Meinungsfreiheit < Jura < Geisteswiss. < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 16:07 Mi 15.02.2012 | Autor: | nicom88 |
Hey, und zwar habe ich eine Frage zum Thema Meinungsfreiheit. Im Prüfungspunkt Verhältnismäßigkeit, Unterpunkt Angemessenheit wird die Wechselwirkungslehre angesprochen. Dabei ist es umstritten, ob eine abstrake oder konkrete Abwägung stattzufinden hat. Die hM ist für eine konkrete Abwägung (Einzelfallabwägung).
Bedeutet dies jetzt, dass innerhalb der Prüfung der Angemessenheit des Gesetzes schon konkret auf die Widerstreitenden Interessen und auf den Einzelfall bezug genomen werden muss? Grds wird auf den Einzelfall ja erst in bei der Verhältnismäßigkeit der Einzelmaßnahme bezug genommen...
Könnt ihr mir weiterhelfen?
Danke und liebe Grüße
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(Antwort) fertig | Datum: | 17:11 Mi 15.02.2012 | Autor: | Josef |
Hallo nicom88,
> Hey, und zwar habe ich eine Frage zum Thema
> Meinungsfreiheit. Im Prüfungspunkt Verhältnismäßigkeit,
> Unterpunkt Angemessenheit wird die Wechselwirkungslehre
> angesprochen. Dabei ist es umstritten, ob eine abstrake
> oder konkrete Abwägung stattzufinden hat. Die hM ist für
> eine konkrete Abwägung (Einzelfallabwägung).
>
> Bedeutet dies jetzt, dass innerhalb der Prüfung der
> Angemessenheit des Gesetzes schon konkret auf die
> Widerstreitenden Interessen und auf den Einzelfall bezug
> genomen werden muss?
Ja.
Angemessenheit
"Teil des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Die Angemessen-
heit wird auch als Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne bezeichnet.
Eine Maßnahme ist angemessen, wenn sie nicht zu Nachteilen
führt, die zu dem erstrebten Zweck erkennbar außer Verhältnis stehen.
Es darf damit kein krasses Missverhältnis zwischen dem Schaden
des Einzelnen und dem Nutzen der Allgemeinheit bestehen. Ob
eine Maßnahme angemessen ist, wird durch eine Abwägung der
betroffenen Rechtsgüter ermittelt (sog. praktische Konkordanz)."
Quelle: Definitionen-Jura
> Grds wird auf den Einzelfall ja erst
> in bei der Verhältnismäßigkeit der Einzelmaßnahme bezug
> genommen...
>
"Das BVerfG verlangt, dass der besondere Wertegehalt des Grundrechts auf jeden Fall gewahrt bleibt. es findet somit eine Wechselwirkung statt: Die allgemeinen Gesetzte setzen zwar dem Grundrecht SChranken, sie werden aber selbst im Hinblick auf den besonderen Wertgehalt dieses Grundrechts ausgelegt. Ob das durch das allgemeine Gesetz geschützte Rechtsgut oder die Meinungsfreiheit Vorrang genießt, kann man im Einzelfall nur mit Hilfe einer Güterabwägung feststellen."
Quelle:
Staatsrecht; Grundgesetz; Band 6; Gerhard Brunner, Frank Höfer; Bayerische Verwaltungsschule; Seite 45, Tz 3.2.8
Viele Grüße
Josef
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(Frage) beantwortet | Datum: | 13:22 Fr 17.02.2012 | Autor: | nicom88 |
Vielen Dank dafür; aber ich habe das Problem, dass ein Gesetz und die Anwendung des Gesetzes Verhältnismäßig sein müssen. Grds. wird man bei der Einzelanwendung konkret und bleibt bei der ANgemessenheit des Gsetzes abstrakt. Wie sieht das jetzt hier aus?
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(Antwort) fertig | Datum: | 14:51 Fr 17.02.2012 | Autor: | Josef |
Hallo nicom88,
> Vielen Dank dafür; aber ich habe das Problem, dass ein
> Gesetz und die Anwendung des Gesetzes Verhältnismäßig
> sein müssen. Grds. wird man bei der Einzelanwendung
> konkret und bleibt bei der ANgemessenheit des Gsetzes
> abstrakt.
Wie sieht das jetzt hier aus?
In diesem Fall kommt die Einzelanwendung in Betracht.
"Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG sind Einzelfallgesetze verboten. Nach Art. 19 Abs. 2 GG darf ein Gesetz nicht den Wesensgehalt eines Grundrechts antasten. Darin wird von manchen eine
Ausprägung des ungeschriebenen Verfassungsgrundsatzes der Verhältnismäßigkeit gesehen.
Die herrschende absolute Theorie betont eine unantastbare Grundsubtanz jedes Grundrechts.
Die relative Theorie nimmt eine Güterabwägung zwischen dem Ziel des Eingriffs und der Schwerer der Beeinträchtigung vor und bestimmt die Zulässigkeit jedes Grundrechtseingriffs nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit . Art. 19 Abs. 2 ist nach dieser Theorie nur verletzt, wenn das geschützte Rechtsgut stärker beeinträchtigt wird, als dies zum Schutz höherwertiger Rechtsgüter erforderlich ist. Damit wird eine umfassende Relativierung des Grundrechtsschutzes bis hin zur völligen Beseitigung von Freiheiten zugunsten höherrangiger Werte in Kauf genommen.
In der Literatur herrscht eine vermittelnde Meinung vor, die sowohl einen unantastbaren Kernbereich jedes Grundrechts bejaht als auch außerhalb diese Kernbereichs Grundrechtseingriffe am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbotes misst. Auch das BVerfG verknüpft diese Gesichtspunkte und bejaht in Ausnahmefällen die Möglichkeit, dass Grundrechtseingriffe verhältnismäßig sein können und damit den Kernbereich eines Grundrechts unangetastet lassen, selbst wenn von dem Grundrecht im Einzelfall nicht mehr viel übrig bleibt.
Die Gleichsetzung der Unverhältnismäßigkeit eine Grundrechtseingriffs mit der Verletzung der Wesensgehaltsgarantie stößt auf Bedenken. Da die Grundrechte Elemente objektiver Ordnung und subjektive Rechte sind, müssen sich Grundrechtseingriffe sowohl an der Garantie eines absoluten Wesensgehalts nach Art. 19 Abs. 2 als auch an dem Gebot der Verhältnismäßigkeit messen lassen. Das Übermaßverbot, auch als Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im weiteren Sinne bezeichnet, sit nach heute einhelliger Auffassung ein ungeschriebener Verfassungsgrundsatz.
Eine Grundrechtsbeschränkung ist verhältnismäßig (im weiteren Sinne), wenn sie
- einen verfassungsmäßigen Zweck verfolgt und
- zur Erreichung diese Zwecks
_ geeignet ist,
- erforderlich (notwendig) ist und
- verhältnismäßig im engeren Sinne ist (Rechtsgüterabwägung).
Verhältnismäßig ist eine Maßnahme, wenn eine Güterabwägung ergibt, dass die Bedeutung des zur Geltung zu bringenden Rechtsguts unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs nicht außer Verhältnis zu dem Rechtsgut steht, das zurücktreten muss."
Quelle: Staats- und Verfassungsrecht; Maier; 4. Auflage; efv - Achim; Band 1; Seite 125-128
Viele Grüße
Josef
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