche Mengen sehr wohl, da wir dort nur die (nicht vollständigen) BOREL-Mengen betrachten!
Aber falls dich das stört: Du musst ja gar keine nicht-meßbare Nullmenge auf [mm] \IR [/mm] nehmen, du kannst es aber. Das spielt für den Beweis keine Rolle.
MFG,
Gono.
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So langsam fang ich an es zu schnallen, was für die Vorlesung eigentlich ungewöhnlich ist, denn normalerweise muss ich da alles 30x lesen bis ich die Idee so halbwegs verstanden habe.
Was ich allerdings nicht verstanden habe, ist eigentlich der Knackpunkt. Wieso wird einerseits von LB-Messbarkeit im [mm] \IR^2 [/mm] geredet wobei das Bild dann plötzlich nur noch [mm] \mathcal{B}(\IR)-messbar [/mm] sein muss? Wir haben zwar vereinbart, dass die zugehörige [mm] \sigma-Algebra [/mm] weggelassen werden kann, wenn diese aus dem Kontext klar ist, aber warum ist dann rechts nicht auch LB-Messbarkeit gefordert, wenn das links schon der Fall ist? Oder bedeutet messbar ohne Präfix im [mm] \IR^n [/mm] immer automatisch [mm] \mathcal{B}(\IR^n)-messbar?
[/mm]
Die andere Frage ist dann, wie das in der Prüfung laufen soll, denn sobald die Aufgabe von der Transferleistung her oberhalb absoluter Basics liegt, komme ich in 3000 Jahren nicht mehr auf die Lösung.
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Hiho,
> Was ich allerdings nicht verstanden habe, ist eigentlich
> der Knackpunkt. Wieso wird einerseits von LB-Messbarkeit im
> [mm]\IR^2[/mm] geredet wobei das Bild dann plötzlich nur noch
> [mm]\mathcal{B}(\IR)-messbar[/mm] sein muss?
ui, nun hätte ich fast geschrieben "das war doch in der Aufgabenstellung gegeben".
Habe nun beim nachschlagen aber festgestellt, dass in der Aufgabenstellung nur steht:
> Beweise oder widerlege: Es gibt eine stetige Funktion f : [mm] \IR^2 [/mm] -> [mm] \IR [/mm] und eine lebesgue-messbare Menge A so dass f(A) nicht messbar
Das Borel-meßbar auf [mm] \IR [/mm] hast du ja eingefügt und ich bin die ganze Zeit davon ausgegangen, es wäre gegeben gewesen.
Nach dieser Aufgabenstellung würde ich hier davon ausgehen, dass auf beiden Mengen von der Lebesgue-Sigma-Algebra ausgegangen wird.
D.h. mit "messbar" ist in der Aufgabenstellung "Lebesgue-meßbar" gemeint (darum ist es hier in der Aufgabenstellung auch angegeben).
Das tolle ist nun aber, dass unser Beweis mit der Sigma-Algebra im Bildraum so gut wie gar nichts zu tun hat (außer, es wäre die Potenzmenge, vielleicht fällt dir ja ein, warum ). Wir nehmen eben einfach eine Nicht-meßbare Menge aus dem Bildraum.
Dass sie im Urbildraum dann meßbar wird, liegt ja an der Vollständigkeit der Lebesgue-Sigma-Algebra und der Argumentation über die Hyperebene.
> Oder bedeutet messbar
> ohne Präfix im [mm]\IR^n[/mm] immer automatisch
> [mm]\mathcal{B}(\IR^n)-messbar?[/mm]
Im Normalfall ja. Spricht man von "meßbar" auf [mm] \IR^n [/mm] meint man im Regelfall die Borel-Mengen.
> Die andere Frage ist dann, wie das in der Prüfung laufen
> soll, denn sobald die Aufgabe von der Transferleistung her
> oberhalb absoluter Basics liegt, komme ich in 3000 Jahren
> nicht mehr auf die Lösung.
Dafür gibts ja nun die Übungen. Erkenntnisse sammeln und mitnehmen
MFG,
Gono.
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