Klausur Wirtschaftsrecht II < Jura < Geisteswiss. < Vorhilfe
|
Hi liebe Leute,
ich brauche unbedingt Hilfe im Handels- und Gesellschaftsrecht!!! Ich muss bald eine Klausur im Bereich Wirtschaftsrecht II schreiben und irgendwie vernünftig hinbekommen. Ihr seht ja den Fall schon, wie er in der Klausur drankommen könnte. Ich habe mich schon in den Standardwerken von E.Klunzinger (halbwegs) fitgemacht. Meine Frage nun: Wie löse ich den Fall? Also mir kommt es nicht zu sehr auf das Lösungsschema (Subsumtion u.ä.) an, sondern eher inhaltlich... Ich brauche unbedingt mal ein paar Tipps bezüglich der Anspruchsgrundlagen usw. im BGB und HGB!
Ich hoffe ich kann wie gewohnt auf kompetente Hilfe bauen... !
Liebe Grüße
Analytiker
Grundfall (60 Punkte):
Eduard Eismann ist Inhaber einer Speiseeisfabrik. Er hat mit seinem Eis inzwischen einen solchen Erfolg, das er mehrer Filialen betreibt. Er möchte einen rechtsgeschäftlichen Vertreter in Form eines Prokuristen beschäftigen, damit dieser ihm einen Teil seiner Arbeit abnehmen kann. Also bestellt Eismann den Paul Pawloswki zu seinem Prokuristen. Die Prokura wird in das Handelsregister eingetragen. Pawloswki ist danach ermächtigt, Geschäfte bis zu einer Höhe von 300.000 Euro abzuschließen. Eismann möchte nun, dass Pawlowski für den Transport des Eises 100 Kühlakkus kauft. Pawlowski hingegen ist etwas kontaktscheu. Er möchte die Arbeiten lieber nicht selbst ausführen und ruft dne Angestellten Anton Ahlborn herbei. Er erklärt dem Ahlborn, dass er ihn nun feierlich zum Prokuristen ernenne. Ahlborn solle als erste Aufgabe gleich einmal 100 Kühlakkus kaufen. Ahlborn kauft daraufhin 100 Kühlakkus im Wert von 200 Euro bei dem Kühlakkuspezialisten Konrad Kühl.
Kühl möchte nun den Kaufpreis von Eismann bekommen. Hat er einen Anspruch darauf?
Abwandlung (10 Punkte):
Ahlborn kauft von Kühl keine Kühlakkus, sondern zwei Eintrittskarten für die Lieblingssängerin seiner Kollegen, damit die Stimmung im Büro besser wird. Anspruch des Kühl gegen Eismann?
Hinweis: Es sind nur die Punkte anzusprechen, die sich im vergleich zum Grundfall ändern.
|
|
|
|
Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 08:26 So 26.08.2007 | Autor: | Josef |
Hallo Analytiker,
>
> Grundfall (60 Punkte):
> Eduard Eismann ist Inhaber einer Speiseeisfabrik. Er hat
> mit seinem Eis inzwischen einen solchen Erfolg, das er
> mehrer Filialen betreibt. Er möchte einen
> rechtsgeschäftlichen Vertreter in Form eines Prokuristen
> beschäftigen, damit dieser ihm einen Teil seiner Arbeit
> abnehmen kann. Also bestellt Eismann den Paul Pawloswki zu
> seinem Prokuristen. Die Prokura wird in das Handelsregister
> eingetragen. Pawloswki ist danach ermächtigt, Geschäfte bis
> zu einer Höhe von 300.000 Euro abzuschließen. Eismann
> möchte nun, dass Pawlowski für den Transport des Eises 100
> Kühlakkus kauft. Pawlowski hingegen ist etwas kontaktscheu.
> Er möchte die Arbeiten lieber nicht selbst ausführen und
> ruft dne Angestellten Anton Ahlborn herbei. Er erklärt dem
> Ahlborn, dass er ihn nun feierlich zum Prokuristen ernenne.
