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Aufgabe | Hallo an alle, die hier reinschauen:
Dies ist keine Aufgabe, sondern das Ergebnis eines Gesprächs
zum Thema "Mathematik lernen und verstehen", das sich
recht spontan aus einer Diskussion zu einer Aufgabe hier
im Matheraum heraus entsponnen hat. Besonders für jene,
die sich auch mit dem Unterricht von Mathematik beschäftigen,
könnte die Lektüre interessant (und auch ein bisschen spaßig) sein.
Wer sich dazu äußern möchte, ist dazu herzlich eingeladen ! |
$\ $
[mm] $\text{\Large{Dialog über komische Symbole, Höhensätze mit Pirouetten,}}
[/mm]
[mm] $\text{\Large{über den Garten der Mathematik , Liebe und Freundschaft}}$
[/mm]
Jupp :
Also, worauf ich hinaus will ist die Tatsache, das es mir
noch immer nicht klar ist welche "Kluft" zwischen jemandem
herrscht, der Mathematik versteht, und jemandem der sie
nicht versteht.
Damit meine ich nicht, er muss schon Gleichungen höchster
Ordnung schreiben können, sondern wo fängt man an
Mathematik zu üben.
Wenn ich jemandem ein neues Wort beibringe in Englisch oder
auch Deutsch, weiß er "Ich lerne jetzt ein neues Wort,
damit kann ich etwas neues beschreiben".
Ali : das klingt positiv, irgendwie zuversichtlich
Jupp :
Wenn ich in Mathematik jemandem etwas beibringe, weiß er
"Ich lerne jetzt eine komische Symbol / Buchstaben / Zahlen
Kombination, die mir hoffentlich irgendwann hilft, wenn ich
sie (wieder)erkenne, ein Prüfungsbeispiel zu lösen".
Ali : ... und dies klingt eher negativ, kaum verheißungsvoll !
Ali :
Wenn es in Mathe nur darum ginge, mit irgendwelchen
"komischen Symbolen" umzugehen und Prüfungsbeispiele
zu bewältigen, hätte die ganze Mathematik (angefangen
bei Pythagoras und Euklid und bis zur Mathematik der
modernen Physik und zu all der Mathe, die z.B. hinter
einem Computerspiel steckt) überhaupt nicht geschaffen
werden können. Es wäre einfach allen viel zu langweilig
gewesen.
Wer also schon mit einer so ziemlich jämmerlichen
Vorstellung an Mathe rangeht, hat nur geringe Chancen,
es dabei zu etwas zu bringen ...
Eine wichtige Aufgabe von Lehrern (aller Stufen),
welche Rechnen, Geometrie, Algebra und höhere
Mathematik an Kinder und Jugendliche heranbringen
möchten, ist also die, einen guten Boden für eine
positive Motivation zu schaffen. Mir schwebt da
ein Bild der Mathematik als ein riesiger Garten vor,
in welchem verschiedenste Gewächse blühen und
Früchte tragen. Der Schüler wird schrittweise in
diesen Garten geführt und sieht zunächst nicht viel
von den Früchten, die da zu pflücken wären.
Um an sie zu gelangen, muss man oft ein Stück weit
hochklettern. Um motiviert zu sein, einen manch-
mal etwas öden Stamm hochzuklettern (ich denke
da an manchmal etwas komplizierte Herleitungen),
muss man schon eine Ahnung davon haben, welche
Früchte da droben hängen könnten.
Lehrer, die Mathematik unterrichten, sollten
also in allererster Linie selber wenigstens in einem
kleinen Teil des Gartens der Mathematik einen
gewissen Überblick haben und einige seiner
süßen Früchte gekostet haben. Sie sollten dadurch
in die Lage kommen, etwas von ihrer eigenen
Begeisterung etwa über die Symmetrien in
der Geometrie oder über die Kraft des syste-
matischen Denkens bei einem algebraischen
Beweis auf ihre Schüler zu übertragen.
Jupp :
Vielleicht ist das wirklich die grundlegende Frage:
Mit was beginnt man, Mathematik zu üben?
Oder ist Mathematik so komplex, das selbst die Grundlagen
schon jahrelanger Übung bedürfen?
Ist es so wie Klavier spielen? Wenn du nicht mit 3 Jahren
anfängst, damit du spätestens mit 30 Jahren
Klavier-Meister bist?
