Jordan < Eigenwerte < Lineare Algebra < Hochschule < Mathe < Vorhilfe
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(Frage) beantwortet | Datum: | 14:17 Mo 04.10.2010 | Autor: | jacob17 |
Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen Internetseiten gestellt.
Hallo zusammen,
Wälze gerade das Bosch LA Buch und komm' beim Kapitel über die Jordansche Normalform einfach nicht weiter. Ich versteh' diese Theorie dahinter nicht so ganz. Das was ich bisher begriffen habe ist das ich einen Endomorphismus f habe der in Linearfaktoren zerfällt dessen geometrische und algebraische Vielfachheiten aber nicht in allen Eigenwerten übereinstimmen. Jetzt ist eben eine Basis gesucht bzgl. derer die Darstellungsmatrix von f auch "einfach und schön" ist. Somit ist die Jordan Normalform eben eine Abschwächung von Diagonalisierbarkeit mit der man sich zufrieden gibt falls V eben keine Basis aus Eigenvektoren besitzt. Nun zur Theorie. Wir wissen ja dass die geometrischen und algebraischen Vielfachheiten nicht für alle Eigenwerte übereinstimmen. Des Weiteren ist uns bekannt dass die Dimension des VR V gleich der Summe der algebraischen Vielf. ist. Somit erweitern wir die Eigenräume zu sogenannten Haupträumen um eine Basis aus Eigenvektoren erhalten zu können. Weiß auch wie man Haupträume berechnet und auch eine Jordanbasis. Aber weiß nicht warum ich z.B die Jordanbasis so und nicht anders berechne. Warum ich wenn ich einen Jordanblock zum Eigenwert 3 der Länge 4 habe einen Vektor aus dem Eigenraum zum Eigenwert 3 hoch 4 nehme der dann aber nicht in dem Eigenraum zum Eigenwert 3 hoch 3 sein darf. Und ich diesen dann mit den anderen Haupträumen multipliziere. Ich schätze mal dass das auch so reichen würde zumal ich das ganze ja anwenden kann, jedoch möchte ich auch gerne verstehen was ich da mache. Wär euch wirklich sehr verbunden wenn ihr mir das begreiflich machen könntet.
Viele Grüße
jacob
jacob
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(Antwort) fertig | Datum: | 14:20 Mo 04.10.2010 | Autor: | fred97 |
> Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen
> Internetseiten gestellt.
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> Hallo zusammen,
> Wälze gerade das Bosch LA Buch und komm' beim Kapitel
> über die Jordansche Normalform einfach nicht weiter. Ich
> versteh' diese Theorie dahinter nicht so ganz. Das was ich
> bisher begriffen habe ist das ich einen Endomorphismus f
> habe der in Linearfaktoren zerfällt dessen geometrische
> und algebraische Vielfachheiten aber nicht in allen
> Eigenwerten übereinstimmen. Jetzt ist eben eine Basis
> gesucht bzgl. derer die Darstellungsmatrix von f auch
> "einfach und schön" ist. Somit ist die Jordan Normalform
> eben eine Abschwächung von Diagonalisierbarkeit mit der
> man sich zufrieden gibt falls V eben keine Basis aus
> Eigenvektoren besitzt. Nun zur Theorie. Wir wissen ja dass
> die geometrischen und algebraischen Vielfachheiten nicht
> für alle Eigenwerte übereinstimmen. Des Weiteren ist uns
> bekannt dass die Dimension des VR V gleich der Summe der
> algebraischen Vielf. ist. Somit erweitern wir die
> Eigenräume zu sogenannten Haupträumen um eine Basis aus
> Eigenvektoren erhalten zu können. Weiß auch wie man
> Haupträume berechnet und auch eine Jordanbasis. Aber weiß
> nicht warum ich z.B die Jordanbasis so und nicht anders
> berechne. Warum ich wenn ich einen Jordanblock zum
> Eigenwert 3 der Länge 4 habe einen Vektor aus dem
> Eigenraum zum Eigenwert 3 hoch 4 nehme der dann aber nicht
> in dem Eigenraum zum Eigenwert 3 hoch 3 sein darf. Und ich
> diesen dann mit den anderen Haupträumen multipliziere. Ich
> schätze mal dass das auch so reichen würde zumal ich das
> ganze ja anwenden kann, jedoch möchte ich auch gerne
> verstehen was ich da mache. Wär euch wirklich sehr
> verbunden wenn ihr mir das begreiflich machen könntet.