> Ahlborn solle als erste Aufgabe gleich einmal 100 Kühlakkus
> kaufen. Ahlborn kauft daraufhin 100 Kühlakkus im Wert von
> 200 Euro bei dem Kühlakkuspezialisten Konrad Kühl.
>
> Kühl möchte nun den Kaufpreis von Eismann bekommen. Hat er
> einen Anspruch darauf?
>
> Abwandlung (10 Punkte):
> Ahlborn kauft von Kühl keine Kühlakkus, sondern zwei
> Eintrittskarten für die Lieblingssängerin seiner Kollegen,
> damit die Stimmung im Büro besser wird. Anspruch des Kühl
> gegen Eismann?
> Hinweis: Es sind nur die Punkte anzusprechen, die sich im
> vergleich zum Grundfall ändern.
Der Kaufmann kann sich, insbesondere wenn sich seine Handelsgeschäfte ausweiten, für den rechtsgeschäftlichen Verkehr dritter Personen bedienen. Die Vollmacht dieser Personen, ihre Begründung und ihr Umfang ist in den §§ 48 ff. HGB geregelt.
Die Prokura ermächtigt zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt; lediglich die Grundstücksgeschäfte sind ausgeschlossen (§ 40 HGB).
Ist die Prokura beschränkt, so wirkt diese Beschränkung nur im Innenverhältnis zwischen dem Kaufmann und dem Prokuristen. Dritten gegenüber ist sie in der Regel unwirksam (§ 50 HGB). Allerdings kann die Prokura, die in der Regel den Prokuristen mit dem Alleinvertretungsrecht ausstattet, dahin eingeschränkt werden, dass er nur mit anderen Personen gemeinschaftlich tätig werden kann (Gesamtprokura).
Die Prokura kann nur von dem Kaufmann selbst (oder seinem gesetzlichen Vertreter) und nur mittels ausdrücklicher Erklärung erteilt werden, so dass eine stillschweigende Prokuraerteilung nicht möglich ist (§ 48 HGB). Die Erteilung der Prokura wird ins Handelsregister eingetragen ( § 53 HGB).
Freilich ist die Prokura nicht übertragbar, § 52 Abs. 2 HGB. Allerdings kann der Prokurist Handlungsvollmacht erteilen, §§ 49 Abs. 1, 54 Abs. 1 HGB.
Die Dienstverhältnisse der Prokuristen fallen in der Rege, soweit nicht anders vereinbart ist, unter die Bestimmungen über den Dienstvertrag nach §§ 611 ff. BGB.
Mit der Handlungsvollmacht wird jedermann ermächtigt, alle oder einzelne zum Betrieb eines Handelsgewerbes gehörigen Geschäfte vorzunehmen. Diese Vollmacht kann stillschweigend erteilt werden (§ 54 HGB):
Die typischen Handelsbevollmächtigten sind der Ladenangestellte (§ 56 HGB) und der Handelsvertreter (§ 55 HGB). Ihre Unterscheidung liegt darin, dass der Handelsvertreter außerhalb des Betriebs des Prinzipals Geschäfte in dessen Namen abschließt. Die Handelsvertreter sind grundsätzlich nur ermächtigt, Geschäfte abzuschließen, nicht aber abgeschlossene Verträge zu ändern (§ 55 Abs. 2 und 3 HGB).
Viele Grüße
Josef
|
|
|
|
|
Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 10:14 So 26.08.2007 | Autor: | Josef |
Hallo Analytiker,
vielen Dank für deine Rückantwort.
Ein Extra-Tipp:
Nur vereinzelt hat das Gesetz selbst den Umfang der Vertretungsmacht zwingend festgelegt, z. B. bezüglich der Prokura (§ 49 HGB) und der Handlungsvollmacht (§ 54 HGB). Das Vertrauen in die Vertretungsmacht von Ladenangestellten wird durch § 56 HGB geschützt;
danach gilt der Angestellte für die gewöhnlichen Verkäufe (nicht: Ankäufe) und Empfangnahmen als ermächtigt. Ansonsten obliegt es dem Vollmachtgeber, den Umfang der Vollmacht zu begrenzen, was tunlichst in geeigneter Form und unmissverständlich geschehen sollte (z. B.: Abschluss nur bis 1 000 ).