Ali :
Ich denke schon, dass es ein recht langer Weg ist,
bei dem viele kleine und auch etwas größere
Schritte zu machen sind. Wie immer kann man
auch gewisse Umwege kaum vermeiden - im
Rückblick kann man dann vielleicht auch daraus
etwas lernen, dass man sich bewusst wird,
weshalb dies ein Umweg war.
Wo genau man anfangen soll ? Dazu gibt es
kaum ein allgemein verbindliches "Rezept".
Jeder bringt ja von seinen vorherigen Erfahrungen
mit Zahlen, Rechnen, Geometrie, Algebra einen
gewissen "Rucksack" mit - der hoffentlich etwa
beim Eintritt in ein Studium nicht schon wieder
fast leer ist (was auf ineffizientes Lernen in der
Vergangenheit hindeuten würde). So gesehen
muss jeder da anfangen, wo er im Moment in
Bezug auf die entsprechenden Inhalte eben steht ...
Das Üben gehört natürlich zum Erlernen von
Mathematik auch dazu. Wenn aber der Übungs-
bedarf überhand nimmt (und z.B. Schüler tage-
und nächtelang büffeln müssen, um sich auf
eine Prüfung vorzubereiten), ist dies meistens
ein Zeichen, dass da etwas ziemlich schief gelaufen
ist. Sich nur mittels Kurzzeitgedächtnis Formeln
und ihre Anwendung in Schema-F-Manier in den
Kopf zu zwängen, ist der falsche Weg. Wer sich
im Gegensatz dazu die mathematischen Inhalte
wirklich aneignet und von innen heraus versteht,
hat da viel leichteres Spiel. Einmal verstanden,
für immer verstanden. Nur gebüffelt, und du bist
immer wieder der Ochs am Berg !
Jupp :
Eine sehr wichtige Aufgabe !
Die Vorstellung ist auch toll, nur ich denke du weißt, dass
die Schüler oft nicht imstande sind, diese Früchte zu sehen.
Oder vielleicht mögen sie die Früchte gar nicht , da kann
ich dann auch nichts machen.
Ali :
Ich denke, es gibt da auch kleinere Pflanzen und "Früchte",
die nicht so hoch hängen, gewissermaßen die "Erdbeeren"
der Mathematik. Kinder sind von Natur aus neugierig, und
wenn sie schon im Kindergarten und in der Elementarschule
geeignete Anregungen zur Beschäftigung mit Formen und
Anordnungen erhalten, können dies erste Schritte hin zu
mathematischen Inhalten sein, die durchaus lustvoll sind.
Selber habe ich zwar keine Erfahrung etwa als Kinder-
gärtner oder Primarlehrer, doch finde ich, dass schon da
erste Spuren gelegt werden können, die später z.B. den
Umgang mit Zahlen erleichtern können.
Jupp :
Aber mir stellt sich der Mathe Unterricht so dar, dass man
nicht nur die Früchte nicht sieht und der Stamm öde ist,
sondern dass auch liebend gerne darauf hingewiesen wird,
dass das so sein muss.
Was ich dem hinzufügen möchte: Viele schaffen es den
öden Stamm hochzuklettern (die Prüfung zu schaffen), da
sie aber nicht wissen, wie die Früchte schmecken (was denn
so toll daran ist, das man das jetzt gelöst hat), sind sie
ohne besondere Freude da oben (bis auf die Freude, das die
Prüfung endlich vorbei ist, und als Draufgabe positiv
geschafft).
Ali :
Ich weiß sehr wohl, wovon du sprichst. Auch bei meinen
eigenen Schülerinnen und Schülern (obere Gymnasialstufe)
blieb es zum Teil bei recht bescheidenen Erfolgen, und
einige waren bestimmt auch beim Abitur froh, die
Mathematik (aber vielleicht etwa auch das Französisch und
die Geschichte) hinter sich lassen zu können.
Lehrer, die Mathematik unterrichten, sollten
also in allererster Linie selber wenigstens in einem
kleinen Teil des Gartens der Mathematik einen
gewissen Überblick haben und einige seiner
süßen Früchte gekostet haben. Sie sollten dadurch
in die Lage kommen, etwas von ihrer eigenen
Begeisterung etwa über die Symmetrien in
der Geometrie oder über die Kraft des syste-
matischen Denkens bei einem algebraischen
Beweis auf ihre Schüler zu übertragen.