Das ist eine längere Geschichte ...
Schau Dir das mal an:
www.danielwinkler.de/la/jnfkochrezept.pdf
FRED
> Viele Grüße
> jacob
> jacob
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 14:43 Mo 04.10.2010 | Autor: | jacob17 |
Hallo fred,
Vielen Dank für deine Antwort. Hab' mir das "Kochrezept" bereits durchgelesen. War auch sehr hilfreich zur Konstruktion der Jordanbasis. Hab' dadurch das dahintersteckende Prinzip aber auch nicht verstanden :(
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(Antwort) fertig | Datum: | 10:22 Mo 11.10.2010 | Autor: | felixf |
Moin jacob!
> Wälze gerade das Bosch LA Buch und komm' beim Kapitel
> über die Jordansche Normalform einfach nicht weiter. Ich
> versteh' diese Theorie dahinter nicht so ganz. Das was ich
> bisher begriffen habe ist das ich einen Endomorphismus f
> habe der in Linearfaktoren zerfällt dessen geometrische
> und algebraische Vielfachheiten aber nicht in allen
> Eigenwerten übereinstimmen.
Ja, ansonsten waer die Matrix diagonalisierbar und man muesste nicht so grossen Aufwand betreiben :)
Aber auch fuer diagonalisierbare Matrizen laesst sich die Jordansche Normalform berechnen -- es kommt halt eine Diagonalmatrix heraus (alle Jordanbloecke haben Groesse 1).
> Jetzt ist eben eine Basis
> gesucht bzgl. derer die Darstellungsmatrix von f auch
> "einfach und schön" ist. Somit ist die Jordan Normalform
> eben eine Abschwächung von Diagonalisierbarkeit mit der
> man sich zufrieden gibt falls V eben keine Basis aus
> Eigenvektoren besitzt.
Ja, allerdings muss das char. Polynom in Linearfaktoren zerfallen. Wenn man das nicht hat, muss man auf die Frobenius-Normalform zurueckgreifen, oder so etwas wie die reelle JNF benutzen (falls man ueber [mm] $\IR$ [/mm] arbeitet).
Aber gehen wir mal davon aus, dass das char. Poly. in Linearfaktoren zerfaellt.
> Nun zur Theorie. Wir wissen ja dass
> die geometrischen und algebraischen Vielfachheiten nicht
> für alle Eigenwerte übereinstimmen. Des Weiteren ist uns
> bekannt dass die Dimension des VR V gleich der Summe der
> algebraischen Vielf. ist. Somit erweitern wir die
> Eigenräume zu sogenannten Haupträumen um eine Basis aus
> Eigenvektoren erhalten zu können.
Es ist eben keine Basis aus Eigenvektoren, sondern eine Basis aus Hauptvektoren.
Diese Zerlegung von [mm] $K^n$ [/mm] in die direkte Summe der Hauptraeume nennt sich Jordan-Zerlegung.
> Weiß auch wie man
> Haupträume berechnet und auch eine Jordanbasis. Aber weiß
> nicht warum ich z.B die Jordanbasis so und nicht anders
> berechne. Warum ich wenn ich einen Jordanblock zum
> Eigenwert 3 der Länge 4 habe einen Vektor aus dem
> Eigenraum zum Eigenwert 3 hoch 4 nehme der dann aber nicht
> in dem Eigenraum zum Eigenwert 3 hoch 3 sein darf. Und ich
> diesen dann mit den anderen Haupträumen multipliziere.