Handelt ein Bevollmächtigter bewusst zum Nachteil des Vertretenen und erkennt der Geschäftsgegner dies oder kolludiert, d. h. paktiert er sogar bewusst zum Schaden des Vertretenen mit dem Dritten, so sind die abgeschlossenen Rechtsgeschäfte nichtig ( BGH, Urt. v. 5. 11. 2003 - VIII ZR 218/01 , NJW-RR 2004 S. 247; das Schrifttum, z. B. Jauernig, BGB, 11. Aufl. 2004, § 177 Rn. 7, plädiert insoweit vielfach für die entsprechende Anwendung der §§ 177 ff. BGB, s. hierzu Ziff. II, 1g).
Ist die Vollmacht aus welchen Gründen auch immer nicht wirksam, so wird der gleichwohl Vertretene hieraus grundsätzlich nicht verpflichtet.
§ 56 Vollmacht von Ladenangestellten
Wer in einem Laden oder in einem offenen Warenlager angestellt ist, gilt als ermächtigt zu Verkäufen und Empfangnahmen, die in einem derartigen Laden oder Warenlager gewöhnlich geschehen.
Viele Grüße
Josef
|
|
|
|
|
Status: |
(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 10:25 So 26.08.2007 | Autor: | Josef |
Hallo Analytiker,
auch noch wichtig:
§ 75h Wirksamkeit von Geschäften bei fehlender Vertretungsmacht
(1) Hat ein Handlungsgehilfe, der nur mit der Vermittlung von Geschäften außerhalb des Betriebes des Prinzipals betraut ist, ein Geschäft im Namen des Prinzipals abgeschlossen, und war dem Dritten der Mangel der Vertretungsmacht nicht bekannt, so gilt das Geschäft als von dem Prinzipal genehmigt, wenn dieser dem Dritten gegenüber nicht unverzüglich das Geschäft ablehnt, nachdem er von dem Handlungsgehilfen oder dem Dritten über Abschluss und wesentlichen Inhalt benachrichtigt worden ist.
(2) Das Gleiche gilt, wenn ein Handlungsgehilfe, der mit dem Abschluss von Geschäften betraut ist, ein Geschäft im Namen des Prinzipals abgeschlossen hat, zu dessen Abschluss er nicht bevollmächtigt ist.
Viele Grüße
Josef
|
|
|
|
|
Hi Josef,
ich habe mich jetzt mal ein bissl in den Fall reingefuchst. Was hälst du von folgendem Gedanken zur Lösung des Falles:
- Prokuraerteilung von Eismann zu Pawlowski unproblematisch nach § 48 HGB.
- Pawlowski darf nach § 52 HGB keine Prokura erteilen (an Ahlborn).
- Ahlborn kann doch aber trotzdem die Akkus kaufen, egal ob er eine Handlungsvollmacht hat oder nicht?
- Die Frage ist ob Eismann nun korrekt vertreten wurde. Ich denke nicht, da er nichts wusste von der Prokuraerteilung des Ahlborn, vor allem weil nur er Prokura erteilen darf.
- Das Geschäft müsste doch aber trotzdem rechtsgültig sein, da Ahlborn normaler Kaufmannsgehilfe ist und vom Prokuristen einen Auftrag erhalten hat (Akkus kaufen)
Was denkst du/ihr?
Liebe Grüße
Analytiker
|
|
|
|
|
Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 17:46 Di 04.09.2007 | Autor: | Josef |
Hallo Analytiker,
>
> - Prokuraerteilung von Eismann zu Pawlowski unproblematisch
> nach § 48 HGB.
Die Prokura kann nur vom Kaufmann selbst und mit ausdrücklicher Erklärung erteilt werden. Die Erteilung der Prokura ist ins Handelsregister einzutragen ( § 53 HGB).
> - Pawlowski darf nach § 52 HGB keine Prokura erteilen (an
> Ahlborn).
Die Prokura ist nicht übertragbar, § 52 Abs. 2 HGB! Es fehlt schon allein hier die Eintragung ins Handelsregister.