Wer sich im Gegensatz dazu die mathematischen
Inhalte wirklich aneignet und von innen heraus versteht,
hat da viel leichteres Spiel.
Jupp :
Von innen heraus ? Bitte, das musst du erläutern :)
Ali :
Ich spreche eben gerne etwa vom "Inwendig-Lernen"
anstatt "Auswendig-Lernen" . Etwas auswendig zu lernen
(wie ich z.B. vor zig Jahren mal Schillers Glocke aus-
wendig gelernt hatte) hat nur einen relativ kurzfristigen
Nutzen, denn recht bald hat man alles wieder vergessen.
Wenn ich aber z.B. verinnerlicht habe, dass zwei
Dreiecke mit gleichen Winkeln auch identische Seiten-
verhältnisse haben, und wenn ich zudem mit einfachen
Gleichungen umgehen kann, so kann ich mir zum
Beispiel alle Sätze über rechtwinklige Dreiecke wie etwa
den Höhensatz, den Satz von Pythagoras und den Kathe-
tensatz jederzeit wieder selbständig herleiten, falls
ich etwa einen davon mal vergessen haben sollte.
Solches Lernen (und wirkliches Verstehen) nenne
ich "inwendiges Lernen".
Jupp :
Ich finde es gerade sehr interessant, wenn ich deine
Beschreibung lese:
"... zwei Dreiecke mit gleichen Winkeln auch identische
Seitenverhältnisse haben, und wenn ich zudem mit einfachen
Gleichungen umgehen kann, so kann ich mir zum
Beispiel alle Sätze über rechtwinklige Dreiecke wie
etwa den Höhensatz, den Satz von Pythagoras und den
Kathetensatz jederzeit wieder selbständig herleiten,
falls ich etwa einen davon mal vergessen haben sollte."
Und sich mir der Magen dabei umdreht.
Natürlich ist jetzt die Frage warum.
Das erste was mir einfällt, das etwas mit Worten in der
Mathematik geradezu ad absurdum geführt wird und dass ein
Mathematiker die schlimmen Erlebnisse wie er selbst diese
Wörter gelernt hat ausblendet.
Ali :
Schlimme Erlebnisse ? Auch wenn ich mir Mühe gebe, kann
ich mich nicht an solche bei meinem damaligen (in der Schule)
Kennenlernen von Begriffen wie den "Seiten" eines Dreiecks
und auch bei "Verhältnis" im Sinne eines Zahlenverhält-
nisses wie etwa 3 : 5 erinnern.
Jupp :
Ich hab jetzt mal versucht meinen Gedanken freien Lauf zu
lassen, nachdem ich deinen Text lese, das hier sind die
Ergebnisse:
Kathete? Kathedrale? Kater? Katze?
Ali : da hast du noch "Katheder" und "Katheter" vergessen ...
Jupp : ja, und "Kataster" und "Katastrophe" ...
Jupp :
Seitenverhältnisse? Wände? Verhältnisse? Buchseiten?
Papier? Blätter?
Verhältnis von zwei Buchseiten zueinander? Verhältnis
ist böse (Eltern streiten deswegen)?
Gleichungen? Einfach? Soll wohl ein Scherz sein? Gleich?
Etwas ist gleich? Gleichungen, wasn das für ein Wort? Sie
Gleichungen sich wie Zwillinge? Wie bitte?
Höhensatz? Sprung in die Höhe? Satz in die Höhe?
Ali :
Naja, da vollführst du ja gerade selber ein paar drollige
(sprachliche) Hochsprünge (Salti) mit Mehrfachdrehungen !
Jupp :
Ich weiß nicht wie du es siehst, aber ich finde das gerade
irgendwie spannend.
Kann man über Verhältnisse und Satz überhaupt sprechen
ohne das sich unser Kopf dagegen wehrt, das dies plötzlich
etwas komplett anderes ist, als das, was es normalerweise
bedeutet? Und was wir damit verbinden?
Und nicht, das es ein komplett neues Wort ist, sondern
"angelehnt" an bereits bekannte Wörter?