Nun, das tust du, damit die Matrix bzgl. der Jordanbasis auch die gewuenschte Form hat
Machen wir das mal ganz konkret. Angenommen, die Matrix $A$ hat nur den Eigenwert 0. (Ansonsten betrachtest du $A - [mm] \lambda E_n$ [/mm] eingeschraenkt auf den Hauptraum zu [mm] $\lambda$.)
[/mm]
Du willst jetzt eine Basis haben, so dass die Matrix bzgl. dieser Basis in JNF ist (mit Eigenwert 0).
Man kann das ganze Vorwaerts oder Rueckwaerts machen.
Vorwaerts: Du faengst mit einer Basis des Eigenraums an, und erweiterst diese zu den Jordankaestchen. Das ist sehr unpraktisch zu rechnen, weswegen man es nicht macht.
Rueckwaerts: Du faengst mit den groessten Jordankaestchen an, jeweils mit dem letzten Vektor, und arbeitest dich zum ersten Vektor des Jordankaestchens vor.
Um das mal konkreter zu machen, nimm dir eine Matrix $A$ in JNF (mit nur Eigenwert 0) und schau dir $A$, [mm] $A^2$, $A^3$, $A^4$, [/mm] ... an. Und dann schreib einfache Basen von [mm] $\ker [/mm] A$, [mm] $\ker A^2$, $\ker A^3$, [/mm] ... hin. Faellt dir was auf?
Noch konkreter: $A = [mm] \pmat{ 0 & 1 & & & \\ 0 & 0 & & & \\ & & 0 & 1 & 0 \\ & & 0 & 0 & 1 \\ & & 0 & 0 & 0 }$. [/mm] (Der Rest sind Nullen.) Dann ist [mm] $A^2 [/mm] = [mm] \pmat{ 0 & 0 & & & \\ 0 & 0 & & & \\ & & 0 & 0 & 1 \\ & & 0 & 0 & 0 \\ & & 0 & 0 & 0 }$ [/mm] und [mm] $A^3 [/mm] = [mm] \pmat{ 0 & 0 & & & \\ 0 & 0 & & & \\ & & 0 & 0 & 0 \\ & & 0 & 0 & 0 \\ & & 0 & 0 & 0 }$.
[/mm]
Du hast also [mm] $\ker A^3 [/mm] = [mm] \langle e_1, e_2, e_3, e_4, e_5 \rangle$, $\ker A^2 [/mm] = [mm] \langle e_1, e_2, e_3, e_4 \rangle$ [/mm] und [mm] $\ker [/mm] A = [mm] \langle e_1, e_3 \rangle$.
[/mm]
Wenn du also mit einem Vektor aus [mm] $\ker A^3$ [/mm] anfaengst, der nicht in [mm] $\ker A^2$ [/mm] liegt, nimmst du etwa [mm] $e_5$. [/mm] Das ist hier der letzte Vektor zum groessten Jordankaestchen. Nennen wir ihn [mm] $v_3$. [/mm] Du suchst jetzt [mm] $v_2$ [/mm] und [mm] $v_1$, [/mm] die beiden anderen Vektoren zum groessten Jordankaestchen.
Damit die Matrix bzgl. der Jordan-Basis die gewuenschte Form hat, muss [mm] $v_3$ [/mm] auf [mm] $v_2$ [/mm] und [mm] $v_2$ [/mm] auf [mm] $v_1$ [/mm] und [mm] $v_1$ [/mm] auf $0 [mm] \cdot v_1$ [/mm] (Eigenvektor!) abgebildet werden.