Allerdings kann der Prokurist Handlungsvollmacht erteilen, §§ 49 Abs. 1, 54 Abs. 1 HGB.
> - Ahlborn kann doch aber trotzdem die Akkus kaufen, egal
> ob er eine Handlungsvollmacht hat oder nicht?
Mit der Handlungsvollmacht wird jedermann ermächtigt, alle oder einzelne zum Betrieb eines Handelsgewerbes gehörigen Geschäfte vorzunehmen. Diese Vollmacht kann stillschweigend erteilt werden (§ 54 HGB):
Die typischen Handelsbevollmächtigten sind der Ladenangestellte (§ 56 HGB)
> - Die Frage ist ob Eismann nun korrekt vertreten wurde.
> Ich denke nicht, da er nichts wusste von der
> Prokuraerteilung des Ahlborn,
vor allem weil nur er Prokura
> erteilen darf.
> - Das Geschäft müsste doch aber trotzdem rechtsgültig sein,
> da Ahlborn normaler Kaufmannsgehilfe ist und vom
> Prokuristen einen Auftrag erhalten hat (Akkus kaufen)
>
Viele Grüße
Josef
Alle Angaben ohne Gewähr auf Richtigkeit; doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt ...
|
|
|
|
|
Hi Josef,
es geht jetzt um die Fallabwandlung! *smile*...
Gleiche Prüfung wie oben, jedoch hat Ahlborn nun gegen die Anweisung des Prokuristen verstoßen, und nicht das Geforderte gekauft. Wieso verkauft ein Kühlakkuspezialist (Kühl) Eintrittskarten für Sängerinnen??? Naja, muss man wohl als gegeben sehen! Also, Ahlborn müsste doch dann eigentlich selbst verpflichtet werden (und nicht Eismann!!!) nach §§ 164,166 BGB, da Eismann zu diesem Kauf sicher keine Willenserklärung abgegeben hätte! Also kein Anspruch des Kühl gegen Eismann, sondern gegen Ahlborn! Korrekt?
Liebe Grüße
Analytiker
|
|
|
|
|
Status: |
(Antwort) fertig | Datum: | 07:29 Mi 05.09.2007 | Autor: | Josef |
Hallo Analytiker,
> - siehe oben -
>
> es geht jetzt um die Fallabwandlung! *smile*...
>
> Gleiche Prüfung wie oben, jedoch hat Ahlborn nun gegen die
> Anweisung des Prokuristen verstoßen, und nicht das
> Geforderte gekauft. Wieso verkauft ein Kühlakkuspezialist
> (Kühl) Eintrittskarten für Sängerinnen??? Naja, muss man
> wohl als gegeben sehen! Also, Ahlborn müsste doch dann
> eigentlich selbst verpflichtet werden (und nicht
> Eismann!!!) nach §§ 164,166 BGB, da Eismann zu diesem Kauf
> sicher keine Willenserklärung abgegeben hätte! Also kein
> Anspruch des Kühl gegen Eismann, sondern gegen Ahlborn!
In bestimmten Fällen erscheint es unbillig, eine Person an die von ihr abgegebenene Willenserklärung gebunden zu halten. In den § 119 ff. hat der Gesetzgeber die Tatbestände definiert, bei deren Vorliegen dem Erklärenden die Möglichkeit der Anfechtung zugebilligt wird.
§ 120 Übermittlungsirrtum!
1. der Übermittlungsbote gibt eine Erklärung unrichtig weiter, d.h. dem Empfänger geht eine vom Erklärenden nicht gewollte Willenserklärung zu.
2. der Bote übermittelt falsch.
Unter Irrtum allgemein versteht man folglich ein unbewusstes Auseinanderfallen von Wille und Erklärung. Der Willensmangel muss kausal für die Abgabe der Willenserklärung sein.
Es sei dahingestellt, welche Tatbestände, 1 oder 2, erfüllt sind,. Auf jeden Fall ist die Anfechtbarkeit m.E. gegeben.
Viele Grüße
Josef
Alle Angaben ohne Gewähr auf Richtigkeit; doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt ...
|
|
|
|