Ali :
Nun, das geschieht nun ja wirklich nicht nur in der Mathematik,
sondern auch in anderen Wissensbereichen und auch in der
stinknormalen Alltagssprache.
Wenn du das Licht anmachst, denkst du da auch an Anmache ?
Du hast vor deinen Augen einen Bildschirm. Schirm ? Regen-
oder Sonnenschirm ? Fallschirm ? Raketenschutzschirm ?
Krieg ? Kriegst du jetzt Gänsehaut, wenn ich plötzlich von
Krieg spreche ?
Machen wirs etwas freundlicher:
Lieber Jupp, wie kannst du die Begriffe "Nächstenliebe",
"Liebelei", "Mutterliebe", "Vaterlandsliebe", "Liebe machen" ...
unter einen Hut bringen ?
Wenn wir schon bei der "Liebe" angelangt sind:
Sehr viele (vor allem jugendliche) Menschen haben ein
wirkliches Problem mit dem Ausdruck "Freund" bzw.
"Freundin" . Sie müssen pingelig auseinanderhalten,
ob sie nun von "dem" Freund oder "einem" Freund sprechen,
und wehe, wenn da Verwechslungen auftreten !
(du weißt was ich meine !)
Jupp :
Ist Mathematik lernen das Ändern von Gewohnheiten?
Ali :
Wie gesagt, dass identische Wörter je nach Kontext ganz
verschiedene Bedeutungen haben können, ist keineswegs
eine Besonderheit der Ausdrucksweise der Mathematik.
Damit muss sich auf Schritt und Tritt auch abfinden,
wer mit Mathe gar nichts "am Hut" hat ... aha, Hut !
Was für ein Hut ist das denn, woran man so gewisse
Dinge hat ?
Zeig mir deinen Hut und alles was da so dran ist, und
ich sage dir, wer du bist !
10. November 2014
Dateianhänge: Anhang Nr. 1 (Typ: doc) [nicht öffentlich]
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Hallo,
bitte diese Frage nicht beantworten !
Sie soll nur dazu dienen, die obige als "Frage" deklarierte Diskussionsanregung zu "schützen".
Moderator: Bitte um die Deklaration des Dialogs z.B. als "Umfrage". Besten Dank !
LG , Al
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 18:20 Do 11.12.2014 | Autor: | matux |
$MATUXTEXT(ueberfaellige_frage)
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Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 18:36 Mo 10.11.2014 | Autor: | leduart |
Hallo
ich empfehle allen, die sich für das Thema interessieren die Seite "A Mathematician's Lament"
hier
Gruß leduart
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Ja, diesen Text von Lockhart, der mir schon lange bekannt ist,
kann ich auch zur Lektüre empfehlen.
Die Kunst, ein Thema in Form eines Dialogs zu behandeln, wird
dort noch viel besser durchgeführt. Und der Text kann einem
wirklich sehr zu denken geben über Matheunterricht, wie er
gewohnterweise so stattfindet und wie er eventuell sein könnte.
In gewissen Punkten wäre ich aber vielleicht etwas weniger
sarkastisch als Lockhart.
LG , Al
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 21:52 Mo 10.11.2014 | Autor: | tobit09 |
Hallo zusammen!
Vielen Dank, leduart, für den Link!
Was die Schulwirklichkeit betrifft, finde ich diesen Text größtenteils sehr treffend.
Bei der axiomatischen Geometrie bin ich anderer Meinung: Ich finde gerade das formale Präzisieren und das Verstehen anhand von exakten Argumenten spannend. Ich fühle mich unwohl bei einem Beweis, wie ihn der Student des Autors gefunden hat, solange er nicht exakter begründet wird.
Nun greift der Autor dieses von mir hier genannte Argument durchaus auf und entgegnet u.a. sinngemäß:
Das sei nun mal keine echte Mathematik genauso wie Malen nach Zahlen keine echte Kunst sei.
Dazu möchte ich zweierlei entgegnen:
1. Was wäre daran schlimm, wenn es im Kunststudium Kurse zum Thema Malen nach Zahlen gäbe? Vermutlich die Überflüssigkeit wegen Trivialität; es gäbe schlichtweg nichts mehr zu lernen.
Die axiomatische Geometrie ist hingegen wohl kaum zu trivial.