Es muss also [mm] $v_2 [/mm] = A [mm] v_3$ [/mm] sein und [mm] $v_1 [/mm] = A [mm] v_2$. [/mm] Und $A [mm] v_1 [/mm] = 0$, und [mm] $v_1, v_2 \neq [/mm] 0$. (Ansonsten ist's keine Basis und [mm] $v_1$ [/mm] ist kein Eigenvektor zum EW [mm] $\lambda [/mm] = 0$.)
Wenn du jetzt einen Vektor aus [mm] $\ker A^2$ [/mm] als [mm] $v_3$ [/mm] genommen haettest und nicht einen aus [mm] $\ker A^3 \setminus \ker A^2$, [/mm] dann waer [mm] $v_1 [/mm] = 0$. Deswegen willst du keinen aus [mm] $\ker A^2$.
[/mm]
So. Jetzt hast du eine Basis [mm] $v_1, v_2, v_3$ [/mm] fuer das groessere Jordankaestchen. (Etwa [mm] $v_1 [/mm] = [mm] e_3, v_2 [/mm] = [mm] e_4, v_3 [/mm] = [mm] e_5$ [/mm] bei unserem $A$. Du kannst aber [mm] $v_3$ [/mm] auch voellig anders waehlen wenn du Lust hast.)
Jetzt suchen wir eine Basis [mm] $w_1, w_2$ [/mm] fuer das kleinere Jordankaestchen. Wir fangen wieder mit dem letzten Vektor an, also mit [mm] $w_2$. [/mm] Dies soll nun ein Element aus [mm] $\ker A^2 \setminus \ker [/mm] A$ sein (weil Kaestchen der Groesse 2), welches nicht im Spann von [mm] $v_1, v_2, v_3$ [/mm] liegt. Das kann man so machen, dass man eine Basis von [mm] $\ker [/mm] A$ nimmt (etwa [mm] $e_1, e_3$) [/mm] zusammen mit [mm] $v_2, v_3$ [/mm] (Basis des zweiten Jordankaestchens, ohne die Spalte, die zu [mm] $\ker [/mm] A$ gehoert), und diese Basis zu einer Basis von [mm] $\ker A^2$ [/mm] fortsetzt. Die Vektoren, die neu dazukommen, nimmt man als Startvektoren. Hier ist dies genau einer, und das ist unser [mm] $w_2$. [/mm] Eine moegliche Wahl ist [mm] $w_2 [/mm] = [mm] e_2$.
[/mm]
Jetzt muss man wieder [mm] $w_1$ [/mm] so waehlen, dass $A$ [mm] $w_2$ [/mm] auf [mm] $w_1$ [/mm] abbildet, also [mm] $w_1 [/mm] = A [mm] w_2$. [/mm] Hier ist wieder [mm] $w_1 \neq [/mm] 0$, da [mm] $w_2 \not\in \ker [/mm] A$ ist. Weiterhin ist [mm] $w_1 \in \ker [/mm] A$, da [mm] $w_2 \in \ker A^2$ [/mm] ist: folglich ist [mm] $w_1$ [/mm] ein Eigenvektor zum Eigenwert 0. Damit ist also [mm] $w_1, w_2$ [/mm] eine Basis des kleineren Jordankaestchens.
Generell finde ich es ganz hilfreich, den Algorithmus zur JNF-Bestimmung auf eine Matrix anzuwenden, die bereits in JNF ist. Dann sieht man genau, was wie wo passiert und warum manche Operationen genau die Vektoren liefern, die sie liefern sollen.
LG Felix
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 21:49 Mo 11.10.2010 | Autor: | jacob17 |
Wow Vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Hab's dank dieser jetzt endlich verstanden.
Danke
viele grüße
jacob
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(Mitteilung) Reaktion unnötig | Datum: | 21:58 Mo 11.10.2010 | Autor: | felixf |
Moin jacob,
> Wow Vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Hab's
> dank dieser jetzt endlich verstanden.
das freut mich! Viel Spass noch mit der linearen Algebra :)
LG Felix
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