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Fahrgeldnacherhebung: bei Minderjährigen
Status: (Frage) beantwortet Status 
Datum: 15:28 Sa 01.07.2006
Autor: Paxi

Aufgabe
Der achjährige A bestigt einen Wagen der Straßenbahn am hinteren Eingang um  eine unentgeltliche Spazierfahrt zu unternehmen. Um kein Misstrauen aufkommen zu lassen, steckt er eine bereits benutze Fahrkarte in den Entwerter. Den sichtbar angebrachten Hinweis, dass Schwarzfahren verboten sein und mit einem erhöhten Beförderungsentgelt von DM 60,00 geahndet werde, ignoriert er geflissentlich. Kurz darauf wird er vom Kontrolleur entdeckt und aus dem Wagen gewiesen. Die Straßenbahn verlangt von A, der monatlich 20 DM Taschengeld erhält, Zahlung
a) des üblichen Beförderungentgelts vom DM 3,00 und
b) des erhöhten Beförderungentgelts von weiteren DM 60,00
Zu Recht?

Welche der folgenden Aussagen ist/sind richtig?

A) Die Beförderung von A war für ihn rechtlich vorteilhaft, so dass A das übliche Beförderungsentgelt vom DM 3,00 bezahlen muss.

B) Die BEförderung von A war für ihn rehctlich vorteilhaft, so dass a das übliche Beförderungsentgelt von DM 3,00 bezahlen muss und dass erhöhte Beförderungentgelt von DM 60,00 bezahlen muss.

C) A muss das übliche Entgelt von DM 3,00 deswegen bezahlen, weil er dieses Entgelt aus eigenen Mitteln (Taschengeld) ohne weiteres bezahlen kann. Dagegen muss er das erhöhte Beförderungsentgelt nicht bezahlen.

D) A muss sowohl das Beförderungentgelt von DM 3,00 als auch DM 60,00 bezahlen , weil er dieses Entgelt in zumutbarer Weise aus den Mitteln seines Taschengeldes bezahlen kann.

E) A ist weder zur Bezahlung des üblichen Entgelts von Dm 3,00 noch des erhöhten beförderungsentgelts von DM 60,00 verpflichtet,  weil ein Vertrag über seine Beförderung nicht wirksam zustande gekommen ist.

F) Es sind alle Aussagen (A-E) falsch.

das ist ne ziemlich alte Klausuraufgabe von meinem WPR-Prof, die ich einfach nicht gebacken bekomme.
Mein persönlicher Tip ist D), aber ich bin mir nicht sicher, was unter zumutbar fällt. Zusätzlich ist es meiner Meinung nach unüblich, sowohl den normal Fahrpreis, wie auch das erhöhte Beförderungsentgelt zu verlangen. Zudem wird A aus dem Wagen gewiesen (normal isses doch so, dass man beim Schwarzfahren mit der Kontrollerusquittung noch bis an sein Ziel weiterfahren darf), muss er dann wirklich beides bezahlen?

Vielleicht kann mir ja jemand weiterhelfen, das wäre ganz wunderbar, weil ich schon seit tagen darüber rätsele, aber nciht so ganz dahinterkomme....


Ich habe diese Frage in keinem Forum auf anderen Internetseiten gestellt.

        
Bezug
Fahrgeldnacherhebung: Jura iss nix für mich!
Status: (Antwort) fertig Status 
Datum: 16:12 Sa 01.07.2006
Autor: Karthagoras

Hallo Paxi,

(wie bin ich eigentlich hier in ein Juristenforum geraten??)

Ich fürchte es ist „C”.

>  
> C) A muss das übliche Entgelt von DM 3,00 deswegen
> bezahlen, weil er dieses Entgelt aus eigenen Mitteln
> (Taschengeld) ohne weiteres bezahlen kann. Dagegen muss er
> das erhöhte Beförderungsentgelt nicht bezahlen.
>  

[][guckstduhier]

Gruß Karthagoras

Bezug
                
Bezug
Fahrgeldnacherhebung: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 16:29 Sa 01.07.2006
Autor: Paxi

jo, sowas hab ich auf Grund deines Links jetzt auch rausgefunden...
komisch, war heute selber schon auf der seite bin aber grad auf den artikel nicht gestoßen.
danke dir vielmals auf jeden fall.
ach ja: mit § 107 und rechtlich vorteilhaft hat das nix zu tun?
"Der Minderjährige bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, die Einwiligung seines gesetzlichen Vertreters." §107 BGB


"Wenn Minderjährige im Zug ein "Erhöhtes Beförderungsentgelt" bezahlt haben, können Sie als Eltern dieses von dem Verkehrsunternehmen zurückverlangen. Die Zahlung ist unwirksam, denn dazu ist die Zustimmung der Erziehungsberechtigten erforderlich. Der normale Fahrpreis bleibt natürlich fällig."

beinhaltet diese nicht vorhandene Zustimmung und nichtvorhandenes Wissen der Erziehungsberechtigten nicht den rechtlichen Vorteil?



Bezug
                        
Bezug
Fahrgeldnacherhebung: Mitteilung
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 16:42 Sa 01.07.2006
Autor: Josef

Hallo,

Hierzu eine Abhandlung:

Der beschränkt Geschäftsfähige bedarf zu einer wirksamen Willenserklärung, durch die er nicht nur einen rechtlichen Vorteil erlangt, nach § 107 der Einwilligung seiner gesetzlichen Vertreter.  Die Einwilligung ist nach § 183 die vorherige Zustimmung. Besitzt der beschränkt Geschäftsfähige diese vorherige Zustimmung bei Abschluß eines Rechtsgeschäftes, so ist dieses ohne weiteres wirksam. Die Einwilligung ist jedoch bis zur Vornahme des Rechtsgeschäftes widerruflich. Sowohl die Einwilligung als auch ihr Widerruf können dem beschränkt Geschäftsfähigen selbst, oder auch dem Vertragspartner gegenüber abgegeben werden können.

Die Einwilligung kann für ein einzelnes, ganz bestimmtes Rechtsgeschäft gegeben werden, sie kann jedoch auch weitere Gebiete umfassen. Die Einwilligung kann jedoch nie so weit gehen, daß sie den beschränkt Geschäftsfähigen zum voll Geschäftsfähigen macht, denn das würde den Sinn des Gesetzes unterlaufen.

Eine Spezialform der Einwilligung ist in § 110 (Taschengeldparagraph) festgelegt. Nach § 110 ist ein ohne Zustimmung der gesetzlichen Vertreter abgeschlossener Vertrag wirksam, wenn der beschränkt Geschäftsfähige die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt (hat), die ihn zu diesem Zwecke oder zu freier Verfügung von dem Vertreter überlassen worden sind. Die Einwilligung liegt hier in der Überlassung der Mittel zu "diesem Zwecke oder zu freier Verfügung".  § 110 verlangt, daß der beschränkt Geschäftsfähige die Leistung bewirkt (hat), das bedeutet, daß der Vertrag erst nach Bewirkung der Leistung wirksam wird. So wird ein Ratenkauf bei beschränkt Geschäftsfähigen erst mit der Genehmigung durch den Vertreter oder durch Zahlung der letzten Rate wirksam.

Problem: Minderjähriger Schwarzfahrer

Problematisch und umstritten ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob ein Beförderungsunternehmen einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung des Fahrpreises gegen den minderjährige Schwarzfahrer hat.

Wenn die gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen ihm einen Geldbetrag für die Bezahlung einer Fahrkarte überlassen haben, erscheint es fraglich, ob hierin ein beschränkter Generalkonsens zu sehen sein kann, der die Einwilligung in den Abschluß eines Beförderungsvertrags beinhaltet.

Nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht soll in der Mittelüberlassung zur Anschaffung von Fahrkarten eine konkludente Einwilligung in den in den Abschluß von Beförderungsverträgen zu sehen sein. Diese Einwilligung sei auch nicht von der Bedingung abhängig, daß der Minderjährige tatsächlich eine Fahrkarte löse, weil die gesetzlichen Vertreter dies als selbstverständlich annähmen und sich gerade über diesen Punkt keine Gedanken machten. Eine Bedingung diene aber der planenden Gestaltung von Lebensverhältnissen und setze daher die Feststellung von Zweifeln auf seiten des Einwilligenden voraus.

Gegen diese Konstruktion einer konkludenten Generaleinwilligung durch Mittelüberlassung spricht jedoch, daß sie mit der gesetzlichen Bewertung des § 110 unvereinbar ist; entgegen der Regelung des § 110 würde diese Konstruktion einen vom Minderjährigen geschlossenen Vertrag sofort und ohne Rücksicht auf die Erfüllbarkeit durch den Minderjährigen wirksam werden lassen. Die Vorschrift des § 110 ist nämlich so zu verstehen, daß das Rechtsgeschäft nicht schon mit seinem Abschluß, sondern erst mit seiner Erfüllung (rückwirkend) wirksam wird. Der Minderjährige erhält durch die Überlassung von Mitteln nur die Einwilligung nach § 107, dingliche Verfügungen (Geldzahlungen) vorzunehmen und damit Bargeschäfte zu schließen oder zuvor von ihm eingegangene, schwebend unwirksame Rechtsgeschäfte zu erfüllen und damit wirksam zu machen. Diese gesetzliche Wertung darf nicht dadurch unterlaufen werden, daß man die Zweckbestimmung bei der Geldüberlassung als sofort wirksame konkludente Einwilligung nach     § 107 in bezug auf das Verpflichtungsgeschäft ansieht.


[]Fundstelle

Viele Grüße
Josef



Bezug
        
Bezug
Fahrgeldnacherhebung: Tipp E
Status: (Mitteilung) Reaktion unnötig Status 
Datum: 21:48 Sa 01.07.2006
Autor: mathemaduenn

Hallo Paxi,
Ich würde Richtung E tendieren. Aufgrund des Rauswurfs sind die Verkehrsbetriebe ihrem Vertragsteil ja auch nicht nachgekommen. Aber Ahnung hab ich keine ;-)
viele grüße
mathemaduenn

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