2. Das Verständnis von Zusammenhängen und deren Beweisen sowie das Finden von Beweisen innerhalb einer axiomatischen Geometrie ist gerade keine Schema-F-Aufgabe, sondern erfordert Intuition, Kreativität und Problemlösen! Damit unterscheidet sie sich fundamental vom Malen nach Zahlen.
Die vom Autor kritisierten Notationen vereinfachen die Verständigung. Natürlich kann man über andere Wahlen der Notationen nachdenken. Dennoch sollten sie natürlich innerhalb eines Kurses festgelegt und eingehalten werden, um die Verständigung untereinander zu erleichtern.
Warum soll es schlimm sein, Propositionen durchzunummerieren, um auf sie verweisen zu können?
Dann sagt der Autor, es sei offensichtlich ("obvious"), dass Scheitelwinkel gleich groß seien und bedürfe eigentlich keines Beweises. Für mich ist es nicht offensichtlich. Das erinnert mich sehr an Professoren, bei denen gefühlt alles "trivialerweise" gilt / "klar" ist. Ein solcher Dozent würde sehr einschüchternd auf mich wirken!
Schade, dass der Autor in einem an sich hervorragenden Text so über das Ziel hinausschießt!
Viele Grüße
Tobias
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 13:33 Mi 03.12.2014 | Autor: | hase-hh |
Moin Moin!
ein paar krause Gedanken zu eurer Diskussion.
Talente sind unterschiedlich verteilt und das ist auch gut so.
Ich sehe bei meinen Schülern, wie unterschiedlich die Talente verteilt sind, die Potentiale und die Begrenzungen.
Nein, nicht jeder wird Mathe lernen (können).
Schade eigentlich! wenn man nie frustrierende Erfahrungen gemacht hat, kann man sich natürlich kaum vorstellen, dass es anderen Geschöpfen genau so gehen könnte; wenigstens zeitweise. Dies führt dann sicher auch zu mehr Mitgefühl.
Mit dem Effekt, dass mancher Schüler auch mehr lernen wird, weil er sich verstanden fühlt.
Wie sagte Goethe: Man lernt nur von dem, den man liebt.
Und auch klar, ein guter Lehrer wird auch weniger begabte Schüler ein Stück wieter bringen, ein schlechter selbst die guten verkümmern lassen.
Ich halte es für duchaus sinnvoll (auch) von Außen nach Innen zu arbeiten. d.h. auch das Auswendiglernen von Vokabeln (Merksätzen und Formeln...) ist eine gute Methode zum Lernen von Mathe.
Wie Loki Schmidt sagte, das Bimsen ist für sie ein wichtiger Teil des Unterrichts.
Wir mussten früher jeder die Potenzgesetze aufsagen; bspw. "Zwei Potenzen mit gleicher Basis werden multipliziert, indem man die Exponenten addiert". Es tut mir leid, aber ich weiss diese bis heute
Aber selbstverständlich ist das andere noch schöner; eine Motivation aus sich selbst heraus zu erwecken / zu fördern... (was du mit Inwendiglernen bezeichnest) und dann passiert der Rest im Prinzip von selbst.
Dabei sind wir natürlich schnell bei unserem Schulsystem. Nun, ich selbst habe bis zur 4. Klasse gerne gelernt. Danach, nee. Perecht zitiert den Satz: Nur ca. 2% des Wissens sind nach der Schulzeit noch in irgendeiner Weise abrufbar.
Insofern ist die Motivation von Schülern in den meisten Schulen vermutlich eher schwierig.
Mir ist durchaus bewusst, dass es auch andere Schulkonzepte gibt, aber bisher nur für die Wenigsten erfahrbar.
Ferner durfte ich erfahren, wie extrem unterschiedlich Schüler lernen. Dem einen muss man die Sache einmal erklären. Und gut. Dem anderen muss man hundert Vorträge halten. Der nächste braucht 50 Übungsaufgaben... usw. usf.
Ich weiß, wenn man vor 25 Schülern steht, ist es kaum möglich auf jeden individuell einzugehen... das ist aber eben ein nachteil unseres Bildungssystems.
Wie Mathe lernen?
Ich kann hier nur ein paar Prinzipien nennen, die m.E. hilfreich sind.
1. Veranschaulichen
Mit Bildern arbeiten; wenn ich mir vorstellen kann, was da los ist, ist das oft schon die halbe Lösung.
Also ermutige ich meine Schüler gerne dazu, sich Skizzen zu machen, auch wenn es gerade nicht verlangt ist, um mehr Klarheit zu schaffen um was es bei der Aufgabe geht.
Eine Funktion (wenigstens grob) skizzieren [vor der eigentlichen Analyse],
einen Bruch als Anteil an einem Kreis zeichnen, eine Waage als Bild für eine Gleichung zu nehmen.
Übrigens, was ich früher nie verstanden habe ist die Vektorrechnung.
Ich habe nun vor ein paar Jahren eine dreidimensionale Zeichung mit eingefärbtem Hintergrund gesehen; wo absolut klar war, wie die Koordinaten abzulesen sind...
Übrigens falls jemand eine entsprechende Zeichung hat, was für einen Körper zwei sich schneidende Kugeln ausschneiden, gerne an mich!
2. Was habe ich , was will ich?
Welche Größen sind gegeben? welche gesucht?
3. Üben
In den meisten Fällen halte ich zahlreiche Übungen für hilfreich. Meine These, Mathematik hat viel mit üben zu tun. Ich muss zunächst verstehen, worum es geht... und dann muss ich (viel) üben, damit ich es beherrsche / damit spielen kann.
4. Spielen
Apropos spielen. Auch dies ist eine gute Möglichkeit, die Schwere aus dem Ganzen zu nehmen. Einfach mal ein bisschen mit den Größen, dem Problem spielen... ggf. auch noch eine andere Herangehensweise vorstellen...
Insbesondere in Analytischer Geometrie habe ich festfgestellt, gibt es fast immer mehrere Lösungswege.
5. Für mich ist eine Anwendungsorientiertheit auch hilfreich.
Ok, wenn sie nicht übertireben wird. Also man muss auch nicht jede Aufgabe in ein Anwendungsszenario packen.
Aber wenn man z.b. Prozentrechnung oder Steigungsbetrachtungen macht, bieten sich Rabatte auf Kleidungsstücke oder Wanderungen vom Tal zum Gipfel an.
Ich komme zum Schluss.
"Wenn ein Zug um 8:05 Uhr in München losfährt und in Köln mit 20 minütiger Verspätung ankommt... wie viele Leute verpassen dann ihre Anschlusszüge?"
LG
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Hallo Hase
danke für deinen Kommentar. Die nachfolgenden Ratschläge kann
ich nur wärmstens unterstützen. Sie erinnern mich übrigens
stark an Polyas "Schule des Denkens"
> Wie Mathe lernen?
> Ich kann hier nur ein paar Prinzipien nennen, die m.E.
> hilfreich sind.
>
> 1. Veranschaulichen
> Mit Bildern arbeiten; wenn ich mir vorstellen kann, was da
> los ist, ist das oft schon die halbe Lösung.
>
> Also ermutige ich meine Schüler gerne dazu, sich Skizzen
> zu machen, auch wenn es gerade nicht verlangt ist, um mehr
> Klarheit zu schaffen um was es bei der Aufgabe geht.
>
> Eine Funktion (wenigstens grob) skizzieren [vor der
> eigentlichen Analyse]
Leider ist in der heutigen Schulmathe-Landschaft ein
betrüblicher Trend festzustellen, der gerade in die
verkehrte Richtung geht: bei geometrischen (und
anschaulichen) Methoden wird viel zu sehr gespart,
weil offenbar sogar auch manche Mathelehrer selber
diese als "nur halbwegs mathematisch" einstufen und
fast immer nur analytische, rechnerische und damit
oft auch bloß schematische Lösungswege bevorzugen.
> 2. Was habe ich , was will ich?
> Welche Größen sind gegeben? welche gesucht?
Ja. Ebenfalls sehr wichtig: den Überblick über das Problem
schaffen und im Auge behalten.
> 3. Üben
> In den meisten Fällen halte ich zahlreiche Übungen für
> hilfreich. Meine These, Mathematik hat viel mit üben zu
> tun. Ich muss zunächst verstehen, worum es geht... und
> dann muss ich (viel) üben, damit ich es beherrsche / damit
> spielen kann.
Da ist aber das richtige Maß wichtig. Eine sehr große Anzahl
fast gleichartiger Übungsbeispiele verleiten manche gerade
zum "Schema-F" - Rechnen. Eine geringere Anzahl von
Beispielen, die aber detailliert durchgegangen werden,
womit das Verständnis gefördert wird, ist da oft sinnvoller.
> 4. Spielen
> Apropos spielen. Auch dies ist eine gute Möglichkeit, die
> Schwere aus dem Ganzen zu nehmen. Einfach mal ein bisschen
> mit den Größen, dem Problem spielen... ggf. auch noch
> eine andere Herangehensweise vorstellen...
> Insbesondere in Analytischer Geometrie habe ich
> festfgestellt, gibt es fast immer mehrere Lösungswege.
Einen guten Blick dafür, wie man eine solche spielerische
Haltung auch den Schülern mitgeben kann, haben, fürchte
ich, nur eher wenige Mathe Unterrichtende. Und da ist
eben leider auch immer der fordernde Lehrplan, Notendruck usw.
> 5. Für mich ist eine Anwendungsorientiertheit auch
> hilfreich.
> Ok, wenn sie nicht übertireben wird. Also man muss auch
> nicht jede Aufgabe in ein Anwendungsszenario packen.
Vorgegebene mathematische Fragen (z. B. beim Lösen von
Gleichungen) in "Anwendungsszenarios zu packen" , wie
du das beschreibst, ist ein seit Jahrhunderten betriebenes
Gewerkel von Generationen von Schulbuchschreibern,
das neben dem ursprünglichen Nutzen in den alten Zeiten
etwa von Adam Ries bis 1800 (als auch ein einfacher
Rechenunterricht noch fast ein Luxus war) wohl nicht mit
vielen Lorbeeren bekränzt werden kann.
Gefragt sind mehr echte Anwendungsaufgaben, die sich
nicht einer so aus dem Daumen saugt, sondern die aus
realen Fragestellungen kommen. Geometrie und etwa
einfache technische Fragen (z.B. im Zusammenhang mit
Bastelarbeiten) bieten da reiche Fundgruben.
LG , Al-Chwarizmi
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Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 11:31 Fr 05.12.2014 | Autor: | M.Rex |
Hallo Hase-hh
> Übrigens, was ich früher nie verstanden habe ist die
> Vektorrechnung.
> Ich habe nun vor ein paar Jahren eine dreidimensionale
> Zeichung mit eingefärbtem Hintergrund gesehen; wo absolut
> klar war, wie die Koordinaten abzulesen sind...
>
> Übrigens falls jemand eine entsprechende Zeichung hat, was
> für einen Körper zwei sich schneidende Kugeln
> ausschneiden, gerne an mich!
>
Das müsste eine Art Linse sein.
Die Schnittfläche zweier Kugeln ist ein Kreis.
Nun schneidet dieser Kreis aus jeder der Kugeln dann Kugelkappen aus.
Alternativ auch anderhsherum.
Mit einer Kugel schneidest du aus einer anderen ja eine Kugelkappe aus, du bekommst also zwei Kugelkappen.
Falls du über den Mittelpunkt hinaus ausschneidest, ist die "Linse" nicht mehr ganz so wohlgeformt, weil sie über den Schnittkreis hinausragt.
Lasse mal die beiden Schnittflächen der Kreise in Gedanken rotieren.
[Dateianhang nicht öffentlich]
Marius
Dateianhänge: Anhang Nr. 1 (Typ: png) [nicht öffentlich]
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Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 12:21 Fr 05.12.2014 | Autor: | hase-hh |
Hallo Marius,
vielen Dank für die Veranschaulichung!!
LG
hase-hh
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Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 11:38 Fr 05.12.2014 | Autor: | M.Rex |
Hallo Al.
Eine schöne Diskussionsgrundlage hast du hier geliefert.
Eines der meiner Meinung nach wichtigen, aber oft vernachlässigten Kriterien ist der Spaß des Lehrernden an seinem Fach/Themengebiet. Kann er diesen dann auch vermitteln, übertägt sich das dann auch auf die Schüler, deren Motivation steigt dann.
Es ist doch wesentlich schöner, jemandem zuzuhören, der mit Freude über das gerade behandelten Thema referiert, als jemandem zuzuhören, der lust- und freudlos wirkt.
Marius